Laos
Kriege in Laos seit 1945
Indochina (Dekolonisation, "Erster Indochinakrieg", 1946-1954)
AKUF-Datenbanknr.: |
9 |
Kriegsdauer: |
09.03.1946 - 01.06.1954 |
Kriegstyp: |
D-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (internat. Konferenz) |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Frankreich |
Seite B |
Khmer Vietminh (später "Roter Khmer") [1]/Vietminh [2] |
zusätzlich zu Seite B |
Pathet Lao [3] |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die nationalen Einheitsfronten der drei indochinesischen Länder, die hauptsächlich durch die jeweiligen kommunistischen Bewegungen angeführt wurden, leisteten Widerstand gegen Truppen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg um die Wiedererrichtung ihres 1940 an Japan verlorenen und 1945 für unabhängig erklärten Kolonialreiches Indochina bemühte. Hauptziel auf seiten der von der vietnamesischen KP dominierten Befreiungsbewegungen war die nationale Unabhängigkeit, hinter dem auch die systemumgestaltenden Ziele der kommunistischen Parteien zeitweise zurücktraten. [4] Hauptkampfgebiet war der Norden Vietnams, wo die Vietminh-Streitkräfte der am 2. September 1945 proklamierten Demokratischen Republik Vietnam (DRV) die Hauptlast trugen, aber auch die kommunistische Bewegung am stärksten etabliert war. Im weiteren Verlauf breitete sich der Krieg auch auf die Nachbarländer aus.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach der Niederlage Frankreichs bei Dien Bien Phu 1954 wurde auf der Genfer Indochina-Konferenz nach Abschluß eines Waffenstillstandes über eine Konfliktlösung verhandelt. Gemäß der dort gefaßten Beschlüsse wurden alle drei indochinesischen Staaten unabhängig. Vietnam wurde entlang des 17. Breitengrades in einen kommunistischen Norden und einen westlich orientierten Süden geteilt. Später durchzuführende Wahlen sollten die staatliche Einheit wiederherstellen. In Laos erhielten die Kommunisten zwei Provinzen als Einflußgebiet zugesprochen, mit der Auflage, eine Koalitionsregierung mit den Royalisten zu schließen und später Wahlen abzuhalten. Die kommunistische Bewegung in Kambodscha bekam keine Territorialgewinne zugesprochen, sollte aber an den freien Wahlen im Jahr darauf teilnehmen. Die gesellschaftlichen Probleme innerhalb der einzelnen Staaten blieben ungelöst und bildeten den Konfliktstoff späterer Kriege (vgl. Kriege Nr. 41, 99 und 132).
ANMERKUNGEN
[1] Die Hauptaktivität des militärischen Widerstandes in Kamboscha ging von der dortigen kommunistischen Bewegung aus. Diese, bis in die 60er Jahre von der nordvietnamesischen KP stark dominierte kommunistische Bewegung übernahm seit ca. 1950 die Führung im (verglichen mit Vietnam und Laos) 'bescheidenen' militärischen Widerstand gegen die französische Kolonialmacht im antikolonialen Mehrfraktionenbündnis der Khmer Issarak-Bewegung (Freie Khmer; Kurzform für Nekhum Issarak Khmer - Front für ein freies Kambodscha, gegründet im August 1945). Die provietnamesische kommunistische Bewegung Kambodschas - auch Khmer Vietminh genannt - war von 1930 bis 1951 Teil der von den nordvietnamesischen Kommunisten geleiteten Kommunistischen Partei Indochinas (KPIC), wurde dann nach deren formaler Auflösung zugunsten dreier nationaler KP's in Vietnam, Laos und Kambodscha in Revolutionäre Volkspartei Kambodschas (RVPK) oder Khanak Pak Pracheachon Pakdevoath Khmer umbenannt. Diese blieb weiterhin von Vietnam abhängig. Im September 1960 erfolgte eine weitere Umbenennung in Kommunistische Partei Kampucheas (KPK), die ab 1963 zunehmend von der maoistischen Pol-Pot-Fraktion, den Roten Khmer, beherrscht wurde.
