Taiwan
Kriege in Taiwan seit 1945
China/Taiwan I (Quemoy, Da Chen, 1954)
AKUF-Datenbanknr.: |
32 |
Kriegsdauer: |
03.09.1954 - 25.09.1954 |
Kriegstyp: |
C-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe |
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Kriegführende |
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Seite A: |
Volksrepublik China |
Seite B: |
Taiwan |
Intervention zugunsten Seite B: |
Vereinigte Staaten von Amerika (9/1954 - 25.09.1954) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die während des chinesischen Bürgerkrieges von den kommunistischen Streitkräften vom Festland nach Taiwan vertriebenen nationalchinesischen Truppen der Kuomintang-Regierung konnten schon im Oktober 1949 eine Invasion der Küsteninseln durch die Volksbefreiungsarmee abwehren (vgl. Krieg Nr. 7). Gegenseitige Machtansprüche, die den gegnerischen Herrschaftsbereich umfaßten und Drohungen, diese auch notfalls militärisch durchzusetzen, bildeten den Konflikthintergrund. Der Konfliktgegenstand war der umstrittene Status des langen, von den Nationalchinesen besetzten Küsteninselstreifens. Die starke Truppenkonzentration taiwanesischen Militärs auf den Inseln, die direkte Bedrohung der festlandchinesischen Hafenstädte Amoy und Fuzhou sowie die umfangreichen Waffenlieferungen der USA an die Republik China auf Taiwan waren aus der Sicht der VR China Anzeichen für einen befürchteten Angriff. Um diesem zuvorzukommen, versuchte die Volksbefreiungsarmee, diese Inseln zu erobern. Die Entscheidung von zwei Dritteln der knapp 21.000 im Koreakrieg gefangengenommenen VR-Soldaten, statt in die VR China zu gehen, lieber nach Taiwan zurückzukehren, aber auch eine Überprüfung der Ernsthaftigkeit US-amerikanischer Konfliktbereitschaft im Angriffsfall oder eine regionale Machtdemonstration könnten weitere Gründe für das militärische Vorgehen gewesen sein.
Auf nationalchinesischer Seite wurden wiederum die Bestrebungen nach Wiederherstel-lung des territorialen Status des Kaiserreiches durch die Regierung der Volksrepublik (Legitimation der Invasion Tibets [1] 1950; vgl. Krieg Nr. 22) als eine Bedrohung angesehen, die eine Stationierung starker Verteidigungsverbände auf den als strategisch wichtig eingestuften Inselgruppen notwendig scheinen ließ.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg führte zu keiner Veränderung des Status quo. Nach massiver Bombardierung des chinesischen Festlandes entlang der Küste durch Taiwan stellten die Truppen der VR China schließlich ihren Artilleriebeschuß ein, ohne daß die Gründe klar erkennbar waren.
Am 2. Dezember 1954 unterzeichneten die USA und die Taiwan einen gemeinsamen Verteidigungsvertrag, der Taiwan und die südwestlichen Pescadoren-Inseln, aber nicht direkt die Küsteninseln einbezog. Sollte im Falle eines Angriffs auf die größten Inseln Quemoy und Matsu eine Invasion Taiwans durch die VR China vermutet werden, so schlossen die USA ein direktes militärisches Eingreifen zum Schutz Nationalchinas nicht aus.
ANMERKUNGEN
[1] Die VR China betrachtet Tibet als Bestandteil des chinesischen Staates. Diese Begründung wurde auch vor der Invasion Tibets abgegeben. Spätere militärische Unruhen in Tibet wurden als innerchinesische Angelegenheit deklariert.
Reinhardt te Heesen
China/Taiwan II (Quemoy, 1958)
AKUF-Datenbanknr.: |
50 |
Kriegsdauer: |
23.08.1958 - 25.10.1958 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe |
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Kriegführende |
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Seite A: |
Volksrepublik China |
Seite B: |
Taiwan |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Erneuter, dritter und größter Versuch der VR China, ihre Machtansprüche gegenüber Taiwan militärisch durchzusetzen (vgl. Kriege Nr. 7 und 32). Nach Luft- und Seegefechten um die nördlich gelegene Insel Matsu in den ersten Augustwochen, die der Ablenkung dienten, begann am 23. August 1958 ein massiver Angriff auf die Insel Quemoy und die sie umgebenden kleineren Inseln. Nachdem das erste Ziel, die Einnahme der Insel Dong Ding, am Widerstand der Kuomintang-Truppen scheiterte, veränderte die VR China ihre Taktik. Eine intensive Beschießung und Isolierung Quemoys sollte die dortigen Truppen vom Nachschub abschneiden und sie zur Kapitulation zwingen. Auch dieser Versuch mißlang. Die Einnahme von Quemoy und später möglicherweise von Matsu hätte - neben dem Prestigeverlust für Taiwan - außerdem den Verlust von nahezu der Hälfte seiner Bodentruppen zur Folge gehabt. Dies wäre sicherlich bei einer späteren Invasion der VR China ein erheblicher Nachteil auf seiten Taiwans gewesen - ganz abgesehen von seiner demoralisierenden Wirkung.
Der Zeitpunkt des Angriffs, aber auch seine Fortführung nach dem gescheiterten Landungs- und Blockadeversuch der VR China riefen Spekulationen darüber hervor, ob Peking überhaupt noch ein primär militärisches Ziel verfolgte. Möglicherweise sollte angesichts des sich anbahnenden sino-sowjetischen Konflikts das Verhalten der UdSSR als enger Bündnispartner, aber auch der USA als Taiwan-Schutzmacht im Konfliktfall mit Nationalchina getestet werden. Im Zuge der sich ankündigenden "Friedlichen Koexistenz" und der gleichzeitigen Verwicklung der USA in die Libanon-Krise (vgl. Krieg Nr. 49) erschien der VR die Überprüfung der Bereitschaft beider Supermächte, sich weiterhin im "chinesischen Bürgerkrieg" zu engagieren, sinnvoll. Eine mögliche Verschärfung des US-amerikanisch-sowjetischen Verhältnisses wäre Peking nicht ungelegen gekommen.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die militärischen Auseinandersetzungen führten zu keiner Änderung des Satus quo. Nach dem Abbruch der Kämpfe beschränkten sich die militärischen Aktivitäten auf den Abschuß von Artilleriesalven durch die VR China auf Quemoy an allen ungeraden Tagen. Auf politischer Ebene setzte sich in Peking die Einsicht in die Unmöglichkeit einer militärischen Lösung durch. Gleichzeitig mußte Taiwan als "zweites China" geduldet werden.
Die Truppen der VR China erlitten erhebliche militärische Verluste.
Reinhart te Heesen