Lehre
Unser Lehrangebot umfasst ein breites transdisziplinäres Themenspektrum mit einem Schwerpunkt auf den Science and Technology Studies. Es richtet sich an Studierende verschiedener Bachelor- und Masterstudiengänge in der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, kann aber auch für Studierende anderer Fakultäten geöffnet werden. Wir unterstützen Studierende, eine durch Wissenschaft und Technologieentwicklung hoch veränderliche Welt reflexiv zu analysieren, kritisch auf Alternativen zu befragen und praktisch mitzugestalten.
Sommersemester 2024
Bachelor
Zukunft war gestern: Soziologische Perspektiven auf Trauer und Verwundbarkeit in multiplen Krisen
Marc Strotmann
Die Corona-Pandemie, das Wiederauftreten des Krieges in Europa und die spürbar werdenden Folgen der Klimakrise sind die erkennbarsten Zeichen dafür, dass moderne Fortschrittserzählungen zu einem Stillstand gekommen sind. Die Zukunft verheißt wenig Versprechendes, zumal nicht den Weg zu einem gerechteren, inkludierenden und ökologisch nachhaltigen gesellschaftlichen Zusammenleben. Zu beobachten ist gegenwärtig stattdessen eine Verlusteskalation (Reckwitz): Erfahrene Verluste – beispielsweise von materiellem Wohlstand, physischer Sicherheit oder der Überzeugung, Klimakatastrophen abwenden zu können – bleiben nicht mehr durch die Erwartung auf eine gesamtgesellschaftliche Verbesserung unsichtbar. Sie werden – in Form von Verlustartikulationen – Teil umkämpfter politischer Diskurse über die Zukunftsfähigkeit spätmoderner Gesellschaften. Im Seminar beschäftigen wir uns mit sozialtheoretischen Ansätzen und Beschreibungen, die Trauer und Verwundbarkeit in den Vordergrund stellen. Anhand von Texten u.a. von Claude Lévi-Strauss, Judith Butler und Anna Tsing gilt es dabei auch danach zu fragen, ob Erfahrungen der Trauer und Verwundbarkeit nicht nur eine Verlustartikulation bedeuten, sondern auch politische Gefühle ausdrücken, welche die Möglichkeit von Wandel zu denken erlauben.
Der juristische Beruf und die Entstehung des modernen Staates: Einführung in Bourdieus 'Über den Staat'
Douglas Carvalho Ribeiro
Dieses Seminar bietet eine Einführung in Pierre Bourdieus Werk ‚Über den Staat‘. Ziel des Kurses ist es, die komplexen Wechselwirkungen zwischen der juristischen Profession und der Entwicklung des modernen Staates aus Bourdieus soziologischer Perspektive zu untersuchen. Das Verständnis des Rechts, insbesondere des Verfassungsrechts, wird heute in Deutschland vor allem durch die Erforschung und Interpretation der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geprägt. Diese Entwicklung wirft eine interessante Frage auf: Wie sah das Rechtswissen aus, als der moderne Staat (und die ihn prägenden Kategorien wie Souveränität) nur eine abstrakte Idee in den Köpfen der Juristen war, bevor es konkrete rechtliche Rahmenbedingungen und Institutionen gab? Das Seminar soll aufdecken, wie die juristische Profession nicht nur auf die Entstehung und Strukturierung des modernen Staates reagiert, sondern diese auch prägt und beeinflusst. Ziel des Seminars ist es, die Teilnehmenden mit den grundlegenden Konzepten Bourdieus wie Feld, Habitus, symbolisches Kapital und die Logik symbolischer Herrschaft vertraut zu machen. Ziel ist es auch, den Studierenden das analytische Rüstzeug zu vermitteln, das sie benötigen, um die Komplexität des modernen Staates und die Dynamik seiner Beziehungen zur juristischen Profession zu durchdringen und eine fundierte kritische Analyse dieser Bereiche vorzunehmen.
Technology will save us?! Alte und neue Perspektiven auf Technik und Gesellschaft
Julia Katherina Mahnken
Techniken umgeben uns ganz selbstverständlich und überall – wir schauen auf unser Handy, arbeiten an unserem Laufstil oder unseren Soft Skills. Diese Beispiele zeigen: Wenn wir von Technik sprechen, bezeichnen wir mit damit nicht nur Apparate und Maschinen, sondern auch Verfahren, Kompetenzen und Prozesse. Für die Soziologie ist Technik aus verschiedenen Gründen ein interessanter Gegenstand: zuerst weil sie wesentlicher Teil der Unterscheidung von Natur und Kultur ist, sodann da der Durchbruch technologischen Denkens als zentrales Merkmal der Moderne gilt und schließlich vor allem insofern, als dass wir aktuell in durch und durch technisierten Gesellschaften leben. Stets gilt: Genese und Effekte von Technik sind von ihrem gesellschaftlichen Kontext nicht zu trennen. Das Seminar verwendet verschiedene techniksoziologische Perspektiven, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das Verhältnis von Technik und Gesellschaft analytisch-reflexiv gefasst werden kann.
Interdisziplinärer Grundkurs kompakt
Barbara Sutter
Das Seminar behandelt grundlegende sozio-historische Voraussetzungen sowie aktuelle Herausforderungen für die Beziehung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft: von der Vorstellung der Wissenschaft im Elfenbeinturm über Forderungen nach mehr Dialog hin zur Diagnose einer Wissen(schafts)sgesellschaft, die sich mehr und mehr als Innovationsgesellschaft konfiguriert und nicht zuletzt angesichts derzeitiger Krisen mit alten und neuen Problemen konfrontiert ist.