[2] Kurzform für Vietnam Doc Lap Dong Minh Hoi (Liga für die Unabhängigkeit Vietnams), die im Mai 1941 von der vietnamesisch dominierten KPIC als Organisation der nationalen Einheitsfront gegen die französische Kolonialherrschaft gegründet wurde. Sie bildete den Kern der Streitkräfte der im September 1945 von Ho Chi Minh im Norden Vietnams ausgerufenen Demokratischen Republik Vietnam (DRV), die dann nach der Landesteilung durch die Genfer Indochinakonferenz im Zweiten Indochinakrieg als reguläre nordvietnamesische Regierungs-truppen eingriffen (vgl. Krieg Nr. 41). Die Bezeichnung Vietcong (Kurzform für Viet Nam Cong Sam - Vietnamesische Kommunisten) als Oberbegriff für die kommunistische Bewegung in Vietnam ist weniger gebräuchlich.
[3] Ähnlich wie in Vietnam (und auch eingeschränkt in Kambodscha) ging auch in Laos die Hauptaktivität des antikolonialen militärischen Widerstandes von der laotischen kommunistischen Bewegung aus. Diese übernahm ab 1950 die Führung der 1945 gegründeten antikolonialen Bewegung von Nationalisten und Kommunisten, der Lao Itsala (Freie Lao bzw. Bewegung für ein freies Laos, auch Lao Issara geschrieben). Dieses Bündnis ging im August 1950 teilweise in der Neo Lao Itsala (Front für ein freies Laos) auf. Ab 1950 wurde sie kommunistisch dominiert und ist besser bekannt unter der Bezeichnung Pathet Lao (Land der Lao).
[4] Obwohl in allen drei indochinesischen Staaten auf Veranlassung des unterliegenden Japans die Unabhängigkeit proklamiert worden war, kann man aufgrund der gemeinsamen kolonialen Geschichte, des identischen Konfliktgegenstandes und der militärstrategischen Einbeziehung Gesamtindochinas auf seiten der Hauptbeteiligten die Auseinandersetzungen als einen Krieg werten. Für Frankreich ging es um die Wiedererlangung seiner Großkolonie Indochina, die aus seiner Sicht ein zusammenhängendes Gebiet verschiedener Verwaltungseinheiten war. Die vietnamesisch dominierte Kommunistische Partei Indochinas (KPIC) begriff sich als führende Kraft im Kampf um die gesamte indochinesische Unabhängigkeit.
Reinhardt te Heesen
Laos (Pathet Lao I, 1959 - 1961)
AKUF-Datenbanknr.: |
34 |
Kriegsdauer: |
01.07.1959 - 16.06.1961 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (internat. Konferenz) |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
1. Phase (bis 08.08.1960): Pathet Lao 2. Phase: Pathet Lao /Neutralisten unter Kong Le |
Seite B |
1. Phase (bis 08.08.1960): Laos [1] 2. Phase: Laos/Meo-Guerilla (auch Hmong genannt [2]] (1960 - 6/1961) |
Intervention zugunsten A: |
Nordvietnam |
Intervention zugunsten B: |
Thailand (1960 - 6/1961) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Bei der Genfer Konferenz, die 1954 den ersten Indochinakrieg (vgl. Krieg Nr. 9) beendete, war die Pathet Lao als politische und militärische Kraft neben der Regierung des königlichen Laos anerkannt worden. Für eine Übergangszeit waren der Pathet Lao zwei nördliche Provinzen zugestanden worden. Nach Wahlen sollten die beiden Provinzen wieder in den laotischen Staatsverband integriert werden.
