Jemen (ehem. Nord- und Südjemen)
Kriege im Jemen (ehem. Nord- und Südjemen) seit 1945
Nordjemen (Stammeskrieger und Militärteile, 1948)
AKUF-Datenbanknr.: |
17 |
Kriegsdauer: |
2/1948 - 14.03.1948¹ |
Kriegstyp: |
A-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite A |
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Kriegführende |
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Seite A |
Jemenitische Stammeskrieger und oppositionelle Armeeteile unter Führung des Kronprinzen Ahmad |
Seite B |
Nordjemen |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Imam Yahya - er stammte aus der über den Nordjemen herrschenden Familie der Hamid ad-Din - hatte das Land jahrzehntelang gegenüber dem Ausland abgeschottet und keinerlei ökonomische und politische Entwicklung des Landes zugelassen. Die Opposition, die sich im Laufe der Zeit gegen Yahya bildete, war sehr heterogen: Sie rekrutierte sich aus Reformern (z.B. die Freien Jemeniten), die u.a. die uneingeschränkte Herrschaft Yahyas beseitigen wollten, aus sunnitischen Gegnern der Vorherrschaft der schiitischen Zaiditen und aus Familien, die für sich das zaiditische Imamat beanspruchten. Der Opposition gelang es allerdings nicht, unter den militärisch dominierenden Stämmen Fuß zu fassen; ihr Einflußbereich beschränkte sich im wesentlichen auf die Städte und die im Exil lebenden Jemeniten.
Nach der Ermordung des Imam Yahya am 17. Februar 1948 übernahm sein Konkurrent um die Position des Imam, Abdulla al-Wazir, dieses Amt. Viele Exilanten kehrten zurück und übernahmen teilweise Regierungs- und Verwaltungsaufgaben. Die Regierung war allerdings aufgrund interner Machtkämpfe und gravierender - politischer und religiöser - Unstimmigkeiten kaum handlungsfähig. Einem der Söhne Yahyas, Kronprinz Ahmad, gelang es dagegen relativ leicht, die Stämme des Nordens gegen al-Wazir zu mobilisieren. Hauptgrund hierfür war, daß es mit ihrer Denkweise unvereinbar war, den Mord an Yahya ungesühnt zu lassen, und daß die Regierung nicht genügend finanzielle Mittel besaß, um die Stämme durch "Geschenke" an sich zu binden.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach dem Sieg des Kronprinzen Ahmad wurden alle führenden Mitglieder des Putsches gegen seinen Vater hingerichtet. Ahmad selbst wurde am 15. März 1948 als neuer Imam von der Ulema anerkannt. Aus Angst vor der Rache der Einwohner Sanas, das entsprechend jemenitischer Tradition ein Opfer der Plünderung durch die siegreichen Stammeskrieger geworden war, verlegte Ahmad den Regierungssitz nach Taiz. Dies führte zum ökonomischen Niedergang der bisherigen Hauptstadt Sana. Bei der mehrtägigen Plünderung der Hauptstadt Sana durch die siegreichen Stammeskrieger kamen ca. 5.000 Menschen ums Leben.
ANMERKUNGEN
[1] Vereinzelter Widerstand regierungstreuer Truppen bis zum 19. März 1948.
