Honduras
Kriege in Honduras seit 1945
El Salvador / Honduras ("Fußballkrieg", 1969)
AKUF-Datenbanknr.: |
100 |
Kriegsdauer: |
14.07.1969 - 18.07.1969 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (OAS) |
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Kriegführende |
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Seite A |
El Salvador |
Seite B |
Honduras |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
El Salvador, das als das industriell am weitesten entwickelte Land der Region zunächst am meisten von der Integration in einen gemeinsamen mittelamerikanischen Markt profitiert hatte, stieß auch am ehesten an die dem Integrationsmodell innewohnenden Grenzen, d.h. an die regionale Binnenmarktenge, die sich aus dem Integrationskonzept ergab. Durch einfache Addition der Märkte der Region war ein Absatzmarkt für die sich entwickelnde Industrieproduktion geschaffen worden, ohne eine wesentliche Erweiterung der Konsumentenschichten in den einzelnen Mitgliedsländern herbeizuführen, was vor allem die Interessen der herrschenden Agraroligarchien/-bourgeoisien getroffen hätte. Das salvadorenische Machtkartell von Militär und Agrarbourgeoisie versuchte, die sich abzeichnende Wirtschaftskrise nicht nur dadurch abzufangen, dass es unter Verletzung der Integrationsbestimmungen auf den hondurenischen Markt expandierte, sondern auch, indem es die bereits seit Jahrzehnten stattfindende Migration von Teilen der Bevölkerung in die Nachbarländer, vor allem nach Honduras, weiter förderte. Dem begegnete Honduras mit der Wiedereinführung protektionistischer Maßnahmen, der Nichtverlängerung des Migrationsvertrages zwischen Honduras und El Salvador 1969 sowie der Rückvertreibung der in Honduras lebenden salvadorenischen Siedler. Letztes lag in der Politik der hondurenischen Militärregierung begründet, die sich seit 1967 zuspitzenden Landkonflikte in Honduras durch eine Agrarreform unter Kontrolle zu bringen, die die von den salvadorenischen "squattern" besetzten Landstücke zum Gegenstand der Umverteilung machte. Das Schüren nationalistischer Stimmungen diente damit in beiden Ländern dazu, von internen Spannungen abzulenken. Die salvadorenische Regierung, die mit der Rückvertreibung der salvadorenischen Siedler ein wichtiges "Ventil" zu verlieren fürchtete, nutzte die nationale Empörung über die Behandlung der "squatter", um die Auseinandersetzungen mit Honduras zum Krieg eskalieren zu lassen und auf diese Weise die Schließung der Grenzen zu legitimieren. Über das Konzept der nationalen Verteidigung gelang es ihr kurzfristig, selbst die politisch und gewerkschaftlich organisierten Teile der Bevölkerung, die in der zweiten Hälfte der 60er Jahre teilweise in direkter Konfrontation zu dem Staatsapparat gestanden hatten, mehrheitlich einzubinden und vorübergehend zu demobilisieren. - Den äußeren Anlaß des Krieges gaben Unruhen und Ausschreitungen bei zwei Fußballspielen zwischen beiden Ländern.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Das zunächst rasche Vordringen der überlegenen salvadorenischen Streitkräfte konnte von den schlecht ausgerüsteten hondurenischen Truppen nur aufgrund bedeutender Hilfe der Zivilbevölkerung abgebremst werden. Auf Druck und Vermittlung der OAS und des UN-Generalsekretärs wurde schließlich ein Waffenstillstand vereinbart.
Der Status quo ante wurde wiederhergestellt. 1970 trat Honduras aus dem Gemeinsamen Zentralamerikanischen Markt (MCCA) aus. In beiden Ländern wurden die Volksbewegungen vorübergehend demobilisiert; in El Salvador allerdings nur kurzfristig aufgrund der weiteren Zuspitzung der sozialpolitischen Widersprüche in den 70er Jahren (vgl. Krieg Nr. 140).
Durch den Krieg kamen ca. 3.000 Menschen ums Leben.
Ursula Niebling