1958 konnte im Anschluß an Nachwahlen eine Koalitionsregierung unter Beteiligung der Pathet Lao gebildet werden. Diese Koalitionsregierung wurde aber schon im Juli/August 1958 durch einen gegen die Pathet Lao gerichteten Putsch gestürzt. 1959 eskalierten die Kämpfe zwischen den Pathet Lao, die von nordvietnamesischen Verbänden unterstützt wurden, und den Regierungstruppen des königlichen Laos zum Krieg.
Die zweite Kriegsphase begann mit einem Putsch des Oberst Kong Le gegen die Regierung in Vientiane am 9. August 1960. Die Fraktion von Kong Le wird in der Literatur weitgehend als neutralistische Kraft verstanden. Sie kämpfte bis zum Kriegsende auf der Seite der Pathet Lao und der Nordvietnamesen. Die verbleibenden Verbände des königlichen Laos wurden von konservativen Militärs, die von den USA gestützt wurden, geführt. Im Rahmen ihrer "containment"-Politik waren die Vereinigten Staaten nicht bereit, ein neutrales Laos mit einer Koalitionsregierung, die Kommunisten einschloß, zu dulden. Thailändische Verbände intervenierten auf der Seite der Konservativen. Ab 1960 begannen die USA mit dem Aufbau einer Guerilla, die sich aus Meo (auch Hmong genannt) rekrutierte und die gegen die Pathet Lao kämpfte.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Am 23. Juni 1962 wurde eine Koalition aus Konservativen, Neutralisten und Kommuni-sten (Pathet Lao) gebildet; trotzdem rangen Kommunisten und Konservative weiter um die Macht im Staat. Verschärft wurde der Gegensatz durch den Aufbau einer Guerilla in den Meo-Gebieten durch die USA und die Verschärfung der Widersprüche durch den Zweiten Indochina-Krieg. Die Friedensphase war auch dementsprechend kurz. Im Früh-jahr 1963 begann der zweite laotische Bürgerkrieg als Nebenkriegsschauplatz des Zweiten Vietnamkrieges (vgl. Kriege Nr. 41, 76 und 183).
ANMERKUNGEN
[1] Die Regierungstruppen des königlichen Laos spalteten sich durch den Putsch von Kong Le am 9. August 1960. Die konservative Fraktion wird nach diesem Datum als Regierungstruppe verstanden, obwohl Kong Le die Hauptstadt beherrschte und die konservative Fraktion als Rebellen bezeichnete. In diesem Vorgehen liegt keine Bewertung der Legitimität der Ansprüche von Kong Le oder der konservativen Fraktion.
[2] Teile der Meo, einzelne Clans, kämpften gegen die Pathet Lao. Die Meo-Guerilla wurde von den USA aufgebaut und versorgt. Andere Teile der Meo verhielten sich neutral oder unterstützten sogar die Pathet Lao.
Werner Wilbert
Laos (Pathet Lao II, 1963 - 1973)
AKUF-Datenbanknr.: |
76 |
Kriegsdauer: |
31.03.1963 - 4/1973 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegbeendigung |
durch Vereinbarung ohne Vermittlung |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Pathet Lao [1] |
Seite B |
Laos [2]/Neutralisten unter Kong Le [3]/Meo-Guerilla (auch Hmong genannt [4]) |
Intervention zugunsten A: |
Nordvietnam |
Intervention zugunsten B: |
Vereinigte Staaten von Amerika (5/1964 - 4/1973) / Thailand (1968 - 4/1973) / Südvietnam (6/1964 - 4/1973) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der zweite laotische Bürgerkrieg war ein Systemkonflikt (zum ersten laotischen Bürgerkrieg vgl. Krieg Nr. 34). Der Krieg eskalierte zum Nebenkriegsschauplatz des Vietnam-krieges (vgl. Krieg Nr. 41). Das US-Engagement - Bombardements, Rekrutierung von Spezialeinheiten, Beratereinsatz und Geheimdienstaktionen - zielte vorrangig auf die von Nordvietnam durch Laos nach Südvietnam führenden Nachschublinien des Vietminh.
