Mexiko
Kriege in Mexiko seit 1945
Mexiko (Chiapas, EZLN, 1994 - 1995)
AKUF-Datenbanknr.: |
218 |
Kriegsdauer: |
01.01.1994 - 3/1995 |
Kriegstyp: |
AB-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite B (Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg) |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) |
Seite B |
Mexiko; später auch Paramilitärs ("guarias blancas" im Dienste der Großgrundbesitzer) und regierungsparteinahe Dorfautoritäten ("caciques") |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Zeitgleich mit dem offiziellen Eintritt Mexikos in die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA) am 1. Januar 1994 erhoben sich Teile der indigenen Bevölkerung des südmexikanischen Bundesstaates Chiapas in einem bewaffneten Aufstand gegen die mexikanische Zentralregierung. Die politischen Ziele der Guerrilla-Organisation Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN, "Zapatistische Nationale Befreiungsarmee") bestanden in der Demokratisierung des mexikanischen Regierungssystems und in der Erreichung sozialer Chancengleichheit und politischer Autonomie für die von der Zentralregierung seit langem marginalisierten Indio-Völker Mexikos.
Die Ursachen des Aufstandes und die Forderungen des EZLN stehen in direktem Zusammenhang mit den vollkommen unzureichenden sozialen und wirtschaftlichen Strukturen des weitgehend vernachlässigten Südens Mexikos. Chiapas gehört neben den benachbarten Bundesstaaten Oaxaca und Guerrero zu den ärmsten mexikanischen Provinzen und ist besonders stark von der politischen Unterdrückung durch die mexikanische Zentralregierung betroffen. Der Großteil der indigenen Bevölkerung lebt unter katastrophalen sozialen Bedingungen. In der Hoffnung, im Dialog mit der Regierung eine Lösung für diese existentiellen Probleme der indígenas zu finden, erklärten sich die Zapatisten bald nach dem Aufstand zu Friedensverhandlungen bereit.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Trotz zahlreicher Gespräche zwischen Vertretern der Regierung und des EZLN, die von einer parlamentarischen und einer kirchlichen Vermittlungskommission betreut werden, konnten die Konfliktparteien in den folgenden Jahren keinerlei Fortschritte hinsichtlich einer Befriedung des Konflikts erzielen. Der gesamte Verhandlungsverlauf wurde zunächst immer wieder von Kampfhandlungen unterbrochen, die im Februar / März 1995 in einer überraschenden, breiten Militäroffensive gegen den EZLN ihren vorläufigen Höhepunkt fanden.
Mit staatlichen und parastaatlichen Terrormaßnahmen versucht die Regierung nicht nur die bewaffnete Opposition, sondern auch die zivilen Strukturen des sozialen Widerstands zu zerstören. Militär- und Polizeieinheiten sowie Paramilitärs im Dienste der Großgrundbesitzer ermorden, foltern, entführen und bedrohen systematisch Sympathisanten des EZLN sowie Mitglieder von Bauern- und Menschenrechtsorganisationen.
Insgesamt läßt sich zwar seit der militärischen Offensive auf mehrere "Hochburgen" des EZLN im Februar / März 1995 eine Abnahme der Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen feststellen, d.h. es fanden in den folgenden Jahren keine kontinuierlichen und intensiven Kampfhandlungen der Konfliktparteien mehr statt. Es ist jedoch weiterhin massive Militärpräsenz in Chiapas zu beobachten, was sich auf die Strategie eines "Krieges der niedrigen Intensität" von seiten der Regierung von Präsident Ernesto Zedillo zurückführen läßt. Die jüngste Gewaltwelle des im Dezember 1997 in Acteal (Gemeinde Chenalhó) durch paramilitärische Einheiten verübten Massakers an 45 tzotzil-indígenas weist - obwohl offensichtlich von der Regierungspartei geduldet, wenn nicht sogar heimlich unterstützt - keine klaren Anzeichen strategisch geplanter Kriegsführung von seiten des mexikanischen Militärs auf. Daher kann in Chiapas seit Mitte 1995 nicht mehr von einem Krieg gesprochen werden, sondern es muß von einem kontinuierlichen bewaffneten Konflikt ausgegangen werden, der allerdings an Gewalttätigkeit und Repression kaum eingebüßt hat.
Ob sich die Rahmenbedingungen und Perspektiven für eine friedliche Beilegung des Konflikts verbessert haben, muß weiterhin stark bezweifelt werden. Die anhaltend hohe Militarisierung und Repression in Chiapas zeugt vom fehlenden Willen der Regierung, eine politische Lösung zu finden und den Konflikt auf dem Wege von Friedensverhandlungen gewaltfrei beizulegen. Statt dessen verschärften sich die Konflikte zwischen der Zentralregierung und lokalen Bevölkerungsgruppen in jüngster Zeit auch in anderen Bundesstaaten. Außer Chiapas werden insbesondere die Bundesstaaten Guerrero und Oaxaca zunehmend militarisiert.
Anne Steckner
Bewaffnete Konflike in Mexiko seit 1993
- Mexiko (EPR, 1996 - 2000)
- Mexiko (Chiapas, 1995 - 2000)