Griechenland
Kriege in Griechenland seit 1945
Griechenland (EAM/ELAS und DSE, 1944 - 1949)
AKUF-Datenbanknr.: |
1 |
Kriegsdauer: |
03.12.1944 - 12.02.1945 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (sonstige Drittstaaten) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Ethnikon Apeleftherotikon Metopou/Ethnikos Laikos Apeleftherotikos Stratos (EAM/ELAS)¹ |
Seite B |
Griecheland² |
Intervention zugunsten B |
Großbritannien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die EAM/ELAS und die EDES hatten sich als größere Widerstandsorganisationen gegen die deutsche Besatzung formiert. Bei den gegenseitigen Kämpfen nach Abzug der Deutschen - in den befreiten Gebieten waren ein neuer Staat und eine Résistance-Regierung gebildet worden - ging es um die künftige politische Struktur Griechenlands.
Die EAM/ELAS erstrebte die Errichtung eines neuen politischen Systems mit sozialistischer Ausrichtung und wollte die Wiederherstellung der bürgerlichen, konstitutionellen Monarchie, vor allem aber die Restauration des sog. Monarchofaschismus unter Georg II. und General Metaxas verhindern. Die EDES kämpfte für ein bürgerlich-liberales System. Die Briten hatten im Zuge des Zweiten Weltkriegs Truppen in Griechenland - schwerpunktmäßig in Athen - stationiert. Als royalistische griechische Brigaden - die "Riminibrigade" und die "Heilige Schar" - trotz der Forderung der EAM/ELAS nicht entwaffnet wurden, entzog sich auch die ELAS der Demobilisierung und verließ am 1. Dezember 1944 die Regierung. Über die Ursachen des Krieges und in ihm verfolgte Interessen gibt es verschiedene Thesen:
1. Als die von der KKE dominierte EAM/ELAS feststellte, daß weder die restlichen Mitglieder der Résistance-Regierung noch die Briten geneigt waren, die Macht aus den Händen zu geben, wählte sie bewußt den Weg der Konfrontation, nicht zuletzt mit der Hoffnung auf die Hilfe der UdSSR, die inzwischen in Bulgarien stand.
2. Die Briten betrieben die Konfrontation, da sie die EAM/ELAS fürchteten, die die stärkste politische und militärische Macht in Griechenland darstellte. Aufgrund des Moskauer Geheimabkommens (9. April 1944) zwischen den Regierungen Churchills und Stalins war Griechenland zur britischen Einflußsphäre erklärt worden.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Das zwischen den Bürgerkriegsparteien ausgehandelte Abkommen von Varzika (12. Februar 1945) umfaßte die Entwaffnung und Auflösung der Kampfgruppen, die Zusiche-rung von Straffreiheit, baldige Wahlen und die Zusicherung eines Plebiszits über die Rückkehr des Königs. Ein erheblicher Teil der ELAS-Kämpfer zog sich nach Jugoslawien zurück, hochwertiges Kriegsmaterial wurde in Griechenland versteckt.
Die EAM/ELAS hatte während des Krieges ca. 15.000 Bürger als Geiseln ins Hinterland verschleppt, um einen Faustpfand gegen die von der Regierungsseite durchgeführten Massenverhaftungen zu haben. Nach dem Krieg wurde an EAM-Angehörigen Rache genommen, die EAM/ELAS hatte sich politisch diskreditiert, die auf dem Papier geltende Straffreiheit für politische Vergehen galt de facto nicht.
ANMERKUNGEN
[1] Gegründet wurde zunächst die EAM, ca. fünf Monate nach der Besetzung Griechenlands durch die Achsenmächte. Die EAM war eine Koalition aus verschiedenen sozialistischen Gruppen, unter denen im Lauf der Zeit die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) die EAM am stärksten beeinflußte. Dennoch war die KKE immer bemüht, den Bündnischarakter der EAM herauszustellen, besonders im Verlauf der Ereignisse um und vor dem 3. Dezember 1944. Die ELAS wurde im April 1942 in Mazedonien und Thessalonien gegründet und bildete den militärischen Arm der EAM. Zum Kampf gegen die Deutschen von Großbritannien mit Waffen beliefert, geriet die ELAS bald nach dem Abzug der deutschen Truppen mit der EDES (Ethnikos Diokratikos Ellinikos Stratosin) Konflikt. Politisch war die EAM/ELAS vor dem 3. Dezember 1944 die stärkste Kraft in Griechenland, mit der größten Anhängerschaft und der militärischen Kontrolle über Nord- und Zentralgriechenland.
[2] Auf Regierungsseite kämpften die EDES, eine republikanische Befreiungsarmee. Sie trat für ein bürgerlich-liberales System ein; Rivalitäten mit der sozialistischen EAM/ELAS mündeten bereits im September 1943 in offene Kämpfe, in denen die ELAS die Oberhand gewann. Auf Regierungsseite kämpften außerdem die "Organisation CHI" und die Stadtpolizei Athens, sowie die "Riminibrigade" und die "Heilige Schar", royalistische griechische Truppen, die 1944 aus Italien nach Griechenland zurückkehrten.
Peter Tautkus
Griechenland (DSE, 1946 - 1949)
AKUF-Datenbanknr.: |
6 |
Kriegsdauer: |
6/1946 - 09.10.1949¹ |
Kriegstyp: |
A-1² |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite B |
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Kriegführende |
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Seite A |
Dimokratikos Stratos Ellados (DSE)³ |
Seite B |
Griechenland |
Intervention zugunsten B |
Großbritannien (6/1946 - 3/1947) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Unter Führung der KKE (Kommunistischen Partei Griechenlands) hatten sich im Dezember 1945 die verstreuten ELAS-Gruppen (vgl. Krieg Nr. 1) wieder vereint, ab Dezember 1946 traten sie unter dem Namen DSE auf. Gegen die Konservativen und die antisozialistischen Tendenzen wollte die DSE neue Ausgangspunkte für die Demokratisierung Griechenlands schaffen. Ihre proklamierten Ziele waren freie Parlamentswahlen und Abzug aller ausländischen Truppen. Zunächst unternahm sie Guerilla-Aktionen, besonders in grenznahen Gebieten gegen Militär- und Polizeiposten, Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen, während in Athen eine politische Lösung mit der Regierung gesucht wurde ("Doppelstrategie" der KKE). Die DSE gewann schnell an Größe und errichtete schwer einnehmbare, befestigte Zonen in den Grenzgebieten zu Albanien und Jugoslawien, die sie immer weiter ausdehnte. In diesem zusammenhängenden Gebiet wurden das "befreite Griechenland" ausgerufen und eine Regierung (PDK) gebildet, die international allerdings keine Anerkennung fand. Die DSE ging zur Strategie der Offensiven und Feldschlachten über; die Eroberung größerer Städte scheiterte jedoch. Nachdem ein Eingreifen der UNO mehrmals am sowjetischen Veto scheiterte, und Großbritannien aus wirtschaftlichen Gründen seine Unterstützung für die griechische Regierung aufgeben musste [4], ersuchte und erhielt diese von den USA nach Verkündung der Truman-Doktrin am 12. März 1947 umfangreiche Finanz- und Rüstungshilfe sowie Militärberater. Nach der Bildung eines griechisch-amerikanischen Generalstabes (November 1947), der Reorganisation und dem schnellen Ausbau der griechischen Armee (besonders 1949) errang diese zunehmend militärische Erfolge.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die DSE wurde vollständig besiegt, die Führung der KKE setzte sich über Albanien und Ungarn nach Moskau ab. Die DSE war besonders im offenen Kampf unterlegen, der Bruch zwischen Stalin (und mit ihm der KKE) und Tito führte dazu, daß Jugoslawien die logistische Hilfe verweigerte. Die griechische Rechte blieb bis 1963 z.T. durch Wahlmanipulationen an der Macht, Zehntausende Linke mussten ins Exil oder in Umerziehungslager. Die KKE hatte auf Jahre hinaus in Griechenland keine Bedeutung mehr.
Laut AdG wurden im Verlauf des Krieges 28.000 Kinder entführt. Zahlen über Tote und Verletzte schwanken erheblich, zwischen ca. 44.000 (AdG) und 158.000 (Kosiris 1980) Menschen kamen in den beiden Griechischen Bürgerkriegen ums Leben. Ebenso unterschiedlich sind die Angaben zur Zahl der Flüchtlinge aus und in Griechenland: zwischen 80.000 (Esche 1982:342) und 703.000 (AdG). Griechenland war nach drei Kriegen (Zweiter Weltkrieg, Kriege Nr. 1 und 6) vollkommen verwüstet.
ANMERKUNGEN
[1] Am 9. Oktober 1949 beschloss das ZK der KKE in Albanien die Einstellung der Kämpfe. Diese zogen sich noch vereinzelt weiter hin.
[2] Während Großbritannien aktiv militärisch eingriff, übten die US-Truppen lediglich eine Beratertätigkeit aus.
[3] Dem DSE angeschlossen hatte sich die NOF, die Befreiungsbewegung der Mazedonier in Griechenland, die für ein geeintes Mazedonien eintrat.
[4] Im März 1947 wurde der Abzug der britischen Truppen bekanntgegeben.
Peter Tautkus