Kongo-Kinshasa
Kriege in Kongo-Kinshasa (ehem. Zaire) seit 1945
Kongo-Kinshasa (Sezessionskrieg, 1960 - 1963)
AKUF-Datenbanknr.: |
55 |
Kriegsdauer: |
11.7.1960 - 14.1.1963 |
Kriegstyp: |
B-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Conféderation des Associations Tribales de Katanga (CONAKAT), Kasai-Sezessionisten (9.8.1960 - 13.1.1963) [1] |
Seite B |
Kongo-Kinshasa |
Intervention zugunsten A: |
Belgien (11.7.1960 - 4.9.1960) |
Intervention Kriegsbeendigung: |
Äthiopien/Ghana [2]/Indien/Irland/Italien/Kanda/Marokko/Schweden/Sudan/Tunesien (alle: 7/1960 - 13.1.1963) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Belgien hatte in seiner Kolonie Kongo, dem späteren Zaire, ein äußerst repressives Regime geführt und die Dekolonisation erst zugelassen, als es erkannt hatte, daß sie nicht mehr aufzuhalten war. Da Kongo-Leopoldville auf die Unabhängigkeit im Juni 1960 schlecht vorbereitet war, erwuchsen aus seiner ökonomischen, soziokulturellen und politischen Heterogenität rasch Zentrifugalkräfte, die seine staatliche Existenz akut bedrohten: Die Eliten der rohstoffreichen Provinzen Katanga (Shaba) und Kasai beabsichtigten, die Ressourcen ihrer Gebiete - vor allem Kupfer/Kobalt einerseits, Diamanten andererseits - der Zentralgewalt zu entziehen und für sich zu reservieren; sie entschieden sich für die Abspaltung vom kongolesischen Staatsverband. Die Zentralregierung unter Patrice Lumumba versuchte vergeblich, die Einheit wiederherzustellen; sie wurde wegen angeblich prokommunistischer Orientierung im September 1960 durch eine prowestliche Gruppe um Armeechef Sésé Mobutu gestürzt. Anhänger Lumumbas formierten sich ihrerseits militärisch gegen die von Mobutu eingesetzte, prowestliche Zentralregierung und bildeten in Stanleyville (Kisangani) in Nordost-Kongo1961 eine Gegenregierung. Vorübergehend existierten damit in Zaire vier konkurrierende Staatsgewalten: die Zentrale in Léopoldville (Kinshasa), zudem Elisabethville (Lubumbashi) / Katanga (Shaba), Bakwanga (Mbuji-Mayi) / Kasai und Stanleyville (Kisangani) / Nordost-Kongo.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Sezessionen wurden Anfang 1963 durch den Einsatz von UNO-Truppen [3] beendet. Die Gegenregierung konnte sich militärisch nicht behaupten; Lumumba-Anhänger Gizenga trat im Juli 1961 als Vize-Regierungschef in das Kompromiß-Kabinett Adoula ein, wurde aber nach wenigen Monaten wieder aus seinem Amt entfernt, anschließend verhaftet und später exiliert. Lumumba wurde von Mobutu-Truppen verhaftet und Anfang 1961 unter bis heute ungeklärten Umständen ermordet. Später wurde er vom 1965 an die Macht gelangten Regime Mobutus aus politischen Gründen zum Nationalhelden verklärt.
Die Kriegshandlungen forderten mindestens 100.000 Todesopfer. Die Ökonomie wurde zerrüttet, die Staatlichkeit Kongos war nahe am völligen Zerfall.
ANMERKUNGEN
[1] Die militärischen Konfrontationen der Zentralgewalt Kongos mit den Sezessionisten in Katanga (Shaba) und Kasai 1960-63 sowie mit der Gegenregierung in Nordost-Kongo 1960/61 verliefen räumlich getrennt. Die Ereignisse werden daher trotz ihrer Bezüge und Wechselwirkungen als Bestandteile zweier verschiedener Kriege gewertet.
[2] Ein Kontingent von Truppen Ghanas war schon vor den Beschlüssen der UN-Organe im Kongo. Es diente dem Schutz der Regierung. Ob es in Kämpfe verwickelt war, konnte nicht festgestellt werden.
[3] Die letzten UNO-Truppen verließen Zaire am 30. Juni 1964.
