Lehrangebot Wintersemester 2023/2024
Bachelor
Technological Fixes? Soziologische Perspektiven auf Behinderung und Technologie
Femke Julia Opper
Technologien sind unsere Rettung! Prothesen geben behinderten Menschen die Fähigkeit zu Laufen zurück. Gehörlose Menschen können mit Cochlea-Implantaten die Welt der Hörenden erkunden. Rollstühle ermöglichen gar die Teilnahme an Sportarten wie Basketball oder Rugby. Die Lösung zu einer inklusiveren Gesellschaft scheint so nah: Wir brauchen mehr Technologien! Der Preis für all diese Teilhabechancen? Mitunter risikoreiche Operationen, um menschliche Körper für Technologien zugänglich zu machen. Langwierige medizinische Termine, um Prothesen mühsam an den Körper anzupassen. Und nicht zu Letzt Anstrengungen der Normierung, um angepasste, normale Körper zu produzieren. Aus soziologischer Sicht gestaltet sich das Verhältnis von Behinderung und Technologien also als ambivalent. Auf der einen Seite stehen Teilhabe, Chancen und Möglichkeiten, auf der anderen Seite stehen gesellschaftliche Normalisierungsbemühungen und Normierungsversuche. Gemeinsam ist beiden Seiten, dass Behinderung und Technologien sich aufeinander beziehen, sie sind ko-konstitutiv füreinander, stehen in Wechselwirkungen zueinander und bedingen sich gegenseitig. Diese vielschichten Beziehungen zwischen Behinderungen und Technologien nehmen wir im Seminar als Ausgangspunkt einer soziologischen Analyse. Ergänzt wird das Seminar durch einen größeren Überblicks- und Einführungsteil, der Schlaglichter auf die Arbeiten der Disability Studies wirft.
Von Technologien und Regierungsrationalitäten - gouvernementalitätsinformierte Spurensuche von Kybernetik bis Cybercrime
Julia Katherina Mahnken
Vom Cyberspace über Cyborgs bis zum Cybermonday: In einer sich digitalisierenden Gesellschaft begegnet uns die Vorsilbe „cyber“ ganz selbstverständlich im Alltag. Dabei bleibt meist unreflektiert, woher sie eigentlich kommt, wie sie von unterschiedlichen Akteur:innen epistemologisch aufgeladen wird und welche Technologien und Regierungsrationalitäten dabei entstehen. In diesem Seminar wollen wir uns mit kybernetischen Grundlagen unserer heutigen Wissenskultur auseinandersetzen, die sich in den 1930er und 1940er Jahren gebildet haben. Aus einer prozessorientierten Perspektive schreiten wir zunächst durch unterschiedliche ‚Wellen‘ von kybernetischer Regierungskunst über Cyberculture, Cyberwissenschaften bis hin zu Cyberkriminalität, um diese dann mithilfe soziologischer Perspektiven zu diskutieren. So werden unter digitalen Bedingungen neue Episteme und neue (kybernetische) Subjektivitäten identifizierbar. Die Seminarteilnehmer:innen entwickeln ein vertieftes Verständnis zu frühen Grundlagen heutiger Wissenskulturen in einer sich digitalisierenden Gesellschaft. Sie lernen Konzepte und Methoden des Netzwerkdenkens und der Science and Technology Studies kennen. Im Seminar lernen die Teilnehmer:innen Texte aus einer wissenssoziologischen Perspektive zu analysieren. Sie werden befähigt, die Grenzen des Netzwerkdenkens zu diskutieren, indem sie sich im Seminar kritisch mit durch die Kybernetik inspirierten soziologischen Debatten auseinandersetzen.
