Israel
Kriege in Israel seit 1945
Arabisch-Israelischer Krieg I (1948 - 1949)
AKUF-Datenbanknr.: |
18 |
Kriegsdauer: |
15.05.1948 - 07.01.1949 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten/Syrien/Libanon/Jordanien/Irak/Saudi-Arabien |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Nach dem am 29. November 1947 mit einer Zweidrittelmehrheit gefällten UN-Teilungsbeschluß, der die Aufteilung des ehemaligen britischen Mandatsgebietes Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Teil vorsah, proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Daraufhin griffen am 15. Mai Truppen Ägyptens, Transjordaniens, Syriens und kleinere Kontingente des Irak, Saudi Arabiens und des Libanon den Staat Israel an. Ziel der durch die Arabische Liga unterstützten Angreifer war die Beseitigung des Staates Israel und des zuvor schon politisch abgelehnten UN-Teilungsbeschlusses.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Durch den Sieg der israelischen Streitkräfte kam es zu einer Erweiterung des israelischen Territoriums um Galiläa, West-Jerusalem, weitere Teile des Westjordanlandes und der Mittelmeerküste. Nur Gaza fiel unter ägyptische Verwaltung. Der Grenzstreifen zu Syrien wurde entmilitarisiert, und ca. 700.000 arabisch-palästinensische Flüchtlinge mußten das Land verlassen. Das Restgebiet des Westjordanlandes fiel 1950 an Jordanien.
Dietrich Jung
Arabisch-Israelischer Krieg I (1948 - 1949)
AKUF-Datenbanknr.: |
42 |
Kriegsdauer: |
29.10.1956 - 06.11.1956 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Großbritannien (31.10.1956 - 06.11.1956) / Frankreich (31.10.1956 - 06.11.1956) / Israel |
Seite B |
Ägypten |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Suezkrieg fand vor dem Hintergrund der herrschenden panarabischen Euphorie und der damit verbundenen Entkolonialisierung des Nahen Ostens statt. Bereits 1951 war es in Ägypten zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Briten gekommen, in deren Folge der von den Briten favorisierte König Farouk abgesetzt wurde. Nachdem sich der ägyptische Präsident Nasser auf der Konferenz von Bandung 1955 einer Politik der Blockfreiheit verschrieben und die Briten am 19. Juni 1956 ihre letzten Truppen aus der Kanalzone abgezogen hatten, verkündete Nasser am 26. Juli die Verstaatlichung des Suezkanals. Dies nahmen Israel, Großbritannien und Frankreich zum Anlaß, am 29. bzw. 31. Oktober Ägypten anzugreifen. Während für Israel Gebietsansprüche auf dem Sinai, die Schließung des Golf von Aqaba sowie des Suezkanals für israelische Schiffe eine Rolle spielten, waren es für Großbritannien und Frankreich eine Art letztes koloniales Rückzugsgefecht sowie der Versuch, Kapitalbeteiligungen an der Kanalgesellschaft zu schützen.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Beendigung des Krieges, auf Druck der USA und der UdSSR, schlug ein neues Kapitel nahöstlicher Politik auf: Die imperiale Macht Großbritanniens und Frankreichs war endgültig beendet und die Region wurde nun von den beiden Supermächten USA und UdSSR beherrscht. Nasser wurde zum Helden stilisiert und war zur charismatischen Führungsfigur der panarabischen Bewegung geworden.
Der Suezkanal blieb verstaatlicht; fünf Prozent der Einnahmen gehen als Entschädigung an die enteigneten Aktionäre und die Kanalbenutzung durch Schiffe aller Nationen wurde garantiert. Der Abzug britischer und französischer Truppen sowie der israelischen Truppen auf die Waffenstillstandslinie von 1949 zog sich bis 1957 hin. UN-Friedenstruppen wurden auf dem Sinai, in Gaza und am Golf von Aqaba stationiert.
Der Krieg forderte mehr als 2.000 Todesopfer (Ägypten ca. 2.000, Israel 181).
Dietrich Jung / Peter Tautkus
Arabisch-Israelischer Krieg III ("Sechs-Tage-Krieg") (1967)
AKUF-Datenbanknr.: |
95 |
Kriegsdauer: |
05.06.1967 - 10.06.1967 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
Kriegführende |
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Seite A |
Israel |
Seite B |
Ägypten/Syrien/Jordanien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der am 5. Juni 1967 von Israel begonnene Krieg bildete den Kulminationspunkt eines seit Mitte der 60er Jahre andauernden Eskalationsprozesses, dessen Ursachen im wesentlichen auf der Ebene des seit der israelischen Staatsgründung andauernden israelisch-arabischen Gegensatzes zu suchen sind. Nachdem der Zenit der panarabischen Euphorie überschritten war, versuchte Nasser seinen Führungsanspruch durch eine radikalere Haltung gegenüber Israel zu legitimieren. Über die tatsächlichen Absichten Nassers wurde viel spekuliert; sicher ist, daß er durch radikale Reden, die erneute Sperrung des Golfes von Aqaba sowie Truppenkonzentrationen an den israelischen Grenzen einen wesentlichen Teil zur Zuspitzung der Lage beitrug. Aber auch die 1966 durch einen Putsch an die Macht gekommene syrische Regierung verschärfte die Situation durch ihre Unterstützung palästinensischer Kommandoaktionen, die allerdings von jordanischem Gebiet aus vorgetragen wurden. Ob der israelische Präventivschlag einem arabischen Angriff zuvorkommen sollte, oder ob Israel, unter dem Primat seiner Politik der sicheren Grenzen die Chance zur Eroberung weiterer Gebiete sah, bleibt Spekulation.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg endete mit einem Sieg Israels; es hielt das Westjordanland, den Gazastreifen, den Sinai (vgl. Krieg Nr. 103), Teile der syrischen Golanhöhen sowie Ostjerusalem besetzt.
Auf israelischer Seite gab es 766 Tote. Ägypten verlor 10.000 Soldaten, die entweder getötet wurden oder aufgrund von Wassermangel auf der Sinai-Halbinsel verdursteten. Jordanien verlor 6.000 Soldaten (Arnold 1991a:299). Von der israelischen Besetzung "Restpalästinas" waren ca. 1,3 Millionen Palästinenser betroffen; ca. 300.000 flohen nach Ostjordanien, ca. eine Million lebte von nun an unter israelischer Besatzung (Flores 1989a:17).
Dietrich Jung
Ägypten / Israel (1969 - 1970)
AKUF-Datenbanknr.: |
103 |
Kriegsdauer: |
06.03.1969 - 07.08.1970 |
Kriegstyp: |
C-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten |
Seite B |
Israel |
Intervention zugunsten A: |
UdSSR (3/1970 - 8/1970) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Ägypten ging es um die Revision der Ergebnisse des dritten israelisch-arabischen Krieges (vgl. Krieg Nr. 95), insbesondere angesichts der innenpolitischen Unruhe nach der Niederlage. Es versuchte zu verhindern, daß die Ergebnisse des Juni-Krieges international als Status quo anerkannt werden.