Nach dem ersten laotischen Bürgerkrieg war im Juni 1962 eine provisorische Koalitionsregierung unter Beteiligung von Pathet Lao-Vertretern gebildet worden. Seit dem 31. März 1963 kam es zu Kämpfen zwischen Pathet Lao-Verbänden und neutralistischen Truppenteilen (Oberst Kong Le). Wahrscheinlich wollten die Pathet Lao ihre Machtbasis im dreigeteilten Laos auf Kosten der Neutralisten verbessern.
Die Neutralisten, die zu Beginn des Krieges von Pathet Lao-Einheiten aus ihren Stellungen vertrieben worden waren, erhielten zu diesem Zeitpunkt kaum Unterstützung von rechten Militärs. Teile der Neutralisten liefen zu den Pathet Lao über. Im April 1964 kam es zwischen einzelnen Offizieren der rechten Bürgerkriegspartei zu heftigen Kämpfen um die Hauptstadt Vientiane. Diese Kämpfe schwächten die Rechte nachhaltig. Im Verlauf des Krieges verschmolzen die neutralistische und die rechte Bürgerkriegsfraktion.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Am 22. Februar 1973 wurde ein Friedensvertrag zwischen der rechten/neutralistischen Bürgerkriegsfraktion, die die Regierung stellte, und den Pathet Lao unterzeichnet. Im April 1974 wurde eine weitere Koalitionsregierung gebildet. 1975 übernahmen die Pathet Lao unblutig die Macht und riefen die Volksrepublik aus.
ANMERKUNGEN
[1] Die Pathet Lao ist die kommunistische Bewegung von Laos. Ihre politische Organisation ist die Neo Lao Hak Xat.
[2] Die Rechte kontrollierte die Armee. Die Kämpfe zwischen Armee-Einheiten im April 1964 schwächten sie jedoch.
[3] Die Neutralisten stellten bei Kriegsbeginn den Ministerpräsidenten, kontrollierten jedoch nicht die Armee.
[4] Einzelne Clans der Meo kämpften gegen die Pathet Lao. Die Meo-Guerilla wurde von den USA versorgt und finanziert. Andere Teile der Meo verhielten sich neutral oder unterstützten die Pathet Lao (vgl. Kriege Nr. 34 und 183).
Werner Wilbert
Laos (Hmong I, 1975-1979)
AKUF-Datenbanknr.: |
183 |
Kriegsdauer: |
1975 - 1979 |
Kriegstyp: |
B-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite A |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Laos |
Seite B |
Meo-Guerilla |
Intervention zugunsten A: |
Vietnam |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
1975 übernahm die Pathet Lao die Macht in Laos und rief die Volksrepublik aus. Ein Teil der Meo-Guerilla, die schon in den laotischen Bürgerkriegen zu den Gegnern der Pathet Lao gezählt hatte (vgl. Krieg Nr. 76), nahm 1975 den Kampf wieder auf, um Willkürmaßnahmen und Verfolgungen zu entgehen.
Das Ziel der laotischen Regierung (Pathet Lao) und der mit ihr verbündeten Vietnamesen war es, den letzten Widerstand in Laos zu brechen. Dieses Kriegsziel gewann an Relevanz, als der Verdacht aufkam, die VR China unterstütze die Meo-Guerilla mit Waffen. Die Beziehungen zu China hatten aufgrund der Spannungen zwischen China und Vietnam (vgl. Krieg Nr. 142) einen Tiefpunkt erreicht.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Widerstand der Meo (auch Hmong genannt) wurde durch massiven Gewalteinsatz gebrochen. Von einzelnen Widerstandsaktionen wurde allerdings auch nach 1979 noch berichtet. 1990 hatte sich der Widerstand abermals soweit organisiert, daß die Intensität der Kampfhandlungen die Kriegsschwelle überschritt (vgl. Krieg Nr. 192).