Anno 2044. Zukunftswerkstatt zu digitalisierten Gesellschaften
Lukas Bäuerle, Femke Julia Opper
Wie sieht unsere Zukunft aus? Welche Zukunft ist denkbar, welche machbar? Und welche noch dazu wünschenswert? Gemeinsam wollen wir in diesem Seminar Zukünfte digitalisierter Gesellschaften erdenken und erarbeiten. Die Bandbreite und Gestalt von ‚digitalisierten Gesellschaften‘ der Zukunft sind enorm vielfältig. Der Reiz dieser Spannung zwischen dem Denk- und Machbaren, von Utopien und Dystopien digitalisierter Gesellschaften, wird in diesem Seminar im Zentrum stehen. In der Zukunftswerkstatt „Anno 2044“ werden wir einige dieser Zukünfte erkunden, begründen und greifbar machen. Dabei werden wir auf erprobte Verfahren der Zukunftsforschung setzen, wissenschaftsbasierte Szenarien und künstlerische Interventionen zu Rate ziehen. Die Studierenden werden im Laufe der Veranstaltung eigene Szenarien entwickeln und diese sukzessive verschriftlichen. Auf diesem Wege sollen nicht nur das Verständnis von „Digitalisierung“ als transformativem sozialen Prozess vertieft, sondern auch die die Vorstellungskraft seiner Wandel- und Gestaltbarkeit gestärkt werden.
Interdisziplinärer Grundkurs 2: Zukunftswerkstatt Nachhaltigkeit
Andreas Möllenkamp
Eine nachhaltige Entwicklung ist nicht nur das Ziel der Vereinten Nationen und Teil des Leitbildes der Universität Hamburg, sondern auch eine praktische Herausforderung vieler Akteure der Zivilgesellschaft. Anhand einer Zukunftswerkstatt verbindet der interdisziplinäre Grundkurs die Einführung in wissenschaftliches Arbeiten mit Ansätzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Im Sinne des transdisziplinären forschenden Lernens entwickeln die Teilnehmer:innen eigene kleine Forschungsprojekte im Themenfeld Nachhaltigkeit. Anhand des eigenen Projekts werden grundlegende Fragen wissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens diskutiert und geübt. Das Seminar fragt aus transdisziplinärer Perspektive nach den Möglichkeiten und Bedingungen nachhaltiger Zukunftsgestaltung und diskutiert Zusammenhänge von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Interdisziplinärer Grundkurs kompakt
Barbara Sutter
Im interdisziplinären Einführungsmodul werden ausgewählte sozialökonomisch relevante Themenkomplexe bearbeitet. In diesem Kurs ist dieser Themenkomplex durch die Begriffe "Krise - Kritik - Konsum" ausgeflaggt. Ausgehend von grundlegenden Überlegungen zur Bedeutung von Krisen für moderne Gesellschaften und von Kritik als Form des Denkens und Handelns diskutieren wir aktuelle Fragen rund um Konsum - und zwar aus interdisziplinärer Perspektive. Anhand gemeinsam spezifizierter Fragestellungen werden die Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens erlernt, diskutiert und praktisch erprobt. Ziel des Moduls ist es, die Studierenden in wissenschaftliche Arbeitsweisen einzuführen, zu interdisziplinärem Denken anzuregen und sie dabei zu unterstützen, den Fachbereich Sozialökonomie sowie die Universität Hamburg als für sie neue Lern- und Arbeitswelt kennenzulernen.
Grundkurs Soziologie
Barbara Sutter
In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Man mag sich das fragen, wenn man z.B. einen Blick in die Nachrichten wirft, ein amtliches Antragsformular ausfüllt oder bezahlbaren Wohnraum sucht. Die Soziologie stellt sich dieser Frage als wissenschaftliche Disziplin und liefert mögliche Antworten auf diese Frage in Form sogenannter soziologischer Zeitdiagnosen. Wenn z.B. von der Wissensgesellschaft (Bell), der Konsumgesellschaft (Bauman) oder der Abstiegsgesellschaft (Nachtwey) die Rede ist, dann sind das Versuche, das spezifische Moment gegenwärtiger Gesellschaften auf den Punkt zu bringen. Doch: Eine andere Frage stellt sich zunächst, nämlich: Was ist das eigentlich – ‚Gesellschaft‘? Diese Frage treibt die Soziologie seit ihren Anfängen um; zusammen mit Überlegungen zum Verhältnis von Individuum und Gesellschaft sowie dem Phänomen sozialer Ungleichheit benennt sie ein zentrales Thema der Soziologie. Das Modul macht mit wesentlichen Begriffen, Perspektiven und Anwendungsbereichen der Soziologie vertraut und legt die Grundlagen für die schwerpunktmäßigen Module des zweiten Studienjahres. Es vermittelt grundlegende Kenntnisse des Faches, und zwar sowohl im Hinblick auf soziologische Theoriebildung als auch die empirische Forschung.