Als Waffenlieferant und "Verbündeter" Ägyptens war die UdSSR bemüht, ihren Prestigeverlust nach der Niederlage im Juni-Krieg auszugleichen. Eine weitere Niederlage Ägyptens hätte auch den sowjetischen Einfluß im Nahen Osten gefährdet.
Israel ging es um die Sicherung seiner Territorialgewinne aus dem Sechs-Tage-Krieg. Es wehrte zunächst die ägyptischen Angriffe ab, später versuchte es, durch Luftangriffe auf das Landesinnere von Ägypten den Krieg für sich zu entscheiden.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg brachte hinsichtlich der territorialen Situation keine Veränderungen. Allerdings relativierte die Auseinandersetzung das Kräfteverhältnis, da Israel die Stärke des Gegners anerkennen mußte, hatte es doch weit höhere Verluste als im Juni-Krieg.
Dietrich Jung
Arabisch-Israelischer Krieg IV (Oktoberkrieg, 1973)
AKUF-Datenbanknr.: |
115 |
Kriegsdauer: |
06.10.1973 - 26.10.1973 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten/Syrien/Irak/Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Ägypten und Syrien verfolgten das Ziel, die 1967 an Israel verlorenen Territorien zurückzuerobern (vgl. Kriege Nr. 95 und 103), zumindest aber die politische Situation dahingehend zu verändern, daß eine Rückgewinnung der Gebiete auf dem Verhandlungswege erreicht werden könnte. Israel versuchte, die besetzten Gebiete zu verteidigen, falls möglich auch weitere zu erobern. Die PLO führte den Krieg mit dem Ziel der Eroberung gesamt Palästinas.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Israel mußte sich bis an die Sinai-Pässe zurückziehen, die Gebiete östlich der Golan-Höhen an Syrien zurückgeben, ebenso die Gebiete von Kuneitra und Rafid; später, nach Verhandlungen mit den USA und Ägypten, zog sich Israel vom Sinai und dem Ostufer des Suez-Kanals zurück. Das Sinai-Abkommen, die Genfer Verhandlungen sowie der Camp-David-Prozeß mit dem "Separatfriedensschluß" zwischen Israel und Ägypten sind Ergebnisse des Oktoberkrieges.
Dietrich Jung
Israel (Palästina I, PLO, Hamas, JI, 1968 - 1993)
AKUF-Datenbanknr.: |
165 |
Kriegsdauer: |
21.03.1968 - 09.09.1993 |
Kriegstyp: |
B¹-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Norwegen) (Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Palestinian Liberation Organization (PLO) mit ihren wichtigsten Organisationen al-Fatah, Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP), Palästinensische Befreiungsfront (PLF) und PFLP-Generalkommando (PFLP-GC); seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre Hamas und Jihad Islami |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Nach der Niederlage der arabischen Staaten im Junikrieg 1967 (vgl. Krieg Nr. 95) wurden die Guerilla-Organisationen, besonders die Fatah, zu den bestimmenden Kräften innerhalb der PLO. 1968 wurde der Fatah-Vorsitzende Arafat zum PLO-Vorsitzenden gewählt. Durch Kommandoaktionen von ägyptischem, jordanischem und libanesischem Territorium aus sowie zeitweise durch Flugzeugentführungen und Geiselnahmen führten die palästinensischen Organisationen den bewaffneten Kampf gegen Israel. Da sie militärisch zu schwach waren, um eine direkte Konfrontation mit Israel zu suchen, dienten die Guerillaaktionen vor allem zwei Zwecken: 1. Die Situation der Palästinenser ins Bewußtsein der Weltöffentlichkeit zu rücken und 2. dem Versuch, die arabischen Staaten in einen weiteren Krieg mit Israel zu verwickeln; ein Ziel, das allerdings mehr und mehr - vor allem seitens der al-Fatah - durch die Absicht verdrängt wurde, Israel zu Verhandlungen mit der PLO zu zwingen.
Im März 1978 und im Juni 1982 kam es auf libanesischem Territorium zu den größten militärischen Kämpfen zwischen den Guerillagruppen und der israelischen Armee. In der Zeit vom Dezember 1987 bis Anfang der neunziger Jahre wurden die Auseinandersetzungen durch die "Intifada", den Aufstand der Palästinenser in den besetzten Gebieten, dominiert. Mit dem Abklingen der Massenaktionen ("Krieg der Steine") traten die islamistischen Organisationen Hamas und Islamischer Jihad mit Anschlägen gegen israelische Sicherheitskräfte und Siedler in den Vordergrund des Geschehens und gewannen so innerhalb der palästinensischen Bevölkerung an Ansehen.
Für die Weltöffentlichkeit überraschend vermittelte der norwegische Außenminister Johan Holst israelisch-palestinensische Geheimkontakte, die am 9./10. September 1993 zur gegenseitigen Anerkennung zwischen Israelis und der PLO führten. Dies war die Voraussetzung für die wenige Tage später begonnenen Verhandlungen über eine pälästinensische Autonomie in den Besetzen Gebieten.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die PLO konnte seit Mitte der 70er Jahre verschiedene diplomatische Erfolge verbuchen. 1974 wurde ihr ein Beobachterstatus bei der UNO zugesprochen, 1976 wurde sie zum Vollmitglied der Arabischen Liga erklärt. Im November 1988 proklamierte die PLO in Algier den Staat Palästina, der die Gebiete der Westbank und des Gazastreifens sowie Ostjerusalem umfassen soll. Die Mehrheit des Palästinensischen Nationalrates nahm die UN-Resolutionen 242 und 338 an, was faktisch einer Anerkennung des Staates Israel auf dem Territorium vor dem Junikrieg 1967 gleichkommt. Die jordanische Regierung verzichtete zugunsten der PLO auf die Verwaltungshoheit über die Westbank, die sie bis 1967 tatsächlich inne und danach formal beansprucht hatte. Die 1994 von Norwegen vermittelten Verhandlungen mündeten zunächst in eine palästinensischen Teilautonomie in Jericho (Westbank) und dem Gaza-Streifen. Nach zähen Verhandlungen wurde im September 1995 ein Abkommen über die Ausweitung der palästinensischen Autonomie für die Übergangszeit von fünf Jahren beschlossen. Danach verständigte man sich auf die Einteilung der Besetzten Gebiete in verschiedene Sicherheitsstufen, von denen zunächst nur ein kleiner Teil der vollständigen Autonomie unterliegt. Am 10. Januar 1996 ging Yassir Arafat als überlegener Sieger aus den Wahlen zum Präsidenten der Autonomiebehörde hervor. Nach fast dreijährigem Stillstand im Friedensprozeß unter der von Ministerpräsident Netanjahu geführten Likud-Regierung einigten sich im September 1999 die Palästinenser und die neugewählte israelische Regierung unter Ehud Barak darauf, die Verhandlungen über den Endstatus bis zum Ende des Jahres 2000 abgeschlossen zu haben. Die Verhandlungserfolge haben jedoch die innerisraelischen und innerpalästinensischen Widersprüche verschärft: In beiden Lagern verurteilen oppositionelle Kräfte die Abkommen als "Verrat". So haben sich militante jüdische Siedler und religiös-fundamentalistische Organisationen auf beiden Seiten das erklärte Ziel gesetzt, die israelisch-palästinensische Aussöhnung zu verhindern. Eine Serie von Selbstmordattentaten der islamistischen Hamas und die Ermordung von Yitzhak Rabin durch einen jüdischen Fundamentalisten machen die Ernsthaftigkeit solcher Erklärungen deutlich. Die Intensität dieser Auseinandersetzungen liegen aber unterhalb der AKUF Definition von Kriege. Der Krieg hat insgesamt weit über 10.000 Tote gefordert, allein über 1.000 davon während der Intifada.