Mindestens 40.000 Menschen kamen bei den Kämpfen ums Leben. Einige Quellen schätzen die Zahl der seit 1975 nach Thailand Geflüchteten auf 300.000 Menschen. Falls diese Angaben zutreffen, wären etwa zehn Prozent der laotischen Bevölkerung geflohen. Allerdings ist der Flüchtlingsstrom auch auf die Machtübernahme der Pathet Lao zurückzuführen.
Werner Wilbert
Thailand/Laos (1987 - 1988)
AKUF-Datenbanknr.: |
164 |
Kriegsdauer: |
03.11.1987 - 19.02.1988 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vereinbarung ohne Vermittlung |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Thailand |
Seite B |
Laos |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Bei einem nicht klar definierten Grenzverlauf zwischen Thailand und Laos griffen nach vorangegangenen kleineren Zwischenfällen im November 1987 thailändische Militäreinheiten in dem umstrittenen Gebiet laotische Truppen an. Beide Seiten verfolgten generell bei Grenzkonflikten eine Politik der Härte und Festigkeit, die die Gefahr von Eskalationen in Kauf nahm. Diese starre Haltung kann als Reflex auf gegenseitige Bedrohungsängste - im Falle Thailands auch im Hinblick auf die Stationierung von 40.000 bis 50.000 Vietnamesen in Laos - gelten.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach Waffenstillstandsverhandlungen wurden die Kämpfe am 17. Februar 1989 eingestellt. Nachfolgende Verhandlungen führten schnell zur Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Staaten.
500 bis 700 Soldaten kamen bei den Kämpfen ums Leben.
Werner Wilbert
Laos (Hmong II, LUF und ELOL, 1990 - 1992)
AKUF-Datenbanknr.: |
192 |
Kriegsdauer: |
1/1990 - 7/1992 |
Kriegstyp: |
B-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Laos |
Seite B |
Lao United Front (LUF)/Ethnic Liberation Organization of Laos (ELOL) |
Intervention zugunsten A: |
Vietnam |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
1979 brach der Widerstand der Bergvölker, vor allem der Hmong1 gegen die Regierung der Volksrepublik Laos und gegen die im Land stationierten vietnamesischen Truppen, zusammen (vgl. Krieg Nr. 183). Dennoch führten etwa 20 verschiedene Widerstandsgruppen von unzugänglichen Gebieten innerhalb Laos oder von ihren thailändischen Rückzugsgebieten aus weiterhin einzelne Anschläge und Guerillaaktionen durch. Seit 1981 gab es Bemühungen, den Widerstand zu vereinen. Die United Lao National Liberation Front (ULNLF) schloß verschiedene Guerillabewegungen zusammen. Ihr militärisches Rückgrat stellten zum größten Teil die im Hochland lebenden Hmong. Diese Gruppierung spaltete sich aber schon Mitte 1985 in ELOL und LUF auf. Im Januar 1990 eskalierte der Konflikt durch massive Angriffe der laotisch-vietnamesischen Streitkräfte zum Krieg. Teile der Guerilla wurden zum Rückzug in die thailändischen Grenzregionen gezwungen, später gab es auch wieder kleine Guerillaeinheiten in Laos, die aber meist unabhängig voneinander agierten.
Die ELOL ist als Hmong-nationalistisch einzustufen. Sie kämpft für "Selbstbestimmung der ethnischen Minoritäten und Anerkennung ihrer Kultur durch die Regierung", also für die Interessen der von den Tieflandlaoten traditionell benachteiligten Hmong-Hochlandlaoten. Die LUF versucht dagegen, eine breitere Anti-Vietnam-Koalition zu etablieren. Beide Fraktionen streiten um den politischen Alleinvertretungsanspruch der Hmong.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Einstellung der Kampfhandlungen dürfte primär darauf zurückzuführen sein, daß die Hmong-Guerilla nach anfänglicher, zumindest logistischer Unterstützung durch Thailand und finanzieller Unterstützung durch Exil-Laoten im westlichen Ausland in die Isolation geriet und sich zunehmend nicht nur diplomatischen Drucks von seiten Thailands und der USA ausgesetzt sah: Die anfängliche thailändische Unterstützung der Rebellen wich einer Zusammenarbeit laotischer und thailändischer Sicherheitskräfte bei der Bekämpfung der zum Teil von Thailand aus operierenden Hmong.