Torsten Schwinghammer
Nordjemen / Großbritannien (1955 - 1958)
AKUF-Datenbanknr.: |
44 |
Kriegsdauer: |
1955 - 1958¹ |
Kriegstyp: |
C²-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe |
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Kriegführende |
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Seite A |
Großbritannien |
Seite B |
Nordjemen |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Streit zwischen dem (Nord-)Jemen und Großbritannien um die Nordgrenze des britischen Protektorates (Western Aden und Eastern Aden Protectorate) eskalierte trotz eines Abkommens aus dem Jahre 1934 in den 50er Jahren erneut. Anlaß hierfür waren Bestrebungen Großbritanniens, seine Kontrolle über das Hinterland der strategisch bedeutsamen Kronkolonie Aden zu intensivieren, indem es u.a. die Scheichs und Sultane des Protektorats zu einer Föderation zusammenschließen wollte. Nordjemen sah in der Bildung einer Südarabischen Föderation eine Bedrohung seines Anspruches auf den Süden des Jemen (Wiedervereinigung).³
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Obwohl mehrere britisch-jemenitische Verhandlungen ohne Ergebnisse blieben, ließen die Grenzzwischenfälle Ende der 50er Jahre nach. Großbritannien verfolgte sein Ziel der Bildung einer Föderation weiter (1959: Federation of the Amirates of the South), konnte aber auch damit das Erstarken der Unabhängigkeitsbewegung nicht mehr aufhalten (vgl. Krieg Nr. 87). Auch im Norden zeichneten sich bereits die Vorzeichen der kommenden Revolution ab (vgl. Krieg Nr. 68). Nach dem siegreichen Verlauf der Revolutionen in beiden Ländern blieben der Verlauf der Grenze und die Frage der Wiedervereinigung ständige Streitpunkte, die mehrfach zu Kriegen zwischen beiden Ländern führten.
ANMERKUNGEN
[1] Bereits vor 1955 und auch nach 1958 kam es zu vereinzelten Grenzzwischenfällen.
[2] Aufgrund der Rhetorik des Nordjemen und der Beteiligung südjemenitischer Stammeskrieger erhielt dieser Krieg auch eine Dekolonisationskomponente; dennoch standen die Grenzstreitigkeiten und der Kampf um Einflußsphären im Mittelpunkt des Krieges.
[3] Ob der Nordjemen die Unruhen unter den Stämmen des Protektorats schürte, um seinen Anspruch auf den Süden des Landes zu unterstreichen, oder ob diese bereits die Vorboten des Unabhängigkeitskrieges waren, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.
Torsten Schwinghammer
Nordjemen (Militärteile, 1962 - 1969)
AKUF-Datenbanknr.: |
68 |
Kriegsdauer: |
10/1962 - 1969 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Arabische Liga) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Republikanische Truppen |
Seite B |
Nordjemen |
Intervention zugunsten A: |
Ägypten (10/1962 - 10/1967) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Es handelte sich um einen Konflikt um das politische System: Erhaltung des traditionellen, patrimonialen Imamats¹ versus Errichtung einer jemenitischen Republik. Ägypten wollte durch seine Intervention zugunsten der republikanischen Truppen seine Rolle als arabische Führungsmacht verdeutlichen und die eigene, panarabische, antiroyalistische Politik fördern. Saudi Arabien, das die Truppen des Imamats unterstützte, fürchtete negative Auswirkungen auf das eigene traditionale System durch die republikanische Bewegung im Jemen. Nicht zu unterschätzen sind die tribalen Konfliktlinien, die in der jemenitischen Politik bis heute eine zentrale Rolle spielen. Die offen zur Schau getragene Bewaffnung der "Stammeskrieger" legt davon ein eindeutiges Zeugnis ab.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die imamitischen Truppen gaben auf. Nach einer Versöhnungskonferenz 1969 im Jemen wurde das republikanische System beibehalten. Vereinzelt zogen sich die Kämpfe jedoch noch bis 1970 hin.
ANMERKUNGEN
[1] Jede jemenitische Regierung bedarf einer islamischen Legitimation, allerdings ist der Begriff des Imamats speziell mit dem im Norden des Jemen vorherrschenden zaiditischen Islam verbunden.