ANMERKUNGEN
[1] Die Palästinafrage war zwar mit ursächlich für die Kriege zwischen Israel und den arabischen Staaten; da hier aber nur der Aspekt des Kampfes der Palästinenser gegen die israelische Besatzung betrachtet wird, entfällt die Komponente des zwischenstaatlichen Krieges. Peter Tautkus
Libanon (Südlibanon, SLA, 1990 - 2000)
AKUF-Datenbanknr.: |
282 |
Kriegsdauer: |
1990 - 24.05.2000 |
Kriegstyp: |
CE-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe (Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Südlibanesische Armee (SLA)/Israel |
Seite B |
Libanon¹/Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO)/hizb-allah |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die Geschichte des Konflikts zwischen den israelischen Streitkräften und den verschiedenen, gegen Israel kämpfenden bewaffneten Organisationen reicht bis ins Jahr 1983 zurück. In diesem Jahr griff Israel zum zweiten Mal militärisch in den 1975 begonnen Libanon-Krieg (vgl. Krieg Nr. 120) ein und hielt von da an auch über das Ende dieses Krieges 1990 hinaus die etwa 800 Quadratkilometer große "Sicherheitszone" zum Schutz der Zivilbevölkerung Nordisraels vor Angriffen verschiedener vom Libanon aus operierender muslimischer Milizen kontinuierlich besetzt. Die stärkste Macht in dem losen Bündnis von muslimischen Widerstandsbewegungen stellt die etwa 3.000 Mann umfassende pro-iranische Miliz Hizb-allah dar, die von Syrien sowohl militärisch als auch strategisch in ihrem Kampf gegen Israel unterstützt wird. Seit dem israelischen Teilrückzug 1985 kontrollierte die von Israel finanzierte SLA, in der überwiegend libanesische Christen aus dem Südlibanon kämpften, gemeinsam mit der israelischen Armee das Grenzgebiet zu Galiläa. Weiterhin griff die israelische Luftwaffe in Form von Vergeltungsschlägen vor allem PLO- und Hizb-allah-Stellungen auf libanesischem Territorium an. Der Iran entsandte Revolutionsgardisten zur Unterstützung der Hizb-allah ins Bekaa-Tal.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Einen bedingungslosen Abzug aus dem Libanon, wie ihn die UN-Resolution 425 forderte, hatte die israelische Regierung lange Zeit stets abgelehnt. Erst im März des Jahres 2000 zeichnete sich dann eine Wende im Konfliktgeschehen ab. Aufgrund des wachsenden außen- und innenpolitischen Drucks auf die israelische Regierung sowie aufgrund der steigenden Opferzahlen auf israelischer Seite beschloss das israelische Kabinett, die israelischen Truppen aus dem Südlibanon abzuziehen und die umkämpfte "Sicherheitszone" auf libanesischem Territorium aufzugeben. Am 24. Mai 2000 war der israelische Truppenabzug schließlich abgeschlossen und nach etlichen Jahren der Besatzung erstmals kein israelischer Soldat mehr auf libanesischem Territorium. Die mit Israel verbündete SLA wurde aufgelöst. Der Abzug israelischer Truppen brachte zwar eine Deeskalation der Gewalt mit sich, nach wie vor aber kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den israelischen Streitkräften und muslimischen Milizeinheiten (vgl. den anhaltenden bewaffneten Konflikt im Südlibanon).
ANMERKUNGEN
[1] Der Libanon ist im engeren Sinne nicht Kriegspartei, da er keine eigenen Streitkräfte gegen die Einheiten der SLA und insbesondere Israels einsetzt, um eine Eskalation des Krieges zu vermeiden. Die libanesische Regierung hat aber den libanesischen Widerstandsbewegungen 1991 das Recht auf den bewaffneten Kampf gegen die israelische Besatzung zugesichert und somit den Krieg auf libanesischem Territorium legalisiert.
Wolfgang Schreiber
Israel (Palästina II, Hamas, Al-Aqsa-Brigaden, JI, 2000 - andauernd)
AKUF-Datenbanknr.: |
263 |
Kriegsdauer: |
28.09.2000 - andauernd |
Kriegstyp: |
B-2 |
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Kriegführende |
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Seite A |
Hamas, Al-Aqsa-Brigaden |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Bereits im Jahr 2000 überschritt der gewaltsame Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern die Kriegsschwelle. Auslöser der Eskalation war am 28. September 2000 der von den Palästinensern als Provokation empfundene Besuch des damaligen israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Jerusalemer Tempelberg, nahe der Al-Aqsa Moschee. In der Folge kam es nicht nur zu einer Ausweitung von Straßenschlachten zwischen palästinensischen Jugendlichen und israelischen Soldaten zur "Al-Aqsa-Intifada", sondern auch zu Auseinandersetzungen zwischen mit Panzern und Hubschraubern ausgerüsteten israelischen Soldaten und palästinensischen Sicherheitskräften.
Bereits vor der Staatsgründung Israels im Jahre 1948 war die Verquickung von religiöser Identifikation mit politischen Zielvorstellungen sowohl bei Juden wie bei Palästinensern eine entscheidende Konfliktursache, die zu vehementen Auseinandersetzungen um die heiligen Stätten in Jerusalem geführt hatte. Die weitere Entwicklung des Konflikts in Israel und den palästinensischen Gebieten ist in die wechselvolle Geschichte der Nahostproblematik und damit in den israelisch-arabischen Konflikt eingebettet. Im Anschluss an die Niederlage der arabischen Staaten im Sechstagekrieg vom Juni 1967 versuchten die verschiedenen Teilorganisationen der Palestine Liberation Organisation (PLO) unter Führung von Jassir Arafat die Situation der Palästinenser ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu rücken und die arabischen Staaten in einen weiteren Krieg mit Israel zu drängen. Die Friedensverhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis, die 1991 unter der Schirmherrschaft der USA und Russlands begannen, zeigten zunächst wenig Erfolg. Der norwegische Außenminister Johan Holst vermittelte israelisch-palästinensische Geheimkontakte, die am 9./10. September 1993 zur gegenseitigen Anerkennung zwischen Israel und der PLO führten. Dies war die Voraussetzung für das wenige Tage später in Washington durch Israel und die PLO unterzeichnete Abkommen, die so genannten Osloer Verträge, über eine palästinensische Teilautonomie in Jericho (Westbank) und dem Gaza-Streifen. In beiden Gesellschaften schien es nach 30 Jahren Krieg und Besetzung Mehrheiten für eine Verhandlungslösung zu geben.