ANMERKUNGEN
[1] Hmong ist der offizielle Name der Hochlandlaoten, Miao die chinesische und Meo eine weitere Bezeichnung. Die Hmong sind eine der ca. 102 in Laos lebenden ethnischen Gruppen. Die Hmong sind, ähnlich wie die Kurden, über mehrere Länder verteilt. In China leben ca. zwei Millionen Miao, in den Bergregionen von Laos, Vietnam und Thailand ca. 500.000.
Reinhardt te Heesen /Werner Wilbert
Laos (Hmong III, 2003 - 2005)
AKUF-Datenbanknr.: |
300 |
Kriegsdauer: |
10/2003 - 2005 |
Kriegstyp: |
B-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Krieg Seite A (Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg) |
|
|
Kriegführende |
|
Seite A |
Laos |
Seite B |
Hmong-Rebellen |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Im Berichtsjahr hat sich der bereits im Vorjahr abzeichnende Trend abnehmender bewaffneten Auseinandersetzungen fortgesetzt und dazu geführt, dass der Konflikt zwischen den Hmong-Rebellen und der laotischen Regierung die Schwelle zum Krieg nicht mehr überschritt. Aufgrund des massiven Vorgehens der laotischen Regierung gegen zivile Ziele in den Hmong-Gebieten trat dafür eine humanitäre Krise immer mehr in den Vordergrund.
Im Jahr 1953 lehnte sich die laotische Bevölkerung gegen die Kolonialherrschaft Frankreichs auf. In dem darauf folgenden Krieg wurde die kommunistische Pathet-Lao, die von vietnamesischen Guerilla-Einheiten unterstützt wurde, zur zentralen politischen Kraft und als solche bei der Genfer Konferenz, die 1954 den ersten Indochinakrieg beendete, neben der Regierung des königlichen Laos anerkannt. 1958 wurde im Anschluss an Nachwahlen eine Koalitionsregierung unter Beteiligung der Pathet-Lao gebildet, die aber schon im Juli/August 1958 durch einen gegen die Pathet-Lao gerichteten Militärputsch gestürzt wurde. 1959 eskalierten die Kämpfe zwischen der Pathet-Lao, die weiterhin von nordvietnamesischen Verbänden unterstützt wurde, und den laotischen Regierungstruppen zum Krieg.
Die zweite Kriegsphase begann am 9. August 1960 mit einem Putsch unter Führung von Oberst Kong Le. Die Militärfraktion von Kong Le kämpfte daraufhin bis zum Kriegsende auf der Seite der Pathet-Lao. Die verbliebenen Verbände des königlichen Laos wurden von den USA unterstützt. Im Rahmen ihrer Containment-Politik waren die Vereinigten Staaten nicht bereit, ein neutrales Laos mit einer Koalitionsregierung, die Kommunisten einschloss, zu dulden. Auch deshalb begannen die USA ab 1960 mit dem Aufbau einer Guerilla, die sich aus Hmong, einer laotischen ethnischen Minderheit, rekrutierte und gegen die Pathet-Lao eingesetzt wurden. Diese Guerilla-Armee war zeitweise bis zu 60.000 Mann stark. Auch nachdem am 23. Juni 1962 eine Koalition aus Konservativen und Pathet-Lao gebildet wurde, rangen beide Seiten weiter um die alleinige Macht im Staat. Verschärft wurde der Gegensatz durch den weiteren Aufbau der Hmong-Guerilla und den Vietnamkrieg. Die Friedensphase war dementsprechend kurz. Im Frühjahr 1963 begann der Zweite Laotische Bürgerkrieg als Nebenkriegsschauplatz des Vietnamkrieges. Nachdem sich jedoch die USA seit Ende der 1960er Jahre militärisch und politisch immer weiter aus der gesamten Region zurückzogen, gelang es den kommunistischen Kräften 1975 in Vietnam, Laos und Kambodscha die Macht zu erringen.
