Angola
Kriege in Angola seit 1945
Angola (Dekolonisation, 1961 - 1975)
AKUF-Datenbanknr.: |
62 |
Kriegsdauer: |
04.02.1961 - 11.11.1975 |
Kriegstyp: |
D-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vereinbarung ohne Vermittlung |
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Kriegführende |
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Seite A |
Movimento Popular de Libertaæao de Angola (MPLA) [1] / UniÞo Nacional pela Independência Total de Angola (UNITA) [2] (seit 13.3.1966) / Frente Nacional de LibertaæÞo de Angola (FNLA) [3] (seit 3/1961) |
Seite B |
Portugal |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Krieg in Angola begann 1961 als antikoloniale Erhebung rivalisierender Organisationen gegen Portugal. Nach dem Zusammenbruch des faschistischen Regimes in Portugal unter Salazar im April 1974 ("Nelkenrevolution") und dem dadurch verursachten Ende des portugiesischen Kolonialismus entbrannte der innerangolanische Kampf um die Eroberung der Zentralgewalt, den die sozialistische MPLA dank der Intervention kubanischer Truppen 1975/76 gegen Einheiten der FNLA und der UNITA sowie gegen Söldnerverbände und Regierungstruppen aus Zaïre und Südafrika für sich entschied.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Am 11. November 1975 wurde Angola unter der MPLA-Regierung völkerrechtlich unabhängig. Danach führten vor allem die UNITA und Südafrika, bis 1978 auch die FNLA, einen Destabilisierungskrieg gegen die MPLA-Regierung (vgl. Krieg Nr. 281).
ANMERKUNGEN
[1] Die MPLA wurde 1956 als Zusammenschluß verschiedener Gruppierungen gegründet. Sie rekrutierte sich vorwiegend aus Intellektuellen, Fachkräften und Lohnarbeitern mit Schwerpunkt in der Region um Luanda. Ihre Zielorientierung richtete sich auf einen von ethnischen Gegensätzen freien, sozialistischen Staat Angola. MPLA-Chef wurde 1962 Agostinho Neto, nach dessen Tod 1979 José Eduardo dos Santos. Im Krieg gegen die Kolonialmacht Portugal wurde die MPLA vorübergehend durch interne Flügelkämpfe paralysiert. 1975 gelang es ihr mit Hilfe kubanischer Soldaten und sowjetischer Waffenlieferungen, im Kampf um die Macht in Luanda die rivalisierenden Organisationen niederzuhalten und Angolas Unabhängigkeit unter MPLA-Regierung zu realisieren. In den Folgejahren gab sie sich ein marxistisch-leninistisches Gepräge. Der Zermürbungskrieg der UNITA und Südafrikas, der unter der Reagan-Regierung von den USA unterstützt wurde, trug jedoch zur wirtschaftlichen und politischen Zerrüttung des MPLA-Regimes bei. In den 80er Jahren verfolgte die MPLA zunehmend einen pragmatischen Kurs, der eine Verhandlungslösung für den Krieg ebenso einschloß wie die Öffnung nach Westen - mit der (parteiintern nicht unumstrittenen) Bereitschaft, die Sanierungskonzepte der USA-dominierten internationalen Finanz- und Entwicklungshilfeorganisationen IWF und Weltbank für den Wiederaufbau Angolas zu nutzen.
[2] Die UNITA entstand 1966 als antikoloniale Organisation gegen die portugiesische Herrschaft. Ihr Chef wurde Jonathan Savimbi, der zuvor in der FNLA eine wichtige Position eingenommen hatte. Seit 1975 führte die UNITA Krieg gegen die MPLA-Regierung, unterstützt durch Südafrika, Zaïre und die USA (Waffenlieferungen vor allem unter der Reagan-Regierung). Sie gab sich ein prowestliches Profil, ließ aber wenig Konkretes hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Ziele nach einem eventuellen militärischen Sieg verlauten. Im Laufe des Krieges hat sich die UNITA von einer primär ethnisch verankerten Bewegung (Ovimbundu) zu einer kleinbürgerlich-nationalen Organisation gewandelt. 1990 verlegte sie ihr Hauptquartier von Jamba in ihrem Stammgebiet Südostangola nach Béu in Nordangola nahe der zairischen Grenze.