Klaus Schlichte / Peter Körner
Kongo-Kinshasa (MNC, 1960 - 1961)
AKUF-Datenbanknr.: |
279 |
Kriegsdauer: |
9/1960 - 9/1961 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Mouvement National Congolais/Lumumba (MNC/L) (9/1960 - 9/1961) / Mouvement National Congolais/Kalondji (MNC/K) |
Seite B |
Kongo-Kinshasa |
Intervention zugunsten A: |
Belgien (11.7. 1960 - 4.9.1960) |
Intervention Kriegsbeendigung: |
Äthiopien/Ghana [2]/Indien/Irland/Italien/Kanda/Marokko/Schweden/Sudan/Tunesien (alle: 7/1960 - 13.1.1963) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Belgien hatte in seiner Kolonie Kongo, dem späteren Zaire, ein äußerst repressives Regime geführt und die Dekolonisation erst zugelassen, als es erkannt hatte, daß sie nicht mehr aufzuhalten war. Da Kongo-Leopoldville auf die Unabhängigkeit im Juni 1960 schlecht vorbereitet war, erwuchsen aus seiner ökonomischen, soziokulturellen und politischen Heterogenität rasch Zentrifugalkräfte, die seine staatliche Existenz akut bedrohten: Die Eliten der rohstoffreichen Provinzen Katanga (Shaba) und Kasai beabsichtigten, die Ressourcen ihrer Gebiete - vor allem Kupfer/Kobalt einerseits, Diamanten andererseits - der Zentralgewalt zu entziehen und für sich zu reservieren; sie entschieden sich für die Abspaltung vom kongolesischen Staatsverband. Die Zentralregierung unter Patrice Lumumba versuchte vergeblich, die Einheit wiederherzustellen; sie wurde wegen angeblich prokommunistischer Orientierung im September 1960 durch eine prowestliche Gruppe um Armeechef Sésé Mobutu gestürzt. Anhänger Lumumbas formierten sich ihrerseits militärisch gegen die von Mobutu eingesetzte, prowestliche Zentralregierung und bildeten in Stanleyville (Kisangani) in Nordost-Kongo1961 eine Gegenregierung. Vorübergehend existierten damit in Zaire vier konkurrierende Staatsgewalten: die Zentrale in Léopoldville (Kinshasa), zudem Elisabethville (Lubumbashi) / Katanga (Shaba), Bakwanga (Mbuji-Mayi) / Kasai und Stanleyville (Kisangani) / Nordost-Kongo.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Sezessionen wurden Anfang 1963 durch den Einsatz von UNO-Truppen [3] beendet. Die Gegenregierung konnte sich militärisch nicht behaupten; Lumumba-Anhänger Gizenga trat im Juli 1961 als Vize-Regierungschef in das Kompromiß-Kabinett Adoula ein, wurde aber nach wenigen Monaten wieder aus seinem Amt entfernt, anschließend verhaftet und später exiliert. Lumumba wurde von Mobutu-Truppen verhaftet und Anfang 1961 unter bis heute ungeklärten Umständen ermordet. Später wurde er vom 1965 an die Macht gelangten Regime Mobutus aus politischen Gründen zum Nationalhelden verklärt.
Die Kriegshandlungen forderten mindestens 100.000 Todesopfer. Die Ökonomie wurde zerrüttet, die Staatlichkeit Kongos war nahe am völligen Zerfall.
ANMERKUNGEN
[1] Die militärischen Konfrontationen der Zentralgewalt Kongos mit den Sezessionisten in Katanga (Shaba) und Kasai 1960-63 sowie mit der Gegenregierung in Nordost-Kongo 1960/61 verliefen räumlich getrennt. Die Ereignisse werden daher trotz ihrer Bezüge und Wechselwirkungen als Bestandteile zweier verschiedener Kriege gewertet.
[2] Ein Kontingent von Truppen Ghanas war schon vor den Beschlüssen der UN-Organe im Kongo. Es diente dem Schutz der Regierung. Ob es in Kämpfe verwickelt war, konnte nicht festgestellt werden.
[3] Die letzten UNO-Truppen verließen Zaire am 30. Juni 1964.