Alle Hmong wurden nach der Machtübernahme der Kommunisten wegen Unterstützung der US-amerikanischen Armee als Verräter behandelt. Von den 400.000 vor 1975 in Laos lebenden Hmong flohen etwa 200.000 nach Thailand, einige tausend wurden aber auch von den USA aufgenommen. Von den etwa 200.000 in Laos verbliebenen Hmong setzten 20.000 bis 30.000 ihren bewaffneten Widerstand gegen die kommunistische Regierung fort. Sie traten in der Regel für mehr Autonomie und ein Ende der Repression gegen die Hmong innerhalb von Laos ein. Einige Rebellengruppen traten auch für eine Demokratie nach US-amerikanischem Vorbild ein. Die Rebellen teilen sich in mehrere Gruppen auf, welche entlang größerer Clans strukturiert sind. Diese Rebellengruppen haben zwar in der Vergangenheit hin und wieder zusammengearbeitet und verfolgen auch die gleichen Ziele, operieren aber in unterschiedlichen Gebieten der Bergregionen nördlich der Hauptstadt Vientiane. Dieser Widerstand eskalierte 1975-79 und 1990-92 zu zwei weiteren Kriegen.
Zur endgültigen Zerschlagung der Hmong-Rebellen wurde Ende der 1990er Jahre die Saousoboun-Sperrzone eingerichtet. Diese liegt nördlich der Hauptstadt im Zentrum des Landes und besteht aus einem Gebiet von knapp 200 Quadratkilometern. In der Sperrzone sind weder Journalisten noch Beobachter erlaubt. Das laotische Militär kontrolliert alle Zugänge zu diesem Gebiet, in dem fast ausschließlich Hmong leben und sich auch ein Großteil der Rebellen aufhält. Allerdings verteilen sich einige Rebellengruppen auch auf die Provinzen Bolikhamsay und Xieng Khouang im Zentrum des Landes sowie Luang Phrabang im Norden. Die Angaben zu den Zahlen der verbliebenen Rebellen schwanken zwischen 3.000 und 12.000 für Ende 2005. Allerdings handelt es sich dabei nicht nur um Bewaffnete. Sie teilen sich in etwa 20 Gruppen mit jeweils zwischen 20 und 200 bewaffneten Mitgliedern auf. Da Rebellengruppen kaum von Familienverbänden zu trennen sind, ist es allerdings schwer zu sagen, wie viele der Mitglieder wirklich bewaffnet sind. Doch ist es nicht unüblich, dass sich auch Frauen, Jugendliche und Ältere an Kämpfen beteiligen.
Die strenge Zensur und staatliche Kontrolle aller laotischen Medien begrenzen die Möglichkeiten der Berichterstattung über das Geschehen im Land. Es ist aber davon auszugehen, dass der Konflikt auch nach dem beendeten Krieg 1992 mit unterschiedlicher Intensität fortgeführt wurde. Klar ist auf jeden Fall, dass nachdem 2003 einige Überfälle auf Busse verübt wurden, bei denen etwa 30 Zivilisten starben, die laotische Regierung, die hierfür Hmong-Rebellen verantwortlich machte, im Herbst 2003 mit massiven militärischen Aktionen gegen die Rebellen begann. Damit eskalierte der Konflikt erneut zum Krieg. Unterstützt wurde die laotische Armee bei ihren Bemühungen von der vietnamesischen Armee, die angeblich mit zwei Divisionen im Land anwesend war. Die Armeeeinheiten schnitten alle Versorgungswege in die Sperrzone ab und beschossen die Stellungen der Rebellen mit Raketen und Granaten. Gleichzeitig drangen Soldaten in das Rebellengebiet ein. Diese militärische Vorgehensweise zeigte auch schon bald erste Erfolge. Bis zu 1.000 Rebellen und deren Familien legten ihre Waffen nieder und ergaben sich der Armee, wodurch die Kampfhandlungen im Laufe des Jahres 2005 deutlich abnahmen. Mehrere der 20 Rebellengruppen sollen bei den Gefechten fast vollkommen aufgerieben worden sein. Die Mitglieder sind dabei entweder getötet oder von der laotischen Armee gefangen genommen worden. Außerdem sollen mehrere tausend Hmong nach Thailand und Vietnam geflohen sein.