Doch die Verhandlungserfolge hatten die innerisraelischen und innerpalästinensischen Widersprüche verschärft: In beiden Lagern verurteilten oppositionelle Kräfte die Autonomieabkommen als "Verrat". Nachdem die Intifada, der erste Aufstand der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten zwischen 1987 und 1993, beendet war, gewann auf der Seite der Palästinenser der islamische Fundamentalismus der Gruppen Hamas (harakat al muqaawama al-islamiya, Islamische Widerstandsbewegung) und Jihad Islami (Islamischer Heiliger Krieg) an Einfluss zu gewinnen. Besonders die Hamas kann sich dabei auf ein weitverzweigtes Netz von islamischen Einrichtungen unter anderem in den Bereichen Bildung und medizinische Versorgung stützen. Ihre Führer, islamische Geistliche und Intifada-Aktivisten, propagieren einen islamischen Staat und lehnen Israel kompromisslos ab. Um ihr oberstes Ziel, die Vernichtung Israels, zu erreichen, setzten die Fundamentalisten auf die Wirkung von Terroranschlägen und Selbstmordattentaten.
Die Verschärfung des innerpolitischen Konflikts in Israel wurde besonders deutlich mit dem Mord an Ministerpräsident Yitzhak Rabin am 4. November 1995. Mit dem anschließenden knappen Wahlerfolg der konservativen Koalition unter der Führung des früheren Likud-Vorsitzenden Benjamin Netanjahu im Juni 1996 kam der Friedensprozess vorläufig zum Stillstand. Erst die aus den Wahlen von 1999 hervorgegangene israelische Regierung unter der Führung des damaligen Chefs der Arbeitspartei, Ehud Barak, einigte sich mit Arafat darauf, die Verhandlungen über den endgültigen Status des palästinensischen Gemeinwesens bis September 2000 abzuschließen. Als deutlich wurde, dass sich Arafat und die israelische Führung insbesondere in den Fragen der Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und des Status von Jerusalem nicht so schnell einigen konnten, trat Barak am 9. Dezember 2000 von seinem Amt als Ministerpräsident zurück. Bei Neuwahlen am 6. Februar 2001 erzielte der Kandidat der Likud-Partei, Ariel Scharon, einen deutlichen Wahlsieg über Barak und bildete eine Koalitionsregierung, an der sich auch die Arbeitspartei mit Schimon Peres als Außenminister beteiligte. Diese Regierung versucht seitdem, den Aufstand der Palästinenser mit militärischen Mitteln niederzuschlagen. Das Sicherheitskonzept Scharons schien bereits zu Beginn seiner Amtszeit nicht aufzugehen, sondern vielmehr die Eskalation der Gewalt auf beiden Seiten voranzutreiben. Besonders die Anzahl und das Ausmaß der palästinensischen Selbstmordattentate nahm seit dieser Zeit deutlich zu. Nach einem arabischen Gipfeltreffen Ende März des Berichtsjahres verkündeten Ägypten und Jordanien ihren Friedensplan für den Nahen Osten, der jedoch von der israelischen Regierung abgelehnt wurde. In der ägyptisch-jordanischen Initiative wurde der Rückzug der israelischen Truppen in ihre Stellungen vor Ausbruch der Al-Aqsa-Intifada vorgeschlagen. Am 5. Mai hatte eine Kommission unter der Leitung des früheren US-Senators George Mitchell einen Bericht über die Hintergründe der Al-Aqsa-Intifada vorgelegt, der einen Stufenplan vorschlägt, an dessen Ende neue Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern stehen sollen.
Beide Dokumente fordern einen Waffenstillstand, vertrauensbildende Maßnahmen, die Wiederaufnahme der Sicherheitskooperation, die Einstellung des israelischen Siedlungsbaus und das Ende des Terrorismus. Scharon konnte den Mitchell-Bericht für seine politischen Zwecke vereinnahmen, indem er von Arafat die Durchsetzung einer bedingungslosen Waffenruhe forderte, die er sogleich einseitig verkündigte. Als sich am 1. Juni ein palästinensischer Selbstmordattentäter vor einer Disco in Tel Aviv in die Luft sprengte, 21 israelische Jugendliche mit in den Tod riss und über 100 verletzte, schlug die Stimmung weiter zu Ungunsten der Palästinenser um.
Am 9. August sprengte sich ein palästinensischer Selbstmordattentäter in einem Pizzarestaurant in der Jerusalemer Innenstadt in die Luft, tötete dabei mindestens 15 Passanten, darunter sechs Kleinkinder, und verletzte mehr als 80 Personen. Zu diesem Attentat bekannte sich der Jihad Islami. Ferner begrüßte diese Gruppe ebenso wie die Hamas die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington am 11. September. Im Gegensatz zu Arafat, der sich von Anfang an offiziell auf die Seite der USA stellte, verknüpfen Jihad Islami und Hamas die Terroranschläge direkt mit einer gewaltsamen Lösung des Nahostkonflikts. Seit US-Präsident George W. Bush die arabischen Staaten als Verbündete in seiner internationalen Terrorallianz braucht, drängen auch Saudi-Arabien, Ägypten und Syrien auf schnelle Fortschritte im Nahostkonflikt als Gegenleistung. Scharon fürchtete, dass Israel Konzessionen an die Palästinenser abverlangt werden, um die arabischen Allianzpartner zufrieden zu stellen. Er verglich die neue Nahostpolitik der USA mit dem Kniefall vor Nazideutschland nach der Sudetenkrise. Auf noch größere Ablehnung bei Scharon stießen die Vermittlungsversuche der EU, insbesondere durch den deutschen Außenminister Joschka Fischer, der sich mehrfach für die Wiederaufnahme von bilateralen Verhandlungsgesprächen zwischen Israelis und Palästinensern einsetzte.
Um wenigstens eine Waffenruhe in den besetzten Gebieten zu erreichen, unternahmen Israel und die palästinensische Führung am 28. September einen neuen Gesprächsversuch. Doch auch am ersten Jahrestag der Al-Aqsa-Intifada und wenige Stunden nach einem versöhnlichen Treffen zwischen Peres und Arafat kam es im südlichen Gaza-Streifen zu schweren Zusammenstößen. Am 17. Oktober erschossen Mitglieder der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP) den israelischen Tourismusminister Rehavam Zeevi in dessen Hotel im arabischen Ostjerusalem. Zeevi hatte als Gegner des Nahostfriedensprozesses für einen "friedlichen Transfer" der Araber in ein arabisches Nachbarland plädiert und aus Protest gegen den Abzug der Israelis aus zwei zuvor besetzten Vierteln in Hebron und die eventuelle Wiederbelebung des Osloer Friedensprozesses zusammen mit Verkehrsminister Avigdor Lieberman bereits seinen Rücktritt aus der Regierung eingereicht. Scharon lastete Arafat den Mord persönlich an, da es Aufgabe seiner palästinensischen Autonomiebehörde sei, für Sicherheit und Ordnung in den palästinensischen Gebieten zu sorgen.