Klaus Schlichte / Peter Körner
Kongo-Kinshasa (Antiregime-Krieg II, 1994 - 1966)
AKUF-Datenbanknr.: |
78 |
Kriegsdauer: |
1/1964 - 1966 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Mulelisten / Conseil National de Libération (CNL) und seine Truppen Armée Populaire de Libération (APL) (15.4.1964 - 1966) |
Seite B |
Kongo-Kinshasa |
Intervention zugunsten B: |
Vereinigte Staaten von Amerika (15.4.1964 - 5/1966), Belgien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Nach der unvorbereiteten Unabhängigkeit Kongo-Kinshasas von Belgien und der Freisetzung der Zentrifugalkräfte während des Dekolonisationsprozesses (vgl. Krieg Nr. 55) hatte sich keine legitimierte staatliche Zentralgewalt etablieren können. Es war ein Machtvakuum entstanden, das erneut Kriegshandlungen provozierte, die ihrerseits die Konsolidierung der Zentralgewalt erschwerten:
a) Eine maoistische Guerilla um Pierre Mulele brachte in einem von Januar 1964 bis ins Jahr 1966 dauernden Aufstand vorübergehend große Teile der Region Kwilu unter ihre Kontrolle.
b) In einem von April 1964 bis Mitte 1966 geführten Feldzug konnten nationalistisch-lumumbistische Gruppen des CNL vorübergehend beträchtliche Teile des östlichen Kongo-Kinshasas erobern, darunter die regional wichtigste Stadt Stanleyville (Kisangani).
c) Von Juli bis September 1966 kämpfte eine Gruppe aufständischer Soldaten aus Katanga (Shaba) gegen das im November 1965 durch Putsch an die Macht gelangte Mobutu-Regime und für die Wiedereinsetzung des aus Katanga stammenden, ehemaligen Premierministers Tshombé. Aufständische Truppen besetzten die Stadt Stanleyville (Kisangani) in Nordost-Kongo; zugleich drangen Rebellen von Angola aus in Shaba/Südost-Kongo ein.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Kriegshandlungen erschütterten abermals die Zentralgewalt. Aufgrund der instabilen Lage kam es am 24. November 1965 zu einem - vermutlich vom CIA der USA unter-stützten - Staatsstreich des Militärs und zur Machtübernahme durch Mobutu. Das Mobutu-Regime konnte sich dank ausländischer Interventionen und mit dem Einsatz von Söldnern stabilisieren.
Der Kwilu-Aufstand der Mulele-Gruppe endete mit einer Niederlage; Mulele selbst ging ins Exil, kehrte 1967 unter Zusicherung freien Geleits nach Kongo-Kinshasa zurück, wurde aber doch verhaftet und am 9. Oktober 1968 hingerichtet. Die CNL-Rebellion wurde mit ausländischer Hilfe (USA, Belgien) niedergeschlagen. Die militärischen Aktivitäten der Tshombé-Anhänger wurden durch den Einsatz von Söldnertruppen beendet. Die Söldner wurden wenig später ihrerseits für das Regime zu einem militärischen Problem (vgl. Krieg Nr. 96).
ANMERKUNGEN
[1] Die Kriegshandlungen waren räumlich und z.T. auch zeitlich getrennt und von der Zielsetzung her unterschiedlich. Sie werden daher als zwei verschiedene Kriege gewertet. Beide resultierten jedoch aus der nach wie vor äußerst instabilen Lage der Zentralgewalt. Aufgrund tatsächlicher sowie möglicher, aber ungeklärter Bezüge und Wechselwirkungen werden sie hier zusammen dargestellt.
Klaus Schlichte / Peter Körner
Kongo-Kinshasa (Katanga-Soldaten, 1966)
AKUF-Datenbanknr.: |
280 |
Kriegsdauer: |
24.7.1966 - 24.9.1966 |
Kriegstyp: |
A-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Katangische Soldaten und Söldner unter Ferdinand Tshimpala |
Seite B |
Kongo-Kinshasa |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Nach der unvorbereiteten Unabhängigkeit Kongo-Kinshasas von Belgien und der Freisetzung der Zentrifugalkräfte während des Dekolonisationsprozesses (vgl. Krieg Nr. 55) hatte sich keine legitimierte staatliche Zentralgewalt etablieren können. Es war ein Machtvakuum entstanden, das erneut Kriegshandlungen provozierte, die ihrerseits die Konsolidierung der Zentralgewalt erschwerten:
a) Eine maoistische Guerilla um Pierre Mulele brachte in einem von Januar 1964 bis ins Jahr 1966 dauernden Aufstand vorübergehend große Teile der Region Kwilu unter ihre Kontrolle.