[3] Die FNLA wurde 1957 unter dem Namen UniÞo das Populaæñes do Norte de Angola (UPNA) gegründet und zwischenzeitlich in UniÞo das Populaæñes de Angola (UPA) umbenannt. Seit 1962 trug sie den Namen FNLA. Anfangs war sie die militärisch stärkste antikoloniale Bewegung Angolas gegen Portugal. Ihre Basis lag in dem Volk der Bakongo, das nicht nur in Nordangola, sondern auch in Westzaïre und in der Republik Kongo stark verankert ist. Seit 1975 führte die FNLA Krieg gegen die MPLA-Regierung. Sie erhielt Unterstützung vom US-Geheimdienst CIA, von der Volksrepublik China und Zaïre. Ihr Chef Holden Roberto ist weitläufig mit dem zairischen Staatschef Mobutu verwandt. Die FNLA wurde im März 1976 militärisch geschlagen. Seit 1978 konnte sie militärisch nicht mehr agieren, weil ihr das Rückzugsgebiet in Zaïre versperrt wurde - Folge eines Abkommens zwischen der MPLA-Regierung und Zaïre, regierungsfeindliche Organisationen der jeweils anderen Vertragspartei nicht mehr zu unterstützen. Das Mobutu-Regime in Zaïre hatte nach dem zweiten Shaba-Krieg, den 1978 zairische Rebellen von Angola aus organisiert hatten, ein vitales Interesse an dem Abkommen (vgl. Krieg Nr. 133). Die USA, die ein Interesse am politischen Überleben des prowestlichen, zairischen Regimes besaßen, hatten zusätzlich Druck auf Mobutu ausgeübt, diese Vereinbarung zu treffen.
Peter Körner / Klaus Schlichte
Angola (UNITA, 1975 - 2002)
AKUF-Datenbanknr.: |
281 |
Kriegsdauer: |
12.11.1975 - 5/2002 |
Kriegstyp: |
AB-1/A-1 |
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Kriegführende |
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Seite A |
União Nacional pela Independência Total de Angola (UNITA) / Frente Nacional de Libertação de Angola (FNLA) [1] (bis 1978) / Frente de Libertação do Enclave de Cabinda (FLEC) [2] |
Seite B |
Angola |
Intervention zugunsten MPLA [4]/Angola: |
Kuba [3] (07.11.1975 - 20.06.1991) |
Intervention zugunsten FNLA/UNITA [5]: |
Zaire (5/1975 - 2/1976)/Südafrika (14.10.1975 - 1/1989) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Krieg in Angola begann 1961 als antikoloniale Erhebung rivalisierender Organisationen gegen Portugal. Nach dem Zusammenbruch des faschistischen Regimes in Portugal unter Salazar im April 1974 ("Nelkenrevolution") und dem dadurch verursachten Ende des portugiesischen Kolonialismus entbrannte der innerangolanische Kampf um die Eroberung der Zentralgewalt, den die sozialistische MPLA dank der Intervention kubanischer Truppen 1975/76 gegen Einheiten der FNLA und der UNITA sowie gegen Söldnerverbände und Regierungstruppen aus Zaïre und Südafrika für sich entschied.
Am 11. November 1975 wurde Angola unter der MPLA-Regierung völkerrechtlich unabhängig. Danach führten vor allem die UNITA und Südafrika, bis 1978 auch die FNLA, einen Destabilisierungskrieg gegen die MPLA-Regierung. Der FNLA, die sich vor allem auf das Bakongo-Volk in Nordangola stützte, ging es um die Bildung einer prowestlichen Regierung unter Bakongo-Dominanz. Die UNITA rekrutierte sich zunächst vorwiegend aus dem Ovimbundu-Volk und strebte ein prowestliches Angola unter Vorherrschaft dieser Ethnie an. In den 80er Jahren verbreiterte sie ihre Basis durch freiwilligen Zulauf unzufriedener Angolaner und durch Zwangsrekrutierung in eroberten Gebieten. Sie arbeitete nun, weitgehend unabhängig von ethnischer Verankerung, primär auf ein prowestliches Regime und eine liberalkapitalistische Wirtschaftsordnung hin. Südafrika hatte für seine Intervention zwei Gründe: Den Kampf gegen die apartheidsfeindliche, sozialistische Regierung in Luanda und gegen die Präsenz kubanischer Soldaten einerseits, die Beseitigung der Rückzugsgebiete der namibischen Befreiungsbewegung South West African People Organisation (SWAPO) in Südangola andererseits.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die erste Phase des Krieges endete am 11. November 1975 mit der Unabhängigkeit Angolas unter Führung der MPLA. Die MPLA konnte sich dank des Einsatzes kubanischer Soldaten an der Macht halten, wurde aber durch den Destabilisierungskrieg Südafrikas und der UNITA wirtschaftlich und politisch so stark geschwächt, daß sie schließlich einer Verhandlungslösung zustimmen mußte. Südafrika erlitt in Schlachten und Gefechten mit kubanischen Verbänden empfindliche Niederlagen, welche die Bereitschaft zu Verhandlungen und zum Rückzug aus Angola weckten. Die Schwächung der Position Südafrikas in Namibia, das 1990 in die staatliche Unabhängigkeit entlassen werden mußte, sowie des Apartheidsregimes selbst ist zum Teil auf das letztlich erfolglose militärische Engagement in Angola zurückzuführen.