Master
Digitale Wissenschaftskommunikation: Videowerkstatt
Andreas Möllenkamp, Sabine Maasen
Wissenschaftskommunikation ist als Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft mit hohen Erwartungen konfrontiert zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen und unterliegt zugleich einem dynamischen Wandel im Zuge der Digitalisierung. Sie hat sich zu einem breiten Feld mit vielfältigen Akteuren, Funktionen und Formaten entwickelt, die von der Kinder-Uni über Podcasts bis hin zu Citizen Science-Projekten reichen. Das Seminar dient der Analyse, Reflektion und praktischen Übung unterschiedlicher Kommunikationsformen in, über und aus der Wissenschaft. Der thematische Schwerpunkt liegt auf aktuellen Entwicklungen im Feld digitaler Wissenschaftskommunikation. Das Seminar ist als Videowerkstatt angelegt, in der die Teilnehmer:innen mit Unterstützung der Hamburger Filmemacherin Sandra Trostel eigene Videos entwickeln und produzieren.
Die Kraft der Vielfalt für die Ko-Kreation
Douglas Carvalho Ribeiro, Sabine Maasen
In einer zunehmend vernetzten Welt hat die Suche nach integrativeren und partizipativeren Ansätzen zur Problemlösung und Entscheidungsfindung an Bedeutung gewonnen. Der Begriff „Ko-Kreation“ steht für die aktive Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure bei der Konzeption, Entwicklung und Umsetzung von Projekten, Dienstleistungen und Initiativen. Da komplexe gesellschaftliche Herausforderungen nur durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Wissensbestände aus dem akademischen und nicht-akademischen Bereich zu bewältigen scheinen, dient das Konzept als wirksamer Mechanismus, um Innovation, nachhaltigen Wandel und sozialen Zusammenhalt zu fördern. Insbesondere im Kontext postkolonialer Theorien gewinnt Ko-Kreation eine erweiterte Bedeutung. Die postkoloniale Perspektive fordert eine kritische Auseinandersetzung mit den historischen Auswirkungen von Zivilisierungsprozessen und deren fortwährenden Einflüssen auf Gesellschaften, Kulturen und Machtstrukturen. Die Zusammenarbeit verschiedener Akteure mit unterschiedlichen kulturellen, sozialen und geographischen Hintergründen wird damit zu einem entscheidenden Ansatz, um asymmetrische Strukturen zu überwinden und nachhaltige Veränderungen zu ermöglichen. Ziel dieses Seminars ist es, die transformative Perspektive der Ko-Kreation mit postkolonialen Theorien zu erforschen. Der Fokus liegt darauf, wie die aktive Zusammenarbeit verschiedener Akteure mit unterschiedlichen Hintergründen nachhaltige Veränderungen und inklusive Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen schaffen kann.
WiSo Graduate School
Doing STS Research: Cases & Concepts
Sabine Maasen
Das Forschungsseminar geht am Beispiel unterschiedlicher Projekte den Möglichkeiten und Herausforderungen von Forschung auf der Grundlage der Science & Technology Studies nach. Dies geschieht einerseits anhand konkreter Forschungsvorhaben. Andererseits ermöglicht eine gemeinsame Arbeit mit Texten aus den STS die Vertiefung konzeptioneller Überlegungen und Konturierung eines daraus entstehenden Forschungsprogramms.