b) In einem von April 1964 bis Mitte 1966 geführten Feldzug konnten nationalistisch-lumumbistische Gruppen des CNL vorübergehend beträchtliche Teile des östlichen Kongo-Kinshasas erobern, darunter die regional wichtigste Stadt Stanleyville (Kisangani).
c) Von Juli bis September 1966 kämpfte eine Gruppe aufständischer Soldaten aus Katanga (Shaba) gegen das im November 1965 durch Putsch an die Macht gelangte Mobutu-Regime und für die Wiedereinsetzung des aus Katanga stammenden, ehemaligen Premierministers Tshombé. Aufständische Truppen besetzten die Stadt Stanleyville (Kisangani) in Nordost-Kongo; zugleich drangen Rebellen von Angola aus in Shaba/Südost-Kongo ein.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Kriegshandlungen erschütterten abermals die Zentralgewalt. Aufgrund der instabilen Lage kam es am 24. November 1965 zu einem - vermutlich vom CIA der USA unter-stützten - Staatsstreich des Militärs und zur Machtübernahme durch Mobutu. Das Mobutu-Regime konnte sich dank ausländischer Interventionen und mit dem Einsatz von Söldnern stabilisieren.
Der Kwilu-Aufstand der Mulele-Gruppe endete mit einer Niederlage; Mulele selbst ging ins Exil, kehrte 1967 unter Zusicherung freien Geleits nach Kongo-Kinshasa zurück, wurde aber doch verhaftet und am 9. Oktober 1968 hingerichtet. Die CNL-Rebellion wurde mit ausländischer Hilfe (USA, Belgien) niedergeschlagen. Die militärischen Aktivitäten der Tshombé-Anhänger wurden durch den Einsatz von Söldnertruppen beendet. Die Söldner wurden wenig später ihrerseits für das Regime zu einem militärischen Problem (vgl. Krieg Nr. 96).
ANMERKUNGEN
[1] Die Kriegshandlungen waren räumlich und z.T. auch zeitlich getrennt und von der Zielsetzung her unterschiedlich. Sie werden daher als zwei verschiedene Kriege gewertet. Beide resultierten jedoch aus der nach wie vor äußerst instabilen Lage der Zentralgewalt. Aufgrund tatsächlicher sowie möglicher, aber ungeklärter Bezüge und Wechselwirkungen werden sie hier zusammen dargestellt.
Klaus Schlichte / Peter Körner
Zaïre (Söldnerrebellion, 1967)
AKUF-Datenbanknr.: |
96 |
Kriegsdauer: |
5.7.1967 - 6.11.1967 |
Kriegstyp: |
A-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Söldner und Teil der ehemaligen "Gendarmerie Katangaise" |
Seite B |
Zaïre |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Europäische Söldner der zairischen Armee sowie Teile der ehemaligen "Gendarmerie Katangaise", die nach dem Sezessionskrieg Katangas (vgl. Kriege Nr. 55 und Nr. 78) in die Armee Zaïres integriert worden waren, versuchten die Rückkehr des am 30. Juni 1967 in Algerien festgesetzten ehemaligen Ministerpräsidenten Moise Tschombé in die Regierung zu erpressen. Eine Söldnergruppe unter dem Belgier Jean Schramme kämpfte sich von Kisangani (Stanleyville) nach Bukavu durch; dort wurde sie von den zairischen Streitkräften eingeschlossen und schließlich nach Ruanda abgedrängt, wo sie bis 1968 interniert wurde. Eine zweite Söldnergruppe unter dem Franzosen Robert ("Bob") Denard griff Zaïre im Herbst 1967 von der portugiesischen Kolonie Angola aus an, wurde aber rasch abgewehrt. Das Mobutu-Regime suchte die mit Tschombé sympathisierenden Söldner zu entwaffnen, um die eigene Machtposition zu sichern.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg endete mit dem Status quo ante. Die Machtposition Mobutus stabilisierte sich.
Während der Kämpfe kam es zu Massakern an der Zivilbevölkerung, die Stadt Bukavu wurde zerstört und entvölkert. Die Zahl der Todesopfer soll bei 1.020 gelegen haben.
