Digitale Medien in der Wissenschaftsarbeit: Ergänzung oder Transformation?
Promotionsprojekt von Jonas Gottschalk
Die COVID19-Pandemie hat existierende Digitalisierungsprozesse in vielen Bereichen enorm beschleunigt, so auch in der Wissenschaft. Während digitale Medien in der Wissenschaftsarbeit bereits vor der Pandemie an Bedeutung gewannen, so wurden sie schlagartig unverzichtbar. Essenzielle Aspekte der Wissenschaftsarbeit, wie Kommunikation, Kooperation und Kollaboration, mussten vollständig in digitale Räume und auf digitale Plattformen verlegt werden. Dieser Prozess hat Strukturen geschaffen, die nach dem Abklingen und eventuellem Ende der Pandemie vorerst verbleiben. Das Promotionsprojekt befasst sich mit der Rolle dieser Medien in der Arbeit von Wissenschaftler:innen und dem Einfluss auf bestehende Strukturen des wissenschaftlichen Feldes.
Dabei sind drei Aspekte von zentralem Interesse: die Wahrnehmung digitaler Medien durch Wissenschaftler:innen, die Absicht hinter der Verwendung digitaler Medien und die konkrete Verwendung digitaler Medien in professionellem Kontext. Das Ziel dieses Projektes ist es, emergente Praktiken der Wissenschaftsarbeit systematisch abzubilden und sowohl Konflikte als auch Synergien digitaler Medien mit der Arbeit von Wissenschaftler:innen hervorzuheben. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob digitale Medien bestehende Dynamiken der Wissenschaftsarbeit in einen neuen Kontext übersetzen oder ob sie bestehende Dynamiken in Frage stellen.
Zu diesem Zweck verbindet das Projekt fokussierte Interviews mit einer digitalen Ethnographie auf den von Wissenschaftler:innen zu professionellen Zwecken genutzten Plattformen. Das Sampling konzentriert sich auf Wissenschaftler:innen aus der Physik und den Geschichtswissenschaften, um die Dynamiken in kontrastierenden Fachkulturen vergleichen zu können.
Weitere Forschungsfragen des Projekts sind: Welche Plattformen werden von Wissenschaftler:innen verwendet und warum? Wie wird über die Verwendung dieser Plattformen reflektiert, bzw. wie wird diese gerechtfertigt? Fördern digitale Medien stärker die inhaltliche Arbeit oder die Steigerung des persönlichen Prestiges von Wissenschaftler:innen? Welche neuen Möglichkeiten für Wissenschaftsarbeit erschließen sich durch die Verwendung digitaler Medien und welche etablierten Aspekte werden dadurch in Frage gestellt? Darüber hinaus soll dieses Projekt einen Beitrag zu den Debatten über die soziale Relevanz von Algorithmen auf digitalen Plattformen und der Konzeption des Internets als Forschungsgegenstand leisten.