1988 und 1991 wurden Abkommen geschlossen, die den Abzug der südafrikanischen und kubanischen Truppen sowie die Zusicherung demokratischer Wahlen beinhalten. Nach dem Waffenstillstand, der am 20. Juni 1991 wirksam wurde, entwickelte sich die innenpolitische Situation relativ stabil. Nach dem Wahlsieg der MPLA im Oktober 1992 hat die unterlegene UNITA den Krieg jedoch wieder aufgenommen. Die heftigen Kämpfe konzentrieren sich nun verstärkt auf die Städte und auf ökonomisch wichtige Ziele.
In der erdölreichen Enklave Cabinda kommt es seit 1991 zu neuerlichen militärischen Aktivitäten der - mittlerweile sehr zersplitterten, aber von der UNITA unterstützten - FLEC. Sie verdeutlichen, daß diese ihr bereits in den 70er Jahren - mit geringen militärischen Mitteln - vergeblich verfolgtes Partikularziel nicht aufgegeben hat, die staatliche Eigenständigkeit Cabindas zu erreichen. Seit Sommer 1992 haben die militärischen Auseinandersetzungen der Separatisten mit Truppen der angolanischen Zentralgewalt beträchtliche Intensität erreicht.
Der über 30jährige Krieg in Angola forderte bislang mehrere hunderttausend Todesopfer und machte viele Menschen zu Krüppeln. Mehr als zwei Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land, einige Hunderttausende fanden im Ausland eine Bleibe. Die materiellen Kriegskosten auf Seiten der angolanischen Regierung sollen sich allein 1980-88 auf 27-30 Mrd. US-$ belaufen haben. Die Ökonomie wurde total zerrüttet, Hunger und Krankheiten breiteten sich aus.
Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Ablösung des Apartheid-Regimes in Südafrika (vgl. Krieg Nr. 125) schien auch die Beendigung des Krieges in Angola nahe, in dem internationale Konstellationen das entscheidende Friedenshemmnis zu sein schienen. Doch die Unterzeichnung von Friedensabkommen in den Jahren 1992 und 1994 hielt nicht vor. Auch die unter internationaler Aufsicht abgehaltenen Wahlen im September 1992, aus denen die MPLA als Sieger hervorging, sollten nicht das Ende des Krieges bedeuten. Die immer wieder aufbrechenden Kämpfe zwischen der UNITA und der MPLA-Regierung haben Schätzungen zufolge allein zwischen 1992 und 1994 mehr als fünfhunderttausend Menschenleben gekostet.
Die von den UN gegen die UNITA verhängten Sanktionen konnten den Krieg ebensowenig beenden wie die Entsendung einer 7.500 Mann starken United Nations Angola Verification Mission III (UNAVEM III), die seit 1995 den Friedensprozeß flankieren sollte.
ANMERKUNGEN
[1] Die FNLA wurde 1957 unter dem Namen União das Populações do Norte de Angola (UPNA) gegründet und zwischenzeitlich in União das Populações de Angola (UPA) umbenannt. Seit 1962 trug sie den Namen FNLA. Anfangs war sie die militärisch stärkste antikoloniale Bewegung Angolas gegen Portugal. Ihre Basis lag in dem Volk der Bakongo, das nicht nur in Nordangola, sondern auch in Westzaïre und in der Republik Kongo stark verankert ist. Seit 1975 führte die FNLA Krieg gegen die MPLA-Regierung. Sie erhielt Unterstützung vom US-Geheimdienst CIA, von der Volksrepublik China und Zaïre. Ihr Chef Holden Roberto ist weitläufig mit dem zairischen Staatschef Mobutu verwandt. Die FNLA wurde im März 1976 militärisch geschlagen. Seit 1978 konnte sie militärisch nicht mehr agieren, weil ihr das Rückzugsgebiet in Zaïre versperrt wurde - Folge eines Abkommens zwischen der MPLA-Regierung und Zaïre, regierungsfeindliche Organisationen der jeweils anderen Vertragspartei nicht mehr zu unterstützen. Das Mobutu-Regime in Zaïre hatte nach dem zweiten Shaba-Krieg, den 1978 zairische Rebellen von Angola aus organisiert hatten, ein vitales Interesse an dem Abkommen (vgl. Krieg Nr. 133). Die USA, die ein Interesse am politischen Überleben des prowestlichen, zairischen Regimes besaßen, hatten zusätzlich Druck auf Mobutu ausgeübt, diese Vereinbarung zu treffen.