Klaus Schlichte
Zaïre (Shaba, 1977 - 1978)
AKUF-Datenbanknr.: |
128 |
Kriegsdauer: |
8.3.1977 - 30.5.1978 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite B) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Front de Libération Nationale Congolais (FLNC) [1] |
Seite B |
Marokko (4/1977 - 26.5.1977) / Belgien (20.5.1978 - 30.5.1978) / Frankreich (19.5.1978 - 30.5.1978) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Kriegsgrund lag in dem Ruin von Staat und Ökonomie durch das Mobutu-Regime, das infolge ausufernder Korruption, skrupelloser Ressourcenvergeudung, eklatanter Menschenrechtsverletzungen und internationaler Kreditunwürdigkeit die politische Legitimation verloren hatte. Die FLNC, deren Kämpfer von Angola aus nach Zaïre einsickerten, strebte den Sturz des Regimes durch Eroberung der wirtschaftlichen Lebensader Zaïres, Shaba, an. Ihre politische Orientierung war allerdings wesentlich weniger entwickelt als ihre militärische Organisation. Welchen Kurs Zaïre im Falle eines FLNC-Siegs wirtschaftlich, sozial, innen- und außenpolitisch eingeschlagen hätte, blieb undeutlich; es gab kein detailliert ausgearbeitetes Programm.
Mit der FLNC sympathisierten Teile der Bevölkerung in den Kampfgebieten, vor allem Angehörige des Lunda-Volkes, das in den 60er Jahren die Basis für die Katanga-Sezession gebildet hatte. Es gab auch Kontakte zu Regimegegnern in anderen Organisationen, darunter die Parti de la Révolution Populaire.
Nach dem Abbruch der Kämpfe im Jahr 1977, der aus dem Zurückweichen der FLNC vor der militärisch übermächtigen Gegenseite resultierte, blieb die Situation in Shaba gespannt. Die FLNC war nicht geschlagen, sondern zog sich zurück, um sich zu reorganisieren. Das Hauptziel der erneut von Angola aus eingesickerten FLNC bestand wie im Vorjahr in dem Sturz des Regimes durch Eroberung der wirtschaftlichen Lebensader Zaïres, Shaba. Aufgrund der strategischen Bedeutung Zaïres im Ost-West-Konflikt und der dezidiert prowestlichen Ausrichtung des Regimes kam es zu einer koordinierten Rettungsaktion mehrerer westlicher Staaten, die die FLNC in die Schranken wies.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die FLNC wurde militärisch besiegt. Das Mobutu-Regime mußte seinen Rettern, den westlichen Gläubigerstaaten, beträchtliche Zugeständnisse machen: Um die zerrüttete Ökonomie sanieren zu können, wurden die Zentralbank, das Finanzministerium und der Zoll Zaïres unter die Kontrolle des IWF und der Gläubigerstaaten gestellt. Mit Angola mußte das Regime ein Friedensabkommen schließen, das zum Ziel hatte, der FLNC das Rückzugsgebiet in Angola zu nehmen. Innenpolitisch unternahm das Regime auf Druck der USA kleine Schritte der Liberalisierung, die jedoch bald zurückgenommen wurden. Die Gläubigerstaaten festigten Mobutus Position durch Wirtschafts- und Militärhilfe. Zur militärischen Stabilisierung der Lage war in Shaba vorübergehend eine interafrikanische Streitmacht - vor allem mit Soldaten aus konservativen frankophonen Staaten - stationiert (Juni 1978 bis September 1979).
Der Krieg forderte bis zu 1.000 Todesopfer.
ANMERKUNGEN
[1] Die FLNC, 1968 vom ehemaligen Armeeoffizier Nathaniel Mbumba (mit Hauptquartier Paris) gegründet, rekrutierte sich aus ehemaligen Katanga-Sezessionisten, die sich nach Angola zurückgezogen, dort für die Kolonialmacht Portugal gekämpft, sich schließlich nach der Unabhängigkeit Angolas aber mit der MPLA arrangiert hatten, außerdem aus der in Katanga/Shaba ansässigen Ethnie der Lunda und aus Gegnern des Mobutu-Regimes aus verschiedenen Teilen Zaïres. Obwohl die FLNC-Führung in ihrer Rhetorik die politische Orientierung gegen das Regime über die militärische Stärke erhob, blieb das politische Profil blaß und von begrenzter Mobilisierungskraft. Militärisch hingegen war sie besser organisiert als die reguläre zairische Armee, die während des Krieges nur dank massiver militärischer Unterstützung durch Marokko und westliche Industriestaaten das Regime zu halten vermochte.
Peter Körner
Zaïre (Anti-Regime, 1996 - 1997)
AKUF-Datenbanknr.: |
229 |
Kriegsdauer: |
11.10.1996 - 17.05.^997 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg (Seite A) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Alliance des Forces Démocratique pour la Libération du Congo-Zaïre (AFDL) [1] |
Seite B |
Zaïre |
wechselnd: |
Mayi-Mayi-Milizen [2] |
Intervention zugunsten A: |
Ruanda / Uganda (seit 10/1996) / Angola (seit 3/1997) / Conseil National de Résistance (CNR, ehem. Katanga-Gendarmen) (seit 3/1997) [3] |
Intervention zugunsten B: |
Hutu-Milizen (der ruandischen und burundischen Flüchtlinge in Zaïre) (seit 10/1996) / Uniao Nacional para la Independencia Total de Angola (UNITA) (seit 12/1996) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Jahrzehnte von Korruption und Ausbeutung durch das Regime von Präsident Mobutu Sese Seko hatten den zaïrischen Staat zunehmend geschwächt. Unter dem Druck, das politische System zu liberalisieren, verschärfte das Regime 1993 ethnische Spannungen, die in mehreren Landesteilen zu Pogromen gegen verschiedene Teile der Bevölkerung führten, unter anderem auch gegen die zaïrischen Tutsi im Osten des Landes. Die Lage in dieser Region wurde zusätzlich durch die für den Völkermord in Ruanda von 1994 verantwortlichen Milizen verschärft, die sich in den Osten Zaïres geflüchtet hatten. Dort terrorisierten sie seitdem einerseits Teile der Bevölkerung, und andererseits bedrohten sie das neue Regime in Ruanda mit ständigen Überfällen. Als Anfang Oktober 1996 dann eine Teilgruppe der zaïrischen Tutsi (die sogenannten Banyamulenge) von lokalen Behörden aufgefordert wurde, binnen einer Woche das Land zu verlassen, brach der Aufstand gegen das Mobutu-Regime los. Im Osten des Landes schlossen sich rasch mehrere oppositionelle Gruppen zur AFDL zusammen. Das Ziel dieser Rebellion war ein doppeltes: Zum einen der Sturz Mobutus, und auf Seiten der östlichen Nachbarstaaten das Abschneiden von Rückzugsmöglichkeiten für diverse Rebellenbewegungen. Letzeres Motiv war auch ausschlaggebend für das Eingreifen des südlichen Nachbarstaates Angola im März 1997, das letztlich den schnellen Erfolg der Rebellion nach nur sieben Monaten ermöglichte.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die mehr als 30jährige Herrschaft Mobutus wurde beendet. Damit verbunden erhielt der Staat seinen alten Namen "Demokratische Republik Kongo" zurück. Die weiteren direkten Auswirkungen des Krieges sind weitgehend unbekannt. So bewegen sich die Schätzungen für die Zahl der Todesopfer zwischen mehreren Zehntausend und einer halben Million. Bereits zu Beginn des Krieges wurden die Flüchtlingslager mit den ruandischen Flüchtlingen des Jahres 1994 aufgelöst und der größte Teil dieser mehr als 1 Million Menschen kehrte nach Ruanda zurück (vgl. Krieg Nr. 189).
Die neue Regierung erbte vom alten Regime eine ganze Reihe von ungelösten Problemen. Der Regierungswechsel erfüllte aber eine ganze Reihe von Hoffnungen nicht: Der Streit mit der UNO über die Untersuchung auch von Kriegsverbrechen seitens der AFDL und des verbündeten Ruanda schadete dem Ansehen der neuen Regierung und verhinderte das Einsetzen von wirtschaftlicher Hilfe beim Wiederaufbau des Landes; eine versprochene Demokratisierung wurde nicht eingeleitet und die Machtfülle, mit der sich der neue Präsident Laurent Désiré Kabila ausstatten ließ, führte in- und ausländische Beobachter schon nach kurzer Zeit dazu, das neue Regime mehr als Fortsetzung des alten mit neuen Gesichtern anzusehen. Nicht zuletzt konnte auch das Problem der Rebellengruppen aus den östlichen Nachbarländern nicht gelöst werden, bereits wenige Monate nach dem Machtwechsel brachen im Osten des Landes erneut Kämpfe aus.
ANMERKUNGEN
[1] Die AFDL ist ein Zusammenschluß von vier Gruppen: Alliance Démocratique des Peuples (ADP, Zusammenschluß der Banyamulenge mit anderen zairischen Tutsi), Parti de la Révolution Populaire (PRP, militärischer Arm: Forces Armées Populaires (FAP)), Conseil National de la Résistance pour la Démocratie (CNRD), Mouvement Révolutionnaire pour la Libération du Zaïre (MRLZ)
[2] Mayi-Mayi ist eine Sammelbezeichnung für mehrere auf ethnischer Grundlage rekrutierte Milizen in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu in Ost-Zaïre. Sie kämpften zu Beginn der Kämpfe auf Seiten der AFDL und wechselten im Januar 1997 die Seite.
[3] Die CNR-Kämpfer griffen aus dem Exil in Angola und mit Unterstützung der dortigen Regierung in den Krieg ein.
Wolfgang Schreiber
Kongo-Kinshasa (Afrikanischer Regionalkrieg, 1998 - 2001)
AKUF-Datenbanknr.: |
250 |
Kriegsdauer: |
2.8. 1998 - 2/2001 |
Kriegstyp: |
AC-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Abbruch der Kämpfe |
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Kriegführende |
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Seite A |
Rassemblement Congolais pour la Démocratie (RCD), Ruanda, Uganda, Mouvement pour la Libération du Congo (MLC) (seit 11/1998), Rassemblement Congolais pour la Démocratie - Mouvement de Libération (RCD-ML) (seit 7/1999) |
Seite B |
Kongo-Kinshasa, Interahamwe und ehem. Forces Armées Rwandaises (Ex-FAR) 1999 umbenannt in Armée pour la Libération du Rwanda (ALIR), Allied Democratic Forces (ADF), Mayi-Mayi-Milizen, Forces pour la Défense de la Démocratie (FDD) |
Intervention zugunsten A: |
Burundi (zeitweise), Uniao Nacional para Independencia Total de Angola (UNITA) (seit 8/1998) |
Intervention zugunsten B: |
Simbabwe (seit 20.8.1998), Angola (seit 22.8.1998), Namibia (seit 22.8.1998), Tschad (9/1998-5/1999), Sudan (10/1998-1999) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Keine 18 Monate nach dem Feldzug, der das Regime von Mobutu Sese Seko im Mai 1997 aus dem Amt vertrieb und Laurent-Désiré Kabila an die Macht brachte (vgl. Krieg Nr. 229), führten die Konflikte innerhalb des siegreichen Bündnisses zu einer offenen militärischen Auseinandersetzung. Bewaffnete Auseinandersetzungen hatten bereits zwei Monate nach Machtantritt der neuen Regierung im Juli 1997 in den Kivu-Provinzen im Osten des Landes begonnten. Auf ethnischer Grundlage rekrutierte Milizen kämpften im Bündnis vor allem mit Hutu-Milizen aus Ruanda gegen die kongolesischen Tutsi sowie die Armeen Kongos und Ruandas. Ruanda hatte als einer Hauptverbündeten der AFDL ähnlich wie Uganda weiterhin Truppen im Kongo stationiert. Trotz Erfolglosigkeit setzten insbesondere Ruanda und Uganda weiter auf eine militärische Lösung, während die Regierung im Kongo auch Verhandlungen nach und nach zumindest nicht mehr ausschloss.
Die rebellierenden Armeeeinheiten im Osten des Landes formierten sich politisch mit anderen Oppositionellen unter Unterstützung Ruandas und Ugandas unter dem Dach der RCD. Von Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen an waren Ruanda und das mit diesem verbündete Uganda massiv an den Kampfhandlungen beteiligt. Beide Staaten wurden durch Übergriffe von verschiedenen Rebellenbewegungen, die im Osten des Kongo sowohl ihre Rückzugsgebiete als auch verbündete kongolesische Milizen hatten, bedroht (Ruanda durch Interahamwe und Ex-FAR, Uganda durch ADF). Gleiches gilt auch für Burundi (durch FDD), das aber mit seinen Truppen nur von Zeit zu Zeit in die Kämpfe eingriff.