Während 2000 etwa 350 Menschen ums Leben kamen, sind im Berichtsjahr mehr als 900 Tote zu beklagen, darunter etwa 650 Palästinenser. Das palästinensische Bruttosozialprodukt sackte allein im ersten Halbjahr 2001 um mehr als die Hälfte auf etwa 4 Milliarden US-Dollar ab, während die Arbeitslosigkeit in den Autonomiegebieten auf etwa 56 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung von 530.000 und im Vergleich zu Israel deutlich überproportional anstieg. Diese Zahlen verdeutlichen die wirtschaftliche Abhängigkeit der Palästinenser von Israel, denn die in 67 Sektoren zerstückelten und infrastrukturell benachteiligten palästinensischen Gebiete wurden vom israelischen Militär allein zwischen 1994 und 2000 an insgesamt 600 Tagen strikt abgeriegelt. Bislang hat die israelische Armee nur Gegenden geräumt, in denen keine jüdischen Siedlungen errichtet wurden. Alle jüdischen Siedlungen befinden sich unter israelischer Kontrolle, in denen für Palästinenser israelisches Militärrecht und für die Siedler israelisches Zivil- und Strafrecht gilt. Durch ihre Ausgrenzungspolitik hat die israelische Regierung das soziale Konfliktpotenzial bei der palästinensischen Bevölkerung verschärft. Geschürt von radikalen Israelis wie Palästinensern dreht sich die Spirale von Terror und Vergeltung immer weiter.
Schon vor den Terroranschlägen in den USA hielt die israelische Armeeführung einen regionalen Krieg im Nahen Osten für möglich, denn die Al-Aqsa-Intifada könnte sich noch über mehrere Jahre fortsetzen und dabei sogar die Nachbarstaaten in einen Krieg hineinziehen. Ein Waffenstillstandsabkommen mit Arafat würde die Gewalt in den Autonomiegebieten nur vorübergehend beenden und Arafat so schwächen, dass radikale Organisationen wie Hamas und Jihad Islami gestärkt daraus hervorgingen. Der Friedensprozess im Nahen Osten, der Anfang der 1990er Jahre große Hoffnungen geweckt hatte, scheint sowohl auf israelischer wie auf palästinensischer Seite in weite Ferne gerückt zu sein. Jedes Gespräch zwischen den Verantwortlichen auf beiden Seiten muss deshalb als Erfolg für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses gewertet werden. Wie schwer selbst dies zur Zeit ist, zeigen seit November 2001 die Vermittlungsbemühungen des US-Amerikaners Anthony Zinni, der ursprünglich die Verwirklichung des Mitchell-Stufenplans begleiten sollte.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
vgl. Israel (Palästina) aktuell
Mike Waldner
Libanon (Hizb-allah/Israel, "Sommerkrieg", 2006)
AKUF-Datenbanknr.: |
312 |
Kriegsdauer: |
15.07.2006 - 14.08.2006 |
Kriegstyp: |
E-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter |
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Kriegführende |
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Seite A |
Israel |
Seite B |
hizb-allah |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Krieg im Sommer 2006 zwischen der libanesisch-schiitischen hizb-allah (Partei Gottes) und Israel war trotz der langen Konfliktgeschichte in seiner plötzlichen Intensität überraschend und in seinen Ergebnissen sowohl für die innere Stabilität des Libanons als auch für den Abschreckungscharakter des israelischen Militärs kontraproduktiv. Die Ziele der israelischen Kriegsführung - die Befreiung zweier durch die hizb-allah gefangengenommener israelischer Soldaten und die Auslöschung oder zumindest starke Schwächung der proiranischen Miliz - wurden nicht oder nur teilweise erreicht. Die Popularität der hizb-allah im Libanon und bei großen Teilen der Bevölkerung der islamischen Welt wurde sogar gestärkt. Der Konflikt wurde vorwiegend auf Kosten der israelischen und vor allem der libanesischen Zivilbevölkerung ausgetragen.
Im Libanon, einstmals zusammen mit Syrien eine Provinz im Osmanischen Reich und nach dem Ersten Weltkrieg von der französischen Mandatsmacht nach eigenen Interessen zu einem mit 10.452 Quadratkilometern sehr kleinen Gebiet geformt, leben 18 anerkannte Religionsgemeinschaften. Zu nennen sind unter den christlichen Konfessionen vor allem die mit der römisch-katholischen Kirche unierten Maroniten sowie die griechisch-orthodoxen und griechisch-katholischen Gemeinschaften, unter den islamischen Gruppierungen vor allem Schiiten, Sunniten und Drusen.
Zwischen einigen dieser religiösen Gruppierungen gab es bereits im 19. Jahrhundert gewaltsame Konflikte, die auch nach der Unabhängigkeit des Libanon 1943 nicht beigelegt werden konnten. Um eine Partizipation aller Gruppen innerhalb der stark klientelistisch geprägten parlamentarischen Demokratie zu gewährleisten, werden Regierungsämter und Sitze im Parlament nach einem Proporzsystem auf die verschiedenen religiösen Fraktionen verteilt, wobei der Staatspräsident ein Maronit, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentssprecher ein Schiit sein muss. Grundlage dieser Ämterverteilung sind die Daten einer Volkszählung von 1932, bei der die Christen knapp in der Mehrheit waren. Obwohl sich im Laufe der Jahre eine kontinuierliche demographische Veränderung zugunsten der muslimischen (zurzeit circa 65 Prozent) und vor allem der schiitischen Bevölkerung (circa 34 Prozent) vollzog, findet diese bis heute keinen angemessenen Ausdruck in einer Anpassung des Proporzsystems, das für eine starke Fragmentierung der libanesischen Gesellschaft sorgt und eine nationale Identitätsbildung verhindert.
Das Aufkommen einerseits linksorientierter Strömungen und andererseits arabisch-nationalistischer Bewegungen forcierte weitere gesellschaftliche Konflikte, die sich Anfang der 1970er Jahre noch durch eine schwere Rezession verschärften. Insbesondere die verstärkten Kommandoaktionen auf israelisches Gebiet durch die 1970/71 aus Jordanien vertriebenen palästinensischen Guerillas sowie die militärischen Reaktionen Israels auf diese Angriffe führten zu einer weitergehenden Polarisierung der libanesischen Gesellschaft. Die staatliche Zentralgewalt - die ohnehin durch konkurrierende Familien- und Clanbindungen und den damit verbundenen Patronagesystemen schwach war - hatte der Palestine Liberation Organisation (PLO) im Cairo Agreement 1969 weitgehende Rechte zur Kriegsführung vom libanesischen Territorium aus zugesichert und die staatliche Oberhoheit über die 16 palästinensischen Flüchtlingslager de facto abgetreten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt begannen die einzelnen konfessionellen Gruppen im Libanon Milizen zu organisieren und ein innerstaatlicher Krieg mit wechselnden Fronten und Allianzen begann, in dessen Verlauf (1975-1990) Syrien und Israel mehrfach intervenierten und große Teile des Landes besetzten.
