Michael Ahlers, wie lehren und lernen wir Musik in der Zukunft?
Michael Ahlers (Professor für Musikdidaktik mit dem Schwerpunkt Popularmusik an der Leuphana Universität Lüneburg):
"In Bildungsinstitutionen findet digitales Musikmachen bisher nur sehr selten statt. Wir erleben weiterhin einen Instrumentalunterricht, der sich auf einen etablierten Kanon von Instrumentengruppen fixiert. Und in den allgemeinbildenden Schulen wird im Musikunterricht – wenn er denn stattfindet – entweder auf das Klassenmusizieren gesetzt oder auf die Vermittlung meist eurozentristischer Musikgeschichte(n) oder Analysekompetenzen für entsprechend komponierte Musik.
Um die Frage beantworten zu können, wann Menschen den Umgang mit digitalen Medien zum Musizieren oder Produzieren zu erlernen, muss also die Zielstellung des Unterrichts selbst in den Blick genommen werden: Was genau soll Unterricht leisten? Wenn wir davon ausgehen, dass bspw. der allgemeinbildende Unterricht zur kulturellen Teilhabe befähigen soll, wäre dies ein guter Auftrag für das (digitale) Musiklehren und -lernen.
Gerade die Musikproduktion schafft hier aus meiner Sicht viele Ansätze: Neben handwerklichen Fähigkeiten des Producing oder Remixing werden so Einblicke in klangliche Ästhetiken ermöglicht und Sound wird zu einer brauchbaren Kategorie, um über körperliche oder ästhetische Erfahrungen sprechen zu können. Das englische Curriculum macht es uns vor: Hier wird Musikproduktion als ein durchgehender Themenstrang von der unteren Sekundarstufe bis zu deren Abschluss genutzt.
Ferner denke ich auch, dass Beats, Loops und Tracks als Metaphern und Repräsentationen ganzer kultureller Praxen innerhalb des Musikunterrichts noch nicht angekommen sind. Und dass, obwohl hierzu zahlreiche Arbeiten vorliegen zu den Praxisarchiven, den Sounds, den Strategien der Herstellung oder auch zu didaktischen Zugängen über ein „doing popular culture“."