[2] Die FLEC wurde 1963 mit dem Ziel gegründet, die eigenständige Unabhängigkeit der Erdöl-Enklave Cabinda von Portugal zu erreichen. Sie kooperierte vor allem mit der FNLA, war selbst militärisch schwach, versuchte aber, während des Krieges der UNITA und der FNLA gegen die MPLA 1975/76 ihr Partikularinteresse zu verfolgen. Die FLEC wurde, wie die FNLA, im März 1976 militärisch geschlagen und trat danach kaum noch militärisch in Erscheinung. Erst nach dem Waffenstillstand zwischen der angolanischen Regierung und der UNITA im Juni 1991 machte sie erneut durch kleinere Militäraktionen auf sich aufmerksam, die verdeutlichten, daß die staatliche Eigenständigkeit Cabindas nach wie vor ihr politisches Ziel ist.
[3] Kubanische Soldaten griffen zugunsten der MPLA in den Krieg ein. Ihre Anfangszahl belief sich 1975/76 auf 18.000 Mann. Ende der 80er Jahre baute Kuba seine Militärpräsenz in Angola auf 50.000 Mann aus. Seit 1989 wurde die Zahl gemäß dem 1988 geschlossenen Abkommen schrittweise verringert.
[4] Die MPLA wurde 1956 als Zusammenschluß verschiedener Gruppierungen gegründet. Sie rekrutierte sich vorwiegend aus Intellektuellen, Fachkräften und Lohnarbeitern mit Schwerpunkt in der Region um Luanda. Ihre Zielorientierung richtete sich auf einen von ethnischen Gegensätzen freien, sozialistischen Staat Angola. MPLA-Chef wurde 1962 Agostinho Neto, nach dessen Tod 1979 José Eduardo dos Santos. Im Krieg gegen die Kolonialmacht Portugal wurde die MPLA vorübergehend durch interne Flügelkämpfe paralysiert. 1975 gelang es ihr mit Hilfe kubanischer Soldaten und sowjetischer Waffenlieferungen, im Kampf um die Macht in Luanda die rivalisierenden Organisationen niederzuhalten und Angolas Unabhängigkeit unter MPLA-Regierung zu realisieren. In den Folgejahren gab sie sich ein marxistisch-leninistisches Gepräge. Der Zermürbungskrieg der UNITA und Südafrikas, der unter der Reagan-Regierung von den USA unterstützt wurde, trug jedoch zur wirtschaftlichen und politischen Zerrüttung des MPLA-Regimes bei. In den 80er Jahren verfolgte die MPLA zunehmend einen pragmatischen Kurs, der eine Verhandlungslösung für den Krieg ebenso einschloß wie die Öffnung nach Westen - mit der (parteiintern nicht unumstrittenen) Bereitschaft, die Sanierungskonzepte der USA-dominierten internationalen Finanz- und Entwicklungshilfeorganisationen IWF und Weltbank für den Wiederaufbau Angolas zu nutzen.
[5] Die UNITA entstand 1966 als antikoloniale Organisation gegen die portugiesische Herrschaft. Ihr Chef wurde Jonathan Savimbi, der zuvor in der FNLA eine wichtige Position eingenommen hatte. Seit 1975 führte die UNITA Krieg gegen die MPLA-Regierung, unterstützt durch Südafrika, Zaïre und die USA (Waffenlieferungen vor allem unter der Reagan-Regierung). Sie gab sich ein prowestliches Profil, ließ aber wenig Konkretes hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Ziele nach einem eventuellen militärischen Sieg verlauten. Im Laufe des Krieges hat sich die UNITA von einer primär ethnisch verankerten Bewegung (Ovimbundu) zu einer kleinbürgerlich-nationalen Organisation gewandelt. 1990 verlegte sie ihr Hauptquartier von Jamba in ihrem Stammgebiet Südostangola nach Béