Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen
Projekt des BMBF-Verbundprojektes „Aufstiegskompetenz von Frauen: Entwicklungspotentiale und Hindernisse auf dem Weg zur Spitze“ (Laufzeit: März 2009-März 2012).
Mikropolitik wird überall dort relevant, wo Macht eine Rolle spielt. Die meisten Arbeitsplätze und Berufe sind eindeutig geschlechtstypisiert. Auf keinen Bereich trifft dies so stark zu wie auf den Führungsbereich, der eine hartnäckige Männerdomäne darstellt. Macht und Aufbau von Macht geschehen innerhalb dieser Ordnung und sind deshalb nicht unabhängig vom Geschlecht zu sehen. Innerhalb der „Kampfzone“ Management bedeutet Mikropolitik aktive Einflussnahme auf das Geschehen zu dem Zweck, sich Vorteile zu verschaffen: Mikropolitisch handelt, wer durch die Nutzung Anderer in organisationalen Ungewissheitszonen eigene Interessen verfolgt (Neuberger, 2006, S. 18). Dabei ist offen, ob anderen genutzt oder geschadet wird. Bereits der Aufstieg in Führungspositionen ist ein mikropolitisches Handlungsfeld, da es um die Durchsetzung von Interessen gegenüber anderen geht. Wer aufstiegsorientiert ist, hat also nicht nur ein inhaltliches und fachbezogenes Ziel – interessante Aufgaben, mehr Verantwortung etc. – sondern auch ein mikropolitisches Ziel.
Es gibt Hinweise darauf, dass mikropolitische Strategien eingesetzt werden, um Frauen als Konkurrentinnen abzuwehren (Jüngling & Rastetter, 2007; Riegraf, 1996), insbesondere von männlichen Führungs- bzw. Nachwuchskräften auf gleicher Ebene. Diese Strategien sind nicht unabhängig von der Organisationskultur und können parallel zur Arbeitstätigkeit und zum Vorgesetztenverhalten als Handlungsbedingungen betrachtet werden, die Aufstiegskompetenz von Frauen beeinflussen.
Der Einsatz mikropolitischer Strategien ist aber auch ein wichtiger Bestandteil der Aufstiegsorientierung: Ideen durchsetzen können, Verbündete finden, eine gute Selbstdarstellung – diese mikropolitischen Kompetenzen gehören zu einer erfolgreichen Karriere dazu (Neuberger, 2006). Nun wird zwar qualifizierten und aufstiegswilligen Frauen eine starke Aufgabenorientierung zugesprochen, von Machtkämpfen scheinen sie aber eher abgeschreckt zu werden (Falk, 2005; Rastetter, 2008). Es scheint daher bei weiblichen Nachwuchsführungskräften ein Bedarf nach der Klärung des Umgangs mit Macht zu bestehen, der durch die übliche Ausbildung an Hochschulen nicht gedeckt wird.
In Anlehnung an übliche Kompetenzmodelle und dem Verständnis von Kompetenz als erlernbares und zu vermittelndes Fachwissen, lautet im Forschungsprojekt „Mikropolitik: Aufstiegskompetenz von Frauen“ eine zentrale Fragestellung, wie mikropolitische Kompetenz lernbar ist. Dazu sollen potenzielle weibliche Führungskräfte in Coachings geschult und danach ihre Erfahrungen mit der Aneignung und Umsetzung der Schulungsinhalte erfasst werden. In Verbindung mit einer qualitativen Expertenbefragung sollen die Ergebnisse dieser Interventionsstudie Auskunft über den Einsatz mikropolitischer Strategien im Kontext der Aufstiegskompetenz von Frauen geben. Als eines von fünf Forschungsprojekten des BMBF-Verbundprojektes „Aufstiegskompetenz von Frauen: Entwicklungspotentiale und Hindernisse auf dem Weg zur Spitze“ bestehen enge Kooperationszusammenhänge zwischen den einzelnen Projekten: So wird im Rahmen der Projekte „Arbeitstätigkeit“ und „Führung“ eine quantitative Studie durchgeführt, in der Fragebögen zum Einsatz mikropolitischer Strategien verwendet und zu Aufstiegskompetenz in Beziehung gesetzt werden..
Zu den anderen Projekten des Verbundes bestehen darüber hinaus inhaltlich enge Querverbindungen bzw. ergeben sich im Kontext der thematischen Fragestellung zur Aufstiegskompetenz von Frauen im Verbund folgende Handlungs- und somit Untersuchungsfelder: Im Projekt „Technik“ (Monique Janneck) wird analysiert, inwiefern der Umgang mit Technik im Selbstkonzept der (potentiellen) Führungskräfte integriert ist bzw. von welchen Faktoren eine solche Integration abhängt. Im Projekt „Mentale Blockaden“ (Angelika C. Wagner & Telse A. Iwers-Stelljes) werden innere Hemmnisse von Frauen untersucht, die Karriere machen wollen. Und während das Anforderungsniveau der Aufgaben (potentieller) weiblicher Führungskräfte im Projekt „Arbeitstätigkeit“ (Eva Bamberg) untersucht wird, widmet sich das Projekt „Führung“ (Gisela Mohr) dem Vorgesetztenverhalten als eine Bedingung für die Entwicklung von Aufstiegskompetenz.