Dietrich Jung
Südjemen (Dekolonisation, HLF, FLOSY, 1963 - 1967)
AKUF-Datenbanknr.: |
87 |
Kriegsdauer: |
14.10.1963 - 30.11.1967 |
Kriegstyp: |
D-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vereinbarung ohne Vermittlung |
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Kriegführende |
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Seite A |
National Liberation Front (NLF)/Front for the Liberation of South Yemen (FLOSY)¹ (1966 - 11/1967) |
Seite B |
Großbritannien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
In den 50er Jahren erstarkten auch in der britischen Kronkolonie Aden und im britisch kontrollierten Hinterland (Western Aden und Eastern Aden Protectorate) arabisch-nationalistische Strömungen (u.a. durch die Propaganda von Radio Kairo und die Rückkehr von Studenten und Arbeitern aus dem Ausland). Außerdem führte der wirtschaftliche Aufschwung des für die Briten strategisch wichtigen Hafens Aden zum Erstarken der Gewerkschaften; diese traten nicht nur für soziale Belange ein, sondern stellten auch politische Forderungen auf (u.a. gegen die Diskriminierung von Arbeitern aus dem Hinterland und aus dem Nordjemen, Unterstützung der Politik Nassers, Generalstreik während der britisch-französischen Besetzung der Suezkanalzone). Großbritannien reagierte auf die sich herausbildenden, sehr heterogenen Unabhängigkeitsbestrebungen mit dem Vorschlag, Verhandlungen über eine Autonomieregelung innerhalb der von Großbritannien gegründeten "Federation of the Amirates of the South" zu führen.
Während die FLOSY aus der Gewerkschaftsbewegung entstand, hatte die radikalere NLF ihre Wurzeln in der in Beirut gegründeten Bewegung Arabischer Nationalisten (MAN²). Schon bald nach ihrer Gründung im Februar 1963 begann die NLF mit der Vorbereitung des bewaffneten Kampfes gegen die britische Kolonialmacht. Gegenüber der FLOSY hatte die NLF den Vorteil, zu den wenigen südjemenitischen Organisationen zu gehören, die sowohl in Aden als auch im Hinterland über eine Anhängerschaft verfügten.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nachdem die NLF den Machtkampf mit der FLOSY für sich entschieden hatte, übergab Großbritannien im November 1967 die Macht an die NLF (formale Unabhängigkeit: 30. November 1967). Die Schließung des Suez-Kanals (vgl. Krieg Nr. 95), der Rückzug der Briten sowie die einseitige Entwicklungspolitik der ehemaligen Kolonialmacht führten zu erheblichen ökonomischen Problemen. Außerdem blieb die Volksrepublik Jemen in den ersten Jahren außenpolitisch weitgehend isoliert. Die internen Widersprüche innerhalb der NLF, die während des Unabhängigkeitskrieges zurückgestellt worden waren, brachen sich in Fraktionskämpfen über den ökonomischen und politischen Entwicklungsweg Bahn und führten zu abrupten außen- und innenpolitischen Kurswechseln sowie zu kriegerischen Auseinandersetzungen (vgl. Kriege Nr. 98 und 162).
ANMERKUNGEN
[1] Die FLOSY war auf ägyptische Initiative hin als Bündnis für die NLF und die Organisation for the Liberation of the Occupied South (OLOS) im Januar 1966 entstanden. Auf Druck der Basis zog sich die NLF jedoch im November 1966 aus der FLOSY zurück. In der Folgezeit dominierten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der FLOSY und der NLF das Kriegsgeschehen.
[2] Zur MAN vgl. auch die Kriege Nr. 88 (PFLOAG) sowie Nr. 165 und 108 (PFLP, DFLP).
Torsten Schwinghammer
Südjemen (FLOSY, SAL, 1968)
AKUF-Datenbanknr.: |
98 |
Kriegsdauer: |
6/1968¹ - 11/1968² |
Kriegstyp: |
A-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite B |
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Kriegführende |
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Seite A |
Front for the Liberation of South Yemen (FLOSY)/South Arabian League (SAL) |
Seite B |
DVR Jemen |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Da sich die saudi-arabische Zentralregierung durch die politische Entwicklung in der DVR Jemen in ihrem eigenen Bestand bedroht fühlte, reorganisierte sie die südjemenitische Opposition, vor allem die im Unabhängigkeitskrieg unterlegene FLOSY (vgl. Krieg Nr. 87) und die SAL, um die Regierung der DVR Jemen unter Druck zu setzen. Die DVR Jemen trafen die Grenzübertritte und die Anzettelung von lokalen Unruhen im nördlichen Grenzgebiet in einer Phase innenpolitischer Schwierigkeiten. Beim 4. Parteikongreß der National Liberation Front (NLF) hatte sich der radikal-linke Flügel durchgesetzt. Nur mit Unterstützung der Armee, die sich durch die Forderungen des linken Flügels bedroht sah, war es dem gemäßigten Flügel um den Präsidenten ash-Shaabi im März 1968 gelungen, die Linken aus Parteiführung und Regierung zu drängen und deren lokale Aufstandsversuche im Mai niederzuschlagen.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Widersprüche innerhalb der saudischen Führung und die Heterogenität der südjemenitischen Opposition trugen dazu bei, daß die Intensität der Angriffe stark schwankte und letztlich die Oppositionskräfte über die Grenze zurückgedrängt werden konnten. Sie bildeten jedoch weiterhin eine ständige Bedrohung für die südjemenitsche Zentralregie-rung und ein wichtiges Druckmittel in der Hand Saudi Arabiens (vgl. Kriege Nr. 101 und 114). Der linke und der gemäßigte Flügel der NLF legten aufgrund der äußeren Bedrohung ihre Widersprüche vorläufig bei und gingen gemeinsam gegen die aus Saudi Arabien vordringenden Oppositionskräfte vor. Dem in die Regierung zurückgekehrten linken Flügel gelang es dann am 22. Juni 1969, Präsident ash-Shaabi zu stürzen und die Macht zu übernehmen.
ANMERKUNGEN
[1] Bereits im Februar 1968 gab es einen größeren Angriff der Opposition.
[2] In der Folgezeit kam es vereinzelt zu weiteren Grenzübergriffen durch die Oppositionskräfte.
Torsten Schwinghammer
Südjemen / Saudi Arabien (1969)
AKUF-Datenbanknr.: |
101 |
Kriegsdauer: |
26.11.1969 - 12/1969¹ |
Kriegstyp: |
C-2² |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Arabische Liga) |
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Kriegführende |
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Seite A |
DVR Jemen |
Seite B |
Saudi-Arabien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die Grenzen zwischen den Staaten auf der Arabischen Halbinsel sind über weite Strecken hin nicht genau festgelegt oder festzulegen und boten daher immer wieder Anlaß zu Grenzkonflikten. Der Grenzverlauf in der Region um Wadiah führte bereits 1954/55 zwischen der britischen Kolonialmacht und Saudi Arabien zu Konflikten. Die DVR Jemen beanspruchte nach ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien diese Region ebenso wie Saudi Arabien. Zu einer Verschärfung der Krise führten vermutete Öl- und Wasservorkommen in diesem Gebiet. Aufgrund der Unterstützung, die Saudi Arabien der süd-jemenitischen Opposition gewährte, war das Verhältnis zwischen beiden Staaten zusätzlich stark angespannt (vgl. Krieg Nr. 98).
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Beide Seiten verstärkten ihre militärische Präsenz in der umkämpften Region. Das Verhältnis zwischen Saudi Arabien und der DVR Jemen blieb weiterhin gespannt, zum einen aufgrund der fortdauernden Unterstützung Saudi Arabiens für die südjemenitischen Oppositionellen, zum anderen, weil sich Saudi-Arabien durch das Gesellschaftssystem der DVR Jemen bedroht sah.
ANMERKUNGEN
[1] Aufgrund der spärlichen Informationen über diesen Krieg läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob nach dem 7. Dezember 1969 noch gekämpft wurde. Ebensowenig kann aufgrund widersprüchlicher Darstellungen die angreifende Seite bestimmt werden.
[2] Bei dem Luftangriff durch (eines oder mehrere?) Flugzeuge der Arabischen Republik Jemen auf saudische Stellungen scheint es sich um eine nicht-autorisierte Handlung des/der Piloten gehandelt zu haben. Dennoch führte dieser Angriff zu erheblichen politischen Spannungen zwischen den beiden Staaten.
Torsten Schwinghammer
Nordjemen / Südjemen (1972)
AKUF-Datenbanknr.: |
114 |
Kriegsdauer: |
26.09.1972 - 13.10.1972¹ |
Kriegstyp: |
C²-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Arabische Liga) |
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Kriegführende |
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Seite A |
AR Jemen |
Seite B |
DVR Jemen |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Südjemenitische Oppositionskräfte (vgl. Krieg Nr. 98) nutzten (neben Saudi Arabien) die AR Jemen weiterhin als Operationsbasis gegen die DVR Jemen. Zwar kam es 1970 zu einer Annäherung zwischen beiden Staaten, die jedoch aufgrund der Zunahme der Grenzverletzungen durch südjemenitische Oppositionskräfte und die Armee der DVR Jemen einer erneuten Verschlechterung der Beziehungen wich. Beide Regierungen warfen sich wechselseitig vor, Umsturzversuche zu unterstützen. Im August 1972 eskalierte die Situation im Grenzbereich. Die südjemenitischen Oppositionsgruppen vereinigten sich zur "United National Front for South Yemen", außerdem begann die nordjemenitische Regierung, Stämme zu bewaffnen; gleichzeitig mobilisierte die DVR Jemen ihre Armee. Trotz Vermittlungsbemühungen der Arabischen Liga nahmen die Grenzkonflikte im September zu. Ab dem 26. September 1972 kam es zu größeren militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Armeen beider Staaten.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Auf Vermittlung der Arabischen Liga unterzeichneten die Ministerpräsidenten der AR Jemen und der DVR Jemen am 28. Oktober 1972 in Kairo ein Abkommen über die Vereinigung beider Staaten. Außerdem sahen die Vereinbarungen u.a. vor, daß alle Truppen aus besetzten Gebieten zurückgezogen, die Trainingslager der Exilgruppen geschlossen und alle "Sabotageaktionen" unterbunden werden sollten. Das Abkommen blieb vorerst ohne konkrete Auswirkungen; beide Seiten unterstützten weiterhin die regimefeindlichen Kräfte des Nachbarstaates (vgl. Krieg Nr. 135).
ANMERKUNGEN
[1] Beide Seiten beklagten mehrfach den Bruch der Waffenstillstandsvereinbarungen vom 13. Oktober 1972.
[2] Da keine Informationen darüber vorliegen, in welchem Umfang südjemenitische Oppositionskräfte an dem Krieg teilnahmen, wird der Krieg als rein zwischenstaatlicher Krieg eingestuft.
Torsten Schwinghammer
Nordjemen (NDF, 1978 - 1982)
AKUF-Datenbanknr.: |
135 |
Kriegsdauer: |
1978 - 1982 |
Kriegstyp: |
A¹-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Arabische Liga) |
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Kriegführende |
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Seite A |
National Democratic Front (NDF) |
Seite B |
AR Jemen |
Intervention zugunsten A |
DVR Jemen (23.3.1979 - 3/1979) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Noch während der Revolution im Nordjemen (vgl. Krieg Nr. 68) hatte sich der gemäßigte Flügel der Republikaner - nach Kämpfen im August 1968 - gegen den von der DVR Jemen unterstützten linken Flügel (People Resistance Forces; PRF) durchgesetzt. Die Republikaner suchten in den beiden folgenden Jahren mit den gegnerischen, royalistischen Stämmen des Nordens einen Kompromiß zu erzielen und sie in die Regierung aufzunehmen, ohne sie jedoch letztlich vollständig befrieden zu können. Diese Ausgleichspolitik der Zentralregierung vergrößerte den Unmut unter den Republikanern. Teile der ehemaligen PRF und andere nordjemenitische Organisationen gründeten im März 1976 die NDF, die von der DVR Jemen unterstützt wurde. Eines ihrer Hauptziele war die Schaffung eines starken Zentralstaates sowie die Zurückdrängung des Einflusses der Stämme und Saudi Arabiens. Die NDF wirkte in den folgenden Jahren als Sammelbecken für weitere Strömungen, die mit der Regierungspolitik unzufrieden waren (Baathisten, unabhängige Nationalisten, Nasseristen, etc.). Sie konnte sich vor allem im Süden des Landes verankern, begünstigt durch den latent vorhandenen zaiditisch-shafiitischen Widerspruch (die Stämme des Nordens waren vor allem Anhänger des zaiditischen Islam) und die Grenznähe zur DVR Jemen. Hier begann im Frühsommer 1978 ein bewaffneter Aufstand, in dem die NDF zur führenden Kraft wurde.
Gleichzeitig verschärften sich die Spannungen zwischen den beiden jemenitischen Staaten, nachdem der Präsident der AR Jemen, al-Ghashmi, im Juni 1978 ermordet wurde. Sein Nachfolger, Ali Abdallah Salih, machte die DVR Jemen für den Mord verantwortlich und lehnte jeglichen Dialog mit dem Nachbarstaat ab. Beiderseitige Truppenmobilisierungen und das offene Eingreifen der südjemenitischen Armee auf der Seite der NDF führten vom 23. Februar bis Mitte März 1979 zu Grenzgefechten zwischen beiden Staaten. Durch Vermittlung der Arabischen Liga schlossen beide Staaten einen Waffenstillstand und vereinbarten erneut, beide Länder zu vereinigen (vgl. Krieg Nr. 114). Das Ausmaß der Unterstützung der DVR Jemen für die NDF variierte in der Folgezeit in Abhängigkeit von den zwischen-staatlichen Beziehungen, den Machtkämpfen in der Führung der DVR Jemen und dem Vorankommen der Vereinigungsverhandlungen. Die Arabische Liga versuchte immer wieder zu vermitteln.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach der israelischen Besetzung des Libanon koordinierten beide Staaten ihre außenpolitischen Anstrengungen zur Unterstützung der PLO sowie innerhalb der Arabischen Liga. Aufgrund dieser Annäherung zwischen beiden Staaten im Spätsommer 1982 hielt der zuletzt zwischen der NDF und der nordjemenitischen Regierung vereinbarte Waffenstillstand. Die Amnestie für die NDF führte zu Verhandlungen zwischen der Führung der AR Jemen und der NDF. Obwohl letztlich keine substantiellen Fortschritte erzielt wurden und die NDF ebenso wie die südjemenitischen Oppositionsgruppen weiterhin aktiv blieben, kam es zu keinen größeren militärischen Konfrontationen mehr.
ANMERKUNGEN
[1] Die Grenzgefechte zwischen der AR Jemen und der DVR Jemen im Februar/März 1979 könnten auch als kurzzeitiger zwischenstaatlicher Krieg gewertet werden.
Torsten Schwinghammer
Südjemen (JSP-L, 1986)
AKUF-Datenbanknr.: |
162 |
Kriegsdauer: |
13.01.1986 - 29.01.1986 |
Kriegstyp: |
A-2¹ |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite B |
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Kriegführende |
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Seite A |
DVR Jemen |
Seite B |
Linker Flügel der Jemenitischen Sozialisitschen Partei (JSP) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die Widersprüche innerhalb der Nationalen Befreiungsfront (NLF; seit 1978: Jemenitische Sozialistische Partei, JSP), die während des Unabhängigkeitskrieges gegen Großbritannien zurückgestellt werden mußten, brachen nach der Unabhängigkeit Südjemens im Jahre 1967 immer wieder offen aus (vgl. Kriege Nr. 87 und 98). Der radikale Flügel verfolgte das Ziel einer weitgehenden sozialistischen Umgestaltung; u.a. trieb er die Kollektivierung in der Landwirtschaft voran, ging gegen privatwirtschaftliche Aktivitäten vor und unterstützte Befreiungsbewegungen in den arabischen Nachbarstaaten. Der gemäßigte Flügel trat dagegen - vor allem nach seiner erneuten Machtübernahme 1980 - für eine ökonomische Liberalisierung und die Verbesserung der Beziehungen zu den arabischen Nachbarstaaten ein. Unabhängig von ihren Differenzen hielten beide Fraktionen an engen Beziehungen zur UdSSR fest. Nicht zu vernachlässigen sind in dem Konflikt um die Besetzung der Positionen in Partei und Staat die noch immer das gesellschaftliche Leben stark beeinflussenden Stammesbindungen: Ein Stamm war umso mächtiger, je mehr seiner Mitglieder einflußreiche Positionen einnahmen. Nachdem der Führer des radikalen Flügels, Abdel Fattah Ismail, im Februar 1985 aus dem sowjetischen Exil zurückkehrte, brach der Machtkampf erneut offen aus. Nach ihrem 3. Parteikongreß im Oktober 1985 war die JSP praktisch gespalten und handlungsunfähig. Während der Sitzung des Politbüros am 13. Januar 1986 begannen die Kämpfe; bis heute gibt es unterschiedliche Darstellungen, welche Fraktion die Kämpfe initiierte. Wahrscheinlich ist ein Präventivschlag von Staatspräsident Ali Nasir Muhammad, der damit seiner drohenden Entmachtung zuvorkommen wollte.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Ca. 15.000 Anhänger des gestürzten Muhammad wurden verhaftet; ihm selbst gelang zwar die Flucht, er versuchte aber vergeblich, vom Ausland aus seine Rückkehr an die Macht vorzubereiten. Die Warnung der UdSSR an andere Staaten, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Volksrepublik Jemen einzumischen, hielt die Nachbarstaaten davon ab, Truppen zugunsten von Muhammad zu entsenden. Auf Druck der UdSSR erklärte die neue jemenitische Führung, den bisherigen außenpolitischen Kurs Muhammads fortzusetzen. Neuer Staatschef wurde der bisherige Premierminister Haider Abu al-Attas, der keiner der beiden rivalisierenden Fraktionen angehörte und dessen Stammesregion sich in dem Krieg neutral verhalten hatte. Zu den mittelfristigen Folgen des Krieges gehört die Vereinigung der beiden jemenitischen Staaten. Unter den mehr als 10.000 Getöteten waren ca. 4.000 Mitglieder der JSP, darunter Ismail und Vizepräsident Ali Antar.
ANMERKUNGEN
[1] Am 17. Januar 1986 wurde der Flugplatz von Aden von einem unidentifizierten Flugzeug bombardiert. Gerüchten nach stammte es aus Oman oder aus Israel.
Torsten Schwinghammer
Jemen (SJP, Vereinigungskrieg, 1994)
AKUF-Datenbanknr.: |
347 |
Kriegsdauer: |
27.04.1994 - 07.07.1994 |
Kriegstyp: |
AB-2 |
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Kriegführende |
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Seite A |
Einheiten der nordjemenitischen Armee/Milizen der islamistischen Islah-Partei |
Seite B |
Kontingente der südjemenitischen Armee |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Ausbruch der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen nordjemenitischen Streitkräften und Truppen der ehemaligen südjemenitischen Armee im April 1994 markierte den Endpunkt eines Eskalationsprozesses, der schon kurz nach der Vereinigung der Arabischen Republik Jemen (ARJ) und der Demokratischen Volksrepublik Jemen (DVRJ) von 1990 begann und sich, durch Bekenntnisse zur Einheit und zu demokratischen Reformen nur mühsam verschleiert, 1993 gefährlich zuspitzte. Gegenstand des Konflikts waren insbesondere die politische und administrative Gestaltung des vereinten Jemen sowie die Verteilung der neu zu vergebenen Ämter in der Regierung. Dabei traten der nordjemenitische "Allgemeine Volkskongreß" (AVK) unter Staatspräsident Ali Abdullah Salih sowie die südjemenitische sozialistische Partei unter der Führung des Vizepräsidenten Ali Salim al-Baid jeweils als Vertreter der ehemaligen zwei jemenitischen Staaten und deren Interessen auf.
Aus den ersten freien Wahlen des Landes im Jahr 1993 ging der AVK mit 122 von 301 Sitzen als Sieger hervor, gefolgt von der islamistischen Islah mit 62 und der SPJ mit 56 Sitzen. Nach langwierigen Verhandlungen bildeten die drei Parteien eine gemeinsame Regierung, die jedoch schon nach kurzer Zeit an den Machtkämpfen zwischen Staatspräsident Salih und Vizepräsident al-Baid scheiterte und zerfiel. Al-Baid zog sich in die ehemalige südjemenitische Hauptstadt Aden zurück und verweigerte eine weitere Kooperation mit Salih. Dem Schritt al-Baids folgten weitere Regierungsmitglieder der SPJ. Von Aden aus forderten die Politiker der SPJ Reformen, deren Kern eine Föderalisierung der staatlichen Struktur und damit mehr Selbständigkeit für den südlichen Landesteil bildeten. Zudem verlangten sie eine Aufklärung der seit Mitte 1991 immer wieder verübten Attentate gegen Partei- und Regierungsmitglieder aus ihren Reihen, bei denen etwa 150 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Tatsache, daß bei der Vereinigung der beiden Landesteile auf eine Vereinigung der Streitkräfte verzichtet worden war, verschärfte die Situation, da die beiden Kontrahenten über ihnen ergebene Truppen verfügten. Ende 1993 zog die SPJ im nördlichen Teil des Landes stationierte südjemenitische Truppen zurück und verlegte diese an die frühere Demarkationslinie, wo es bald zu ersten Scharmützeln zwischen nordjemenitischen und südjemenitischen Truppenteilen kam. In der vereinigten Republik standen nun ehemals nordjemenitische Truppen ehemals südjemenitischen Truppen gegenüber.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Schon nach wenigen Tagen der bewaffneten Auseinandersetzungen gelang es den Truppen des Nordens, wichtige Einheiten des Südens zu schlagen und einen Belagerungsring um Aden zu bilden. Die Truppen des Südens konnten trotz einer Generalmobilmachung der militärischen Übermacht des Nordens nichts entgegensetzen. Auch die am 21. Mai 1994 proklamierte Demokratische Republik Jemen in den Grenzen der ehemaligen DVRJ sowie die neu gebildete Sezessionsregierung fand im Ausland keine Unterstützung. Salih selbst lehnte Vermittlungsangebote als Einmischung in innere Staatsangelegenheiten ab und ignorierte eine von arabischen Staaten initiierte Resolution des Sicherheitsrates der UN, die einen sofortigen Waffenstillstand forderte. Am 7. Juli ergab sich schließlich Aden, das einen Monat lang belagert worden war: der Krieg, der nicht ganz drei Monate gedauert hatte, endete mit der Niederlage der südjemenitischen Truppen und der Flucht der Führung der SPJ in den Oman.
Jürgen Endres
Jemen (Al-Shahab al-Mou'min, 2004 - andauernd)
AKUF-Datenbanknr.: |
307 |
Kriegsdauer: |
20.06.2004 - andauernd |
Kriegstyp: |
A-2 |
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Kriegführende |
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Seite A |
Al-Shabab al-Mou'min |
Seite B |
Jemen |