Emotionsarbeit: Strategisches Surface Acting in der Pflege
Im Zuge der zunehmenden Subjektivierung in der Arbeitswelt nehmen auch die Anforderungen an Beschaffenheit und Darstellung von Emotionen ständig zu. Tatsächlich waren die Erwartungen an das Einbringen situativ 'richtiger' Gefühle und insbesondere an deren Darstellung noch nie so hoch wie heute. Für die Beschäftigten birgt die emotionale Verausgabung jedoch ein gesundheitliches Risiko.
In der Emotionsarbeit wird traditionell zwischen Oberflächenhandeln (Surface Acting) und Tiefenhandeln (Deep Acting) unterschieden (Hochschild 2006). Beim Tiefenhandeln wird mittels kognitiver Techniken ein Zustand imaginiert, der das gewünschte Gefühl tatsächlich hervorbringt; die Darstellung ist somit ‚authentisch‘. Oberflächenhandeln dagegen bedeutet ‚so tun als ob‘: Der situativ gewünschte Gefühlsausdruck wird geliefert, obwohl die zugehörige Emotion nicht vorliegt.
Welche Strategie ‚gesünder‘ ist, ist umstritten. Wir verknüpfen theoretisch die Konzepte Emotionsarbeit und Mikropolitik und schlagen ein 'strategisches Surface Acting' als Bewältigungsstrategie beim Spagat zwischen Gefühlsnormen und Selbstfürsorge vor: Der Gefühlsausdruck hat bestimmten Regeln zu folgen, die Gefühle des Personals jedoch bleiben Privatsache.
Empirisch beschäftigen wir uns mit den Möglichkeiten und Grenzen des strategischen Surface Acting, z.B. damit, wie dieses erlernbar ist und inwiefern die Praktikabilität dieses Ansatzes branchenkontextabhängig ist.
In einer aktuellen Studie werten wir Interviews von ambulanten und stationären Altenpflegekräften (w/m) aus, um deren Strategien des surface acting, die damit verbundenen Gewinne und Belastungen sowie die Rolle der Institution zu identifizieren.
Mucha, Anna 2016: If Emotional Labor meets Micropolitics. Strategisches Surface Acting im Umgang mit emotionalen Anforderungen in subjektivierten Arbeitskontexten, in: Arbeit. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, 25(1+2), 47-56.