Israel verfolgte mit seinen Interventionen 1978 und insbesondere 1982 die Ziele, die PLO endgültig zu zerschlagen, den Einfluss Syriens auf den Libanon einzudämmen und eine proisraelische, christlich-maronitische Regierung in Beirut zu etablieren. Unterstützt wurden die israelischen Streitkräfte durch die israelisch finanzierte South Lebanese Army (SLA). Die Mobilisierung der Schiiten im Libanon hatte bereits Anfang der 1970er Jahre begonnen und seit 1975 waren sie größtenteils in der Partei afwaj al-muqawama al-lubnaniya (amal, Bataillone des libanesischen Widerstandes) und ihrer Miliz organisiert. Ihre Radikalisierung nahm durch die israelische Besatzung und das Massaker von Sabra und Schatila im September 1982 weiter zu. Unter dem Einfluss der iranischen Revolution bildeten sich Anfang der 1980er Jahre weitere schiitische Milizen in Konkurrenz zur eher moderaten amal, aus denen auch die hizb-allah hervorging. Deren Ziele waren neben einer besseren politischen und sozioökonomischen Positionierung der schiitischen Bevölkerung auch die Errichtung eines islamischen Gottesstaates im Libanon und die "Befreiung" Jerusalems.
Auch nach Ende des Bürgerkrieges 1990 hielt Israel im Südlibanon eine etwa 800 Quadratkilometer große "Sicherheitszone" zum Schutz der nordisraelischen Bevölkerung vor Angriffen der verschiedenen vom Libanon aus operierenden palästinensischen und schiitischen Milizen besetzt, wobei die hizb-allah ihren Hauptgegner darstellte. Als einzige Miliz durfte sie offiziell ihre Waffen behalten, um in "nationaler Mission" einen "Widerstandskampf" gegen die israelische Besatzung zu führen. In dieser Phase transformierte sich die hizb-allah von einer Bürgerkriegsmiliz zu einer politischen Partei mit breiter Basis im Libanon, die umfangreiche Sozialprojekte betreibt und dabei nicht nur staatliche Funktionen ausfüllte, sondern im Südlibanon einen de facto Staat im Staate bildete, der unter der militärischen Kontrolle ihres bewaffneten Flügels stand. Durch ihr Image als "heroische Widerstandsbewegung" und durch ihre zumindest vorgegebene Abkehr von radikal-islamischen hin zu national-libanesischen Zielen, konnte die hizb-allah nicht nur unter der schiitischen Bevölkerung des Libanon Sympathien erringen. Aufgrund zunehmendem innenpolitischen sowie internationalen Druck beschloss das israelische Kabinett unter Premierminister Ehud Barak im März 2000 einen bedingungslosen und vollständigen Truppenrückzug gemäß der UN-Resolution 425 von 1978, der bereits am 24. Mai desselben Jahres abgeschlossen wurde. Auch die SLA wurde zur Aufgabe gezwungen. Nach dem Abzug der israelischen Streitkräfte übernahm die hizb-allah die militärische Kontrolle über die Region.
Die Jahre 2000 bis 2005 waren gekennzeichnet von sporadischen Zusammenstößen an der Grenze auf deutlich vermindertem Niveau und diversen Verletzungen der territorialen Integrität des Libanons durch die israelische Armee, Marine und Luftwaffe. Die hizb-allah reagierte mit Flugabwehrfeuer, führte ihrerseits kleinere Kommandoaktionen im Grenzgebiet aus und griff israelische Militärpositionen mit Artillerie an. Auf Angriffe der libanesischen Miliz folgten in aller Regel Vergeltungsaktionen der israelischen Armee gegen Stellungen der hizb-allah aber auch auf schiitische Dörfer im Südlibanon. Die israelische Regierung erklärte darüber hinaus, dass die zunehmende logistische, finanzielle und militärische Unterstützung des palästinensischen Widerstandskampfes durch die libanesische Miliz nicht länger hingenommen werden könne. Seit 2000 wurden in dem bewaffneten Konflikt circa 14 israelische Soldaten getötet und um die 50 verwundet, die Opferzahlen auf libanesischer Seite waren sowohl unter der Zivilbevölkerung als auch unter den Guerillakämpfern deutlich höher. Die Zahl der getöteten Angehörigen der seit 1978 im Südlibanon stationierten Beobachtermission United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) stieg auf über 250.
Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen stand das 28 Quadratkilometer große, wasserreiche Gebiet der Shebaa Farms, das Israel 1967 zusammen mit den syrischen Golanhöhen zunächst besetzt und 1981 annektiert hatte. Nach Meinung Israels und der UN gehört das Gebiet zu Syrien und kann demzufolge nur im Rahmen eines Friedensvertrages zurückgegeben werden. Demgegenüber vertritt vor allem die hizb-allah - unterstützt von der libanesischen Regierung - die Ansicht, die seit Generationen von libanesischen Bauern bewirtschafteten Shebaa Farms gehörten zum libanesischen Territorium. Der Rückzug sei somit nicht vollständig erfolgt, weshalb der "Widerstandskampf" gegen Israel fortgesetzt werden müsse. Syrien hat das Gebiet zwar dem Libanon zugesprochen, dies jedoch bisher nicht in einem Vertrag fixiert.
Die Territorialfrage war jedoch nicht das einzige Motiv der hizb-allah unter der Führung von Scheich Sayyid Hassan Nasrallah. Die Partei und Miliz steht dem Iran ideologisch noch immer sehr nahe und ist finanziell und insbesondere für ihre Bewaffnung stark von diesem sowie Syrien als Transitland abhängig. Damit war die hizb-allah zumindest in gewissem Umfang Befehlsempfänger regionaler Akteure, die über die libanesische Miliz einen Stellvertreterkrieg auf niedrigem Niveau mit Israel führten. Syrien erinnerte auf diese Weise an seinen Anspruch auf die Golanhöhen und der Iran baute so einen Gegner direkt an der israelischen Grenze auf, der im Falle eines Angriffs der USA oder Israels auf den Iran eine ernst zu nehmende Gefahr für die Zivilbevölkerung im Norden Israels darstellt. Darüber hinaus definierte sich die hizb-allah selbst als Partei des Widerstandes und zumindest ihr bewaffneter Arm würde durch eine Beilegung des Konflikts mit Israel obsolet werden. Die libanesische Regierung nahm in diesem Konflikt eine ambivalente Rolle ein. So legitimierte sie einerseits den Widerstand der hizb-allah und stationierte keine regulären Truppen im Grenzgebiet, was zu Konflikten mit der schiitischen Miliz geführt und den innerstaatlichen Frieden gefährdet hätte. Andererseits war sie aber angesichts der militärischen Übermacht Israels stets darum bemüht, eine Eskalation in einen zwischenstaatlichen Konflikt zu vermeiden.
Die innenpolitische Situation im Libanon war seit Ende 2004 ohnehin sehr angespannt. Nach einer schweren Regierungskrise und der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri am 14. Februar 2005, der das wohl prominentestes Opfer einer Reihe von Mordanschlägen auf syrienkritische Politiker und Journalisten darstellt, bildete sich die in westlichen Medien als "Zedernrevolution" bezeichnete friedliche Protestwelle, die sich vehement für eine Beendigung der seit dem Bürgerkrieg evidenten syrischen Einflussnahme aussprach. Unter diesem innerlibanesischem und dem externen Druck auf Basis der UN-Resolution 1559 vom September 2004 beendete Syrien seine seit 30 Jahren andauernde de facto Besatzung. Auch bei den Parlamentswahlen 2005 siegte das anti-syrische Wahlbündnis. Doch parallel dazu konnten ebenfalls die Schiiten und die pro-syrischen Fraktionen unter den Christen im Libanon ihren Einfluss ausbauen. So haben hizb-allah und amal seit den Wahlen 35 von 128 Sitze im Parlament inne und stellen zwei Minister. Auch die mit der hizb-allah verbündete Free Patriotic Movement (FPM) unter dem christlichen Ex-General Michel Aoun, der 2005 nach 15 Jahren Exil in den Libanon zurückkehrte, hält 21 Sitze im Parlament.
Der Beginn des Berichtsjahres 2006 war zunächst überschattet von einer Verschärfung des politischen Konflikts zwischen den pro- und anti-syrischen Kräften im Land, der sich insbesondere an den Ergebnissen der 2005 vom UN-Sicherheitsrat ins Leben gerufenen United Nations International Independent Investigation Commission (UNIIIC) zur Aufklärung des Hariri-Mordes entzündete. Demnach waren hochrangige syrische Offizielle in dieses Attentat und die 14 weiteren seitdem verübten Ermordungen verwickelt. Pro-syrische Minister versuchten durch einen Boykott der Regierungsgeschäfte den politischen Reformprozess zu lähmen sowie die Errichtung eines internationalen Tribunals zur Klärung der Anschuldigungen und eine in der neuen Regierung kontrovers diskutierte Entwaffnung der hizb-allah zu verhindern.
Als Vorspiel des Krieges im Sommer 2006 ist ein Raketenangriff der hizb-allah auf eine israelische Militärbasis und mehrere Militärfahrzeuge am 28. Mai zu bewerten, der als Reaktion auf ein Attentat auf den Führer des Jihad Islami im Libanon durchgeführt wurde. Die israelische Luftwaffe bombardierte daraufhin ein palästinensisches Flüchtlingslager im Libanon und führte an der Grenze Artilleriegefechte mit hizb-allah-Milizionären, die sich am darauf folgenden Tag noch verstärkten. Der letztendliche casus belli war schließlich am 12. Juli ein Angriff der hizb-allah auf eine israelische Patrouille im Grenzgebiet, wobei drei Soldaten getötet und zwei gefangengenommen wurden. Die schiitische Miliz wollte nach eigenen Angaben mit den Soldaten einen Gefangenenaustausch erzwingen. Sicherlich diente die Aktion aber auch der Unterstützung der Palästinenser während der israelischen Militäroperation im Gaza-Streifen (vgl. den Bericht zu Israel (Palästina)).
Der Krieg zwischen dem 12. Juli und dem 14. August 2006 lässt sich in mehrere Phasen gliedern. Zunächst versuchte das israelische Militär die Verschleppung der gefangengenommenen Soldaten ins Landesinnere zu verhindern und Vergeltung für die Militäraktion der Miliz zu üben. Die Luftwaffe führte dabei innerhalb der ersten 24 Stunden über 100 Luftangriffe auf Brücken und Straßen im Südlibanon sowie auf vermutete Stellungen der hizb-allah durch. Parallel dazu bombardierten israelische Kriegsschiffe den Flughafen von Beirut. Die schiitische Miliz beschoss daraufhin zwei Städte im Norden Israels mit ungelenkten Katyusha-Raketen.
Bereits am 14. Juli wurde der Libanon durch eine See-, Luft- und Landblockade praktisch vollständig abgeriegelt. Die hizb-allah feuerte in den darauf folgenden Tagen hunderte von Raketen nach Nordisrael und beschoss ein israelisches Kriegsschiff, möglicherweise mit Radarunterstützung seitens der libanesischen Armee. Aber auch die israelische Armee weitete ihre Angriffe aus und zerstörte Infrastruktur sowie Treibstofftanks im gesamten Libanon und bombardierte neben den Dörfern im Südlibanon und den südlichen Stadtvierteln Beiruts, in denen größtenteils Schiiten leben, auch Stadtviertel und Regionen, die fast ausschließlich von eher prowestlichen christlichen Maroniten bewohnt werden. Erste Vermittlungsbemühungen der UN scheiterten.
Nachdem eine schnelle Befreiung der Soldaten offensichtlich gescheitert war, änderte Israel sein strategisches Ziel dahingehend, die schiitische Miliz militärisch zu vernichten. Durch die Zerstörung der libanesischen Infrastruktur versuchte Israel die Bevölkerung gegen die hizb-allah aufzubringen und Druck auf die Regierung auszuüben, die Miliz zu entwaffnen - wozu diese jedoch weder politisch noch militärisch in der Lage gewesen wäre. Ganz im Gegenteil solidarisierte sich aber aufgrund der hohen zivilen Opferzahlen die Mehrheit der Libanesen mit dem Kampf der hizb-allah gegen das militärisch weit überlegene Israel. Letzteres begann mit einer Bodenoffensive im Südlibanon und forderte die dort verbliebenden circa 250.000 Menschen zum Verlassen der Region auf. Bis zum 22. Juli waren über 2.000 israelische Soldaten auf libanesisches Territorium vorgerückt und lieferten sich dort am 27. und 28. Juli besonders in der Umgebung von Bint Schebel heftige Gefechte mit der hizb-allah, während diese unvermindert Raketen auf Nordisrael schoss. Während Israel seine Luftangriffe im ganzen Land fortsetzte, wobei die Mehrheit der Ziele ziviler Art waren, wurde auf diplomatischer Ebene über eine Erhöhung der UNIFIL-Truppenstärke und eine Veränderung des Mandats sowie eine Libanon-Resolution des Sicherheitsrates diskutiert. Am 25. und am 29. Juli trafen israelische Präzisionsbomben zudem zwei deutlich gekennzeichnete UNIFIL-Beobachterposten, wobei vier UN-Soldaten ums Leben kamen und mehrere verletzt wurden.
Der israelische Angriff auf das Dorf Kana am 30. Juli markierte eine weitere Eskalationsstufe innerhalb des Kriegsverlaufs. Letztendlich kamen dort weniger Menschen ums Leben als zunächst befürchtet wurde, jedoch weckte der Angriff Erinnerungen an einen israelischen Angriff im gleichen Ort 1996, bei dem über 100 Zivilisten, die in einen UNIFIL-Beobachterposten geflüchtet waren, getötet worden waren. In dieser Phase des Krieges wurde zudem durch die Bombardierung küstennaher Öltanks eine Ölpest im östlichen Mittelmeer ausgelöst. Eine 48-stündige Feuerpause ab dem 31. Juli wurde von beiden Seiten nur eingeschränkt eingehalten.
Anfang August zerstörte die israelische Armee auch die letzten möglichen Versorgungswege von Syrien in den Libanon, was das Ende jeglicher Hilfslieferungen bedeutete und vor allem die Situation der Flüchtlinge dramatisch verschärfte. Israelische Elitetruppen führten mehrere Kommandoaktionen gegen hizb-allah-Stellungen durch, die Luftangriffe wurden fortgesetzt und die Regierung ließ weitere 30.000 Reservisten einberufen. Aber auch der Vorrat an Katyusha-Raketen seitens der libanesisch-schiitischen Miliz schien nicht erschöpft, so feuerte die Guerillatruppe allein am 5. August mindestens 175 Raketen nach Nordisrael. In dieser Phase griff die libanesische Armee kurzzeitig in die Kampfhandlungen ein, indem sie israelische Hubschrauber eines Spezialkommandos nahe Tyros mit Luftabwehrraketen beschoss.
Die letzte Phase des Krieges wurde durch die einstimmige Annahme der Resolution 1701 vom UN-Sicherheitsrat am 11. August eingeleitet, nachdem sich das traditionell dem Libanon verpflichtete Frankreich und die Israel unterstützenden USA nach langem Ringen auf einen gemeinsamen Text einigen konnten. Neben einer sofortigen Waffenruhe forderte die Resolution Israel zu einem vollständigen Truppenrückzug bei einer gleichzeitigen Stationierung von 15.000 Soldaten der libanesischen Armee im Südlibanon auf. Zudem wurde die Entwaffnung der hizb-allah gefordert und eine schnelle Aufstockung der UNIFIL-Truppe auf ebenfalls 15.000 Soldaten beschlossen, die das Grenzgebiet zu Israel sichern und weitere Waffenlieferungen in den Libanon unterbinden sollte. Die Mission wurde nun mit einem robusten Mandat ausgestattet. Die hizb-allah stimmte der Resolution zu, kündigte aber an, noch so lange zu kämpfen, bis die israelische Bodenoffensive beendet sei. Trotzdem weitete Israel diese zunächst noch aus. Seine Luftwaffe flog in dieser letzten Kriegsphase Angriffe auf eine libanesische Armeebasis sowie auf zivile Ziele, wobei mehrere Wohnblöcke in Beirut zerstört wurden. Auch die hizb-allah feuerte unvermindert Raketen nach Nordisrael. Am Morgen des 14. August begann schließlich die vereinbarte Waffenruhe, die von beiden Parteien eingehalten wurde.
Auch nach Ende des eigentlichen Krieges führte die israelische Armee noch einige Kommandounternehmen durch und geriet durch Verletzungen der territorialen Integrität des Libanons und kleinere Kampfhandlungen auch mit den etappenweise seit Anfang September stationierten UNIFIL-Truppen aneinander. Am 7. und 8. September hob Israel die Luft- und Seeblockade auf, bis zum Oktober hatte es den größten Teil seiner Truppen aus dem nördlichen Nachbarland abgezogen und erklärte sich zu indirekten Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch bereit. Aufgrund ihrer durch den Krieg gestärkten gesellschaftlichen Position verweigerte die hizb-allah eine Entwaffnung. Ganz im Gegenteil versuchte sie in ihrer Allianz mit Aouns FPM die angeblich zu prowestliche und ohnmächtige Regierung in Beirut zu Fall zu bringen. Die Miliz stilisierte ihr Image als Widerstandsgruppe gegen Israel und nutzte ihre größtenteils aus dem Iran stammenden Finanzmittel, um den Wiederaufbau im Süden schnell voranzutreiben. Dem wurde begrenzt durch internationale Geberkonferenzen entgegengewirkt.
Insgesamt hat die hizb-allah über 4.000 Raketen auf Nordisrael abgefeuert, wobei 44 Zivilisten getötet und knapp 700 verletzt wurden. Zeitweise hatten sich bis zu 300.000 Menschen im Süden Israels in Sicherheit gebracht. 119 israelische Soldaten fielen bei den Kampfhandlungen, die zwei Gefangengenommenen waren zum Jahresende immer noch nicht frei. Auf libanesischer Seite wurden knapp 2.000 Zivilisten getötet, mehr als 4.400 verletzt und eine Million Menschen zu Flüchtlingen. 46 libanesische Soldaten starben, circa 100 wurden verletzt, die genaue Zahl der getöteten hizb-allah-Milizionäre ist nicht bekannt, Schätzungen liegen zwischen 250 und 530. Darüber hinaus starben sechs Angehörige der UNIFIL-Mission und neun wurden verletzt. Der UN-Menschenrechtsrat hat eine Untersuchungskommission zu Kriegsverbrechen von Seiten beider Konfliktakteure eingesetzt. Israel setzte außerdem während des Krieges im großen Umfang Streubomben ein. Nach dem Krieg wurde unter der israelischen Bevölkerung erhebliche Kritik an der militärischen Strategie geäußert und eine Untersuchungskommission einberufen, die das Verhalten der israelischen Armee sowie die Planung des Krieges durch die Regierung bewerten soll.
Vor allem aber die libanesische Regierung ist durch den Krieg innenpolitisch unter Druck geraten. Obwohl Ministerpräsident Fuad Siniora öffentlich erklärte, dass der Libanon das letzte Land sein werde, das mit Israel Frieden schließe, stand sie im Kreuzfeuer der Kritik durch die libanesischen Oppositionskräfte. Zum Ende des Berichtsjahres, insbesondere nach der Ermordung des populären anti-syrischen Ministers Pierre Gemayel und mehreren, teilweise gewaltsamen Massendemonstrationen und anderen kleineren Zusammenstößen, war die Stabilität der Regierung sehr fragil. Die libanesische Gesellschaft ist zwischen pro- und anti-syrischen Kräften gespalten. Dazu kommen neben den traditionellen konfessionellen insbesondere auch soziale Konflikte. Neuwahlen, ein gewaltsamer Umbruch und selbst ein erneutes Abgleiten in einen Bürgerkrieg scheinen in dieser Situation nicht undenkbar. Ein Friedensschluss mit Israel jedoch wird nur im Kontext einer Bearbeitung aller regionalen Konfliktfelder zu erreichen sein.
Mara Albrecht