Auf der anderen Seite war es zunächst der simbabwische Präsident Robert Mugabe, der der Regierung Kabila zu Hilfe kam. Ihm gelang es darüber hinaus, Angola und in kleinerem Maßstab Namibia zur Entsendung von Truppen in den Kongo zu bewegen. Auf der Seite der Unterstützer Kabilas hatte Angola mit der Bedrohung durch die UNITA eine ähnliche sicherheitspolitische Motivation wie die östlichen Nachbarn Kongo-Kinshasas. Neben anderen Faktoren steht zu vermuten, dass Angola als Folge eines Sieges der von Ruanda und Uganda gestützten RCD-Rebellen eine Konzentration einer solchen kongolesischen Regierung auf die Sicherung der Ostgrenzen des Landes erwartete, bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Südgrenze. Die Interessen Simbabwes und in geringerem Maße Namibias waren eher wirtschaftlicher Natur. Beide Staaten hatten Kabila 1996/97 materiell unterstützt und befürchteten ein Ausbleiben der Rückzahlung der Schulden bei einem Sieg der RCD.
Die Rebellenallianz erwies sich auf die Dauer als wenig stabil. Bereits im Oktober 1998 hatte sich mit ugandischer Hilfe die MLC als zweite Rebellengruppe gebildet. Ein deutlicher Riss zeigte sich vor allem 1999 mit der Abspaltung der RCD-ML von der RCD entlang der Loyalitäten zu Ruanda oder Uganda.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Das Lusaka-Abkommen von 1999 wurde zunächst nicht eingehalten, wurde aber die Grundlage der weiteren Friedensverhaldungen. Erst nach dem Tod des kongolesischen Präsidenten Laurent-Désiré Kabila (16./17. Januar 2001) wurde der Waffenstillstand umgesetzt und seit Februar 2001 fanden zwischen den Unterzeichnern des Lusaka-Abkommens keine Kampfhandlungen mehr statt. Unvermindert weiter gingen dagegen die Kämpfe im Osten des Landes (Kivu-Provinzen und Ituri-Distrikt), die allerdings weitgehend eigenständige Schauplätze bewaffneter Konflikte bildeten. Der Rückzug der ausländischen Truppen, insbesondere Ruandas und Ugandas, erfolgte erst im Herbst 2002.
Faktisch bestand zu Ende des Krieges und in den Jahren danach eine Drei- oder gar Vierteilung des Kongo. Der Westen und der Süden stand unter Kontrolle der kongolesischen Regierung. Der Norden wurde von den mit Uganda verbündeten Rebellenbewegungen beherrscht (MLC und RCD-ML) und der Osten von der RCD. Dabei blieb allerdings die Herrschaft im Osten (Kivu-Provinzen) und Nordosten (Distrikt Ituri) von verschiedenen Milizen herausgefordert. Mit dieser Teilung des Landes ging auch eine Aufteilung in verschiedene Wirtschaftszonen einher, über deren Ausbeutung eine Expertenkommission den UN mehrere Berichte vorlegte. Erst in den Jahren 2003/2004 wurde eine gemeinsame Regierung unter Einbeziehung aller kongolesischen Kriegsparteien und ziviler Oppositionskräfte gebildet. Die pronzipielle Aufteilung des Landes wurde aber dadurch noch nicht aufgehoben.
Gemessen an der Zahl der an den Kämpfen beteiligten Staaten und Rebellenbewegungen war der "Afrikanische Regionalkrieg" bis dato der größte Krieg auf dem afrikanischen Kontinent. Die auf 3,5 Millionen geschätze Zahl der direkten und indirekten Todesopfer ist allerdings nur teilweise diesem Krieg zuzurechnen. Die weitaus meisten Opfer forderten die Auseinandersetzungen im Osten des Kongo, die zeitlich parallel und mit diversen Wechselwirkungen untereinander stattfanden.
Wolfgang Schreiber
Kongo-Kinshasa (Ostkongo, seit 2005)
AKUF-Datenbanknr.: |
316 |
Kriegsdauer: |
seit 2005 |
Kriegstyp: |
AA-1 |
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Kriegführende |
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Seite A |
Mouvement Revolutionaire du Congo (MRC), Forces Démocratique pour la Libération du Rwanda (FDLR), Union des Patriotes Congolais (UPC), Front Nationalistes et Integrationistes (FNI), Mayi-Mayi |
Seite B |
Kongo-Kinshasa |
Intervention zugunsten B: |
Mission de l'Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo (MONUC) |
Bewaffnete Konflikte in Kongo-Kinshasa seit 1993
- Kongo-Kinshasa (Kivu, 1997 - )
- Kongo-Kinshasa (Ituri, 2002 - )