Master
Wissenschaft als öffentliche Performance? Vom Experiment zum TED Talk
Sabine Maasen, Marc Strotmann
Wissenschaftler:innen gehen an die Öffentlichkeit: Sie erklären in Podcasts; sie werben auf TED-Bühnen; sie positionieren sich in den sozialen Medien. Historisch betrachtet ist es keine Neuheit, dass Wissenschaftler:innen ihr Wissen und ihre Expertise öffentlich machen. Allerdings beobachten wir, dass sich die Medien und sozialen Arenen vervielfältigt haben, in denen Wissenschaftler:innen auftreten. Im Seminar werden wir uns an ausgewählten Beispielen (die Corona-Pandemie, die Klimakrise, K.I.-Forschung) damit auseinandersetzen, wie die öffentliche Performance von Wissenschaftler:innen gestaltet ist und welche Erwartungen damit verbunden sind. Weiterführende Frage ist, welcher Stellenwert wissenschaftlicher Autorität in politischen Entscheidungsprozessen zukommt.
Partizipation trifft Effizienz: Ko-Kreative Wege in der öffentlichen Verwaltung
Douglas Carvalho Ribeiro
Das Blockseminar befasst sich mit der möglichen Rolle von Ko-Kreation in der heutigen öffentlichen Verwaltung, d.h. wie sie zur Steigerung von Effizienz und Partizipation beitragen kann. Durch die Kombination von partizipativen Ansätzen mit effizienten Verwaltungspraktiken wird untersucht, wie öffentliche Einrichtungen besser auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger eingehen können. Dieses Seminar bietet einen tiefen Einblick in die Problematik der Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden, der Zivilgesellschaft und anderen Stakeholdern. Es werden Strategien und Beispiele für erfolgreiche ko-kreative Prozesse in der öffentlichen Verwaltung untersucht, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, wie diese Prozesse sowohl die Qualität der Dienstleistungen verbessern als auch die Bürgerbeteiligung fördern können. Durch eine Mischung aus theoretischen Grundlagen und praktischen Beispielen werden die Teilnehmenden mit den Potenzialen und Herausforderungen von Ko-Kreation im institutionellen Raum konfrontiert.
Knowledge Exchange in Sustainability Transitions Research
Lukas Bäuerle
Bridging the gap between academia and society is one of the key themes, as it is a challenge for academic institutions around the world. At the institutional level, universities now have a "third mission" in addition to the "original" missions of teaching and research: interacting with societal partners, needs and trends. At the individual level, researchers increasingly face the challenge of communicating and justifying their activities to the public. And from a societal perspective, academic institutions are indispensable players in the ongoing transformations. This especially holds true for scholars invested in sustainability transitions research. However, in order to make a real and adequate contribution to the Grand Challenges, they need to be better integrated into these processes. In other words: Knowledge Exchange is advancing into an indispensable requirement of academic efforts in the 21st century.The seminar will explore some of the already established ways in which scientists can engage with their societal context in one way or another: e.g. science communication, co-creation, participatory research. The focal point will be the application of knowledge exchange activities in the inter- and transdisciplinary field of sustainability transitions research.
„Die Wirtschaft“ steht im Zentrum gegenwärtiger Transformationsanstrengungen – ganz gleich ob diese wahlweise auf Treibhausgasneutralität, Biodiversität, oder Digitalisierung zielen. Damit stellt sich die Frage, wer oder was „die Wirtschaft“ eigentlich ist, wo(rin) sie sich zeigt und wie sie verändert werden kann. Die emergierenden Social Studies of Economics arbeiten vor dem Hintergrund dieser Fragen die Bedeutung der modernen Wirtschaftswissenschaften als wesentliche Lieferant:innen der „imaginären Institutionen“ (Castoriadis) heraus, in denen Ökonomie gesellschaftlich verhandelt und auch gestaltet wird. Man könnte so weit gehen zu sagen, dass die Entstehung eines eigenständigen Phänomenbereiches „Wirtschaft“ historisch untrennbar mit der Herausbildung einer entsprechenden Wissenschaft(lichkeit) verknüpft ist. Die an die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 anschließende Debatte über die Performativität der Ökonomik hat diese Wechselwirkungen in verschiedensten Arenen herausgearbeitet. Sie unterstreicht dabei, dass wirtschaftswissenschaftliche Konzepte, Verfahren und Akteure dabei weit über den engeren Bereich „der Wirtschaft“ hinaus wirkmächtig sind. Die Ökonomisierung des Sozialen, so die Diagnose, greife aus in Politik, Liebe, Bildung, Verwaltung, Sport, etc. Damit stellt sich im Kontext der genannten Transformationsbemühungen auch die Frage, inwiefern diese auch die Wirtschaftswissenschaften erfassen. Welche Veränderungsimpulse sind hier derzeit beobachtbar, wie tiefen reichen diese und zeichnet sich womöglich eine neue Form der wissenschaftlichen Reflexion(en) von Wirtschaft(en) ab?
WiSo Graduate School
Doing STS Research: Cases & Concepts
Sabine Maasen
Das Forschungsseminar geht am Beispiel unterschiedlicher Projekte den Möglichkeiten und Herausforderungen von Forschung auf der Grundlage der Science & Technology Studies nach. Dies geschieht einerseits anhand konkreter Forschungsvorhaben. Andererseits ermöglicht eine gemeinsame Arbeit mit Texten aus den STS die Vertiefung konzeptioneller Überlegungen und Konturierung eines daraus entstehenden Forschungsprogramms.
Abschlussarbeiten
Wir betreuen gerne Bachelor- und Masterarbeiten, die thematisch zu unserem Forschungs- und Lehrportfolio passen. Sprechen Sie uns mit Ihren Ideen und Vorschlägen an!