Moldawien
Kriege in Moldawien seit 1945
Moldawien (Dnejster-Republik, 1992)
AKUF-Datenbanknr.: |
205 |
Kriegsdauer: |
3/1992 - 8/1992 |
Kriegstyp: |
B-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Nachbaarstaat(en)) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Moldawien |
Seite B |
bewaffnete Kräfte der Dnjester-Republik und Kosaken |
mehrfach wechselnd: |
"Dritte Kraft"¹ (1992 - 8/1992) |
Invervention Kriegsbeendigung |
Russland |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die heutigen Nationalitätenprobleme Moldawiens sind eng mit der wechselvollen Geschichte der Region verbunden. Nachdem diese 1812 vom Osmanischen Reich an Russland abgetreten werden mußte, zogen Russen, Ukrainer u.a. Nationalitäten in dieses Gebiet, das den Rumänen als ihr historisches Kernland gilt. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel die Region an Rumänien - mit einer wichtigen Ausnahme: dem heute umkämpften Streifen östlich des Dnjestrs, der als Autonome Republik Teil der UdSSR wurde und zu dessen Grenzsicherung der Zuzug weiterer Russen gefördert wurde. Gleichzeitig wurden Anstrengungen zur Industrialisierung der Region unternommen. Die Autonome Republik bildete den Kern der späteren Sowjetrepublik Moldawien, die durch rumänische Gebietsabtretungen als Folge der Niederlage im Zweiten Weltkrieg entstand. Obwohl versucht wurde, dem rumänischen Einfluß durch kulturpolitische Maßnahmen zu begegnen, traten mit dem Zerfall der UdSSR Ende 1988 nationalistische Bewegungen an die Öffentlichkeit. Rumänien seinerseits unterstützte die Rumänisierungsbestrebungen Moldawiens. Im Juni 1990 erklärte sich Moldawien zur Unabhängigen Republik und am 17. August 1991 als Reaktion auf den Moskauer Putsch zum souveränen Staat. Die nationalen Minderheiten der Russen und Gagausen reagierten auf diese Unabhängigkeitserklärung sowie Bestrebungen zur Wiedervereinigung mit Rumänien ihrerseits mit Sezessionsabsichten. Der Konflikt mit den Gagausen konnte von der moldawischen Führung schnell eingedämmt werden, nicht aber der mit der Dnjestr-Region (Transnistrien). Hier sind über 40% der (überalterten) Industrie Moldawiens angesiedelt, Russen und Ukrainer stellen die Bevölkerungsmehrheit. Mit der Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums und von Präsidentschaftswahlen in der Dnjestr-Region eskalierten die Spannungen Anfang Dezember 1991 zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Anfang März 1992 kam es erneut zu blutigen Zusammenstößen, die sich sehr rasch zum offenen Krieg zwischen moldawischen Streitkräften und Bewaffneten der "Dnjestr-Republik" ausweiteten.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach mehrfachen Versuchen, einen Waffenstillstand zu vermitteln, gelang es schließlich unter russischer Vermittlung, Anfang Juli 1992 eine gemeinsame Streitmacht aus Einheiten der in Moldawien stationierten 14. russischen Armee, moldawischen Einheiten und Bewaffneten der Dnjestr-Republik zu bilden. Diese sollten einen "Friedenskorridor" zwischen den kämpfenden Parteien bilden. Ende Juli 1992 konzentrierten sich die Aktivitäten der Eingreiftruppe auf die Bekämpfung der sogenannten Dritten Kraft. Seit Anfang August 1992 scheint es zu keinen größeren militärischen Zusammenstößen mehr gekommen zu sein.
In dem Waffenstillstandsabkommen, das vom russischen und moldawischen Präsidenten in Anwesenheit des Präsidenten der Dnjestr-Region unterzeichnet wurde, werden die territoriale Integrität Moldawiens (Russland verzichtet auf jegliche Gebietsansprüche) und die Einhaltung der Menschen- und Minderheitenrechte bekräftigt. Den Bewohnern der Dnjestr-Region wurde zugestanden, bei einer Vereinigung Moldawiens mit Rumänien über den Status der Region abzustimmen.
Der vornehmlich aus russischen Altkommunisten bestehenden Führung der Dnjestr-Republik ist es gelungen, ihre Position zu festigen. Sie kontrolliert das Gebiet östlich des Dnjestr sowie die Stadt Bendery und baut erfolgreich eigene staatliche und militärische Strukturen auf. Sie hat ihre Kriegsziele damit weitgehend erreicht.
Die Regierung Moldawiens hat sowohl das Ziel einer schnellen Vereinigung mit Rumänien aufgegeben, als auch jede Kontrolle über die Dnjestr-Region verloren. Der Konflikt ist damit keineswegs gelöst, wird aber zur Zeit nicht militärisch ausgetragen. Er erhält allerdings zusätzlichen Sprengstoff durch ungelöste rumänische Ansprüche auf Gebiete, die heute zur Ukraine gehören.
ANMERKUNGEN
[1] Bewaffnete aus Moldawien und der Dnjestr-Region, die das im Juli 1992 geschlossene Waffenstillstandsabkommen zu torpedieren suchten.
Torsten Schwinghammer / Claus Neukirch