Salomonen
Kriege auf den Salomonen seit 1945
Salomonen (Guadalcanal, IMF, 1999 - 2000)
AKUF-Datenbanknr.: |
257 |
Kriegsdauer: |
1999 - 15.10.2000 |
Kriegstyp: |
B-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Australien); Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg |
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Kriegführende |
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Seite A |
Isatabu Freedom Movement (IFM) |
Seite B |
Salomonen, Malaita Eagle Force (MEF) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Seit dem Zweiten Weltkrieg, besonders aber seit der Unabhängigkeit der Salomonen 1978, wanderten Zehntausende von Bewohnern der Insel Malaita auf die Nachbarinsel Guadalcanal und vor allem in die dort gelegene Hauptstadt Honiara zu. Malaitaner besetzten zentrale Positionen in Staat und Verwaltung und dominierten das Geschäftsleben. Nachdem auf Grund steigender Auslandsverschuldung IMF und Weltbank den Salomonen ein striktes Strukturanpassungsprogramm auferlegten, in dessen Folge es zu Lohnstop und drastischem Personalabbau im öffentlichen Dienst sowie der Einschränkung staatlicher Dienstleistungen kam, verschärften sich auf Guadalcanal die Konflikte zwischen zugewanderten Malaitanern und einheimischen Guadalcanalesen. Bei letzteren herrschte die Wahrnehmung vor, dass die Malaitaner die negativen Auswirkungen der Staats- und Wirtschaftskrise einseitig auf die Bevölkerung Guadalcanals abwälzen würden. Ohnehin bereits bestehende Landkonflikte zwischen den Gruppen gewannen vor diesem Hintergrund an Schärfe. Schließlich kam es seit 1998 zu Überfällen von bandenmäßig organisierten Guadalcanalesen auf Wohngebiete der Malaitaner, worauf die - malaitanisch dominierten - staatlichen Sicherheitskräfte äußerst repressiv reagierten. Es bildete sich auf Seiten der Guadalcanalesen das Isatabu Freedom Movement (IFM), welches den bewaffneten Kampf gegen die Malaitaner und die Sicherheitskräfte aufnahm. Das IFM forderte die Rückkehr aller Malaitaner auf deren Heimatinsel sowie größere politische Autonomie für Guadalcanal. Malaitaner konstituierten daraufhin die Malaita Eagle Force (MEF), die im Juni 2000 in einem Putsch gemeinsam mit den Sicherheitskräften die Regierungsgewalt übernahm und den Krieg gegen das IFM intensivierte. Hunderte Menschen fielen den Kampfhandlungen zum Opfer, zehntausende Malaitaner flohen auf ihre Heimatinsel, tausende Guadalcanalesen wurden von der MEF aus ihren Dörfern vertrieben.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Im Oktober 2000 kam es auf australische Vermittlung hin zum Abschluss eines Friedensabkommens (Townsville Peace Agreement). Dies führte zwar zur Beendigung des Krieges zwischen IFM einerseits und MEF/Sicherheitskräften andererseits. Doch eine Abspaltung des IFM operierte als Guadalcanal Liberation Front in unzugänglichen Teilen Guadalcanals weiter, und die MEF zerfiel in verschiedene konkurrierende Banden, die Gewaltkonflikte auch nach Malaita trugen, so dass der Krieg in einen vielfältig fragmentierten bewaffneten Konflikt bzw. mehrere bewaffnete Konflikte überging. Das staatliche Gewaltmonopol konnte nicht wieder hergestellt werden. Wirtschaft und staatliche Dienstleistungen liegen auch noch drei Jahre nach Abschluss des TPA darnieder, die für nachhaltige Friedenskonsolidierung notwendige Reorganisation des Staatsaufbaus der Salomonen (größere Autonomie für die einzelnen Landesteile) und Lösung der dem Gewaltgeschehen zugrunde liegenden (Land-)Konflikte und wirtschaftlichen Probleme wurden noch nicht ernsthaft in Angriff genommen. Die Salomonen sind in Folge von Krieg und bewaffnetem Konflikt zu einem "failed state" geworden. Mit einer Fortführung der Gewaltkonflikte und womöglich gar neuerlicher Eskalation muss gerechnet werden.
Volker Böge