Sierra Leone
Kriege in Sierra Leone seit 1945
Sierra Leone (RUF, 1991 - 2002)
AKUF-Datenbanknr.: |
217 |
Kriegsdauer: |
3/1991 - 17.01.2002 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
National Patriotic Front of Liberia (NPFL/Independent National Patriotic Front of Liberia (INPFL), Revolutionary United Front (RUF) |
Seite B |
Sierra Leone |
Intervention zugunsten B |
Guinea (seit 1992), Nigeria (seit 1992) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Krieg in Sierra Leone steht in engem Zusammenhang mit dem 1996 beendeten Krieg im benachbarten Liberia (vgl. Krieg Nr 168). Die NPFL hatte bereits im Frühjahr 1991 den Krieg nach Sierra Leone hineingetragen - in Reaktion auf die Beteiligung des Nachbarstaats an den Streitkräften der ECOWAS Ceasefire Monitoring Group (ECOMOG) und zur Ausdehnung des eigenen Machtbereichs. In Sierra Leone kooperierte die NPFL mit einer einheimischen Rebellenorganisation, der Revolutionary United Front (RUF), die sich im weiteren Verlauf von der liberianischen NPFL emanzipierte.
Die Armee Sierra Leones wurde in ihrem Kampf gegen NPFL und RUF ab April 1991 von bilateral entsandten Truppen aus Nigeria und Guinea sowie der United Liberations Movement for Democracy (ULIMO) unterstützt. Das Übergreifen der Kämpfe seit 1991 auf das Territorium Sierra Leones bedeutete den Beginn eines heftigen Bürgerkrieges, der neben der massiven Intervention der ECOMOG die Auflösung übergreifender politischer Institutionen und eine völlige Unterwerfung der Gesellschaft unter die Bedingungen kriegerischer Gewalt mit sich brachte.
Im Verlauf des Krieges traten neben die RUF und die ehemals reguläre Armee auch internationale Söldner (Executive Outcomes, Sandlines) und Milizen (Kamajors) als Akteure auf, die in wechselnden Koalitionen mit- und gegeneinander kämpften. Im Verlauf des Krieges wurden die Grenzen zwischen Armee und Rebellion immer unklarer, weil beide Seiten sich in gleicher Weise als plündernde Soldateska verhielten und häufig kollaborierten. Hintergrund des Krieges ist der bereits in den achtziger Jahren einsetzende Niedergang des Staates, in dem die Innehabung politischer Macht vor allem als Mittel für die Bereicherung an den Renten aus dem Abbau von Diamanten diente. Eine große Rolle spielt auch das Streben nach Kontrolle der einträglichen Diamantenminen im Hinterland Sierra Leones
Nach drei militärischen Staatsstreichen und einer demokratischen Wahl stand Ende 1997 eine Allianz aus ehemaliger Regierungsarmee und RUF der von den Interventen gestützten Regierung Ahmed Kabbahs und den dörflich organisierten Milizen gegenüber. Verschiedene Vermittlungsbemühungen, unter anderem durch den ivorischen Präsidenten Henri Konan Bédié, scheiterten an der Unnachgiebigkeit der Parteien und der mangelhaften Kontrolle der involvierten Verbände.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Knapp die Hälfte der 4,5 Millionen Einwohner des Landes sind innerhalb oder außerhalb des Landes vor dem Krieg geflohen. Verläßliche Angaben über die Zahl der Kriegsopfer liegen nicht vor, sie dürften sich aber auf mehrere zehntausend belaufen. Die staatlichen Institutionen sind zerfallen, die politische Situation durch die Vielzahl der bewaffnet agierenden Gruppen und deren mangelhafte Kohäsion blockiert. IWF und Weltbank stoppten die Finanzhilfen für das Land, fast alle humanitären Organisationen haben ihre Aktivitäten in Sierra Leone eingestellt.
Klaus Schlichte