Bis Ende 2005 starben infolge mehrerer Offensiven der Regierung zwischen 2.000 und 5.000 Hmong. Dabei handelte es sich jedoch größtenteils um unbewaffnete Familienangehörige der verschiedenen Hmong-Clans, die durch Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung, aber auch anhaltenden Granatenbeschuss gestorben sind. Die laotische Armee schien bei ihrem Vorgehen nicht zwischen bewaffneten Rebellen und unbewaffneten Familienmitgliedern zu unterscheiden und griff in den vergangenen Jahren vermehrt zivile Ziele an. Daraufhin hielten sich die bewaffneten Mitglieder der Familienclans häufig bei ihren Familien auf. Die Angriffe der Regierungsarmee auf zivile Ziele führten daher wiederum vermehrt zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Armee und Rebellen.
Im Berichtsjahr scheinen die Rebellen jedoch kaum mehr in der Lage gewesen zu sein, die eigenen Familienclans gegen Übergriffe der Armee zu verteidigen, da es besonders an Munition und funktionsfähigen Waffen mangelte. Um weiteren Angriffen der Armee zu entgehen, zogen sich die verschiedenen Gruppen immer weiter in die unzugänglichen Wälder des laotischen Hochlandes zurück oder ergaben sich den Regierungstruppen. Im Berichtsjahr haben sich mindestens 578 Hmong ergeben. Die meisten entstammten einer Gruppe um Moua Toua Ter, einem hochrangigen Rebellenführer, der seit längerem Journalisten mit einem Satellitentelefon über die Lage seiner Gruppe informierte. Er selbst und einige wenige seiner Mitkombattanten ergaben sich allerdings nicht. Sie wollten den bewaffneten Kampf im Dschungel fortführen. Insgesamt betrug die Zahl der Hmong, die sich den Regierungstruppen in den letzten vier Jahren ergeben haben, mindestens 1.750.
Durch verschiedene Übergriffe der Armee, Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung starben im Berichtsjahr mindestens 400 Zivilisten. Bei einem Angriff nordöstlich von Vang Vieng am 15. April 2006 wurden 26 Hmong erschossen und mindestens zehn weitere wurden verletzt. Bei Angriffen im September und Oktober wurden mindestens weitere 30 Hmong erschossen. Dabei ist nicht klar wie viele der getöteten Rebellen bewaffnet waren. Bei einigen Angriffen schossen die bewaffneten Mitglieder der Gruppen zurück. Es sind aber keine Zahlen von Verwundeten und Toten auf Seiten der laotischen Armee bekannt. Im Zusammenhang mit diesen Angriffen der Armee berichten Überlebende, die rechtzeitig in den Dschungel fliehen konnten, dass alle bei den Angriffen gefangen genommenen Frauen und Kinder von den Soldaten systematisch vergewaltigt und dann erschlagen wurden.
Angesichts des Rückgang der Zahl der Rebellen scheint sich der Trend des letzten Jahres fortzusetzen und damit der Krieg zwischen den Hmong-Rebellen und der Regierung beendet zu sein. Eine massive humanitäre Krise tritt dafür jedoch in den Vordergrund. Insgesamt muss man zwar festhalten, dass die Lage in Laos sehr unübersichtlich bleibt, nur ist klar, dass die Hmong-Rebellen schon lange keine wirkliche Bedrohung mehr für die laotische Regierung darstellen, deren militärische Überlegenheit zu eindeutig ist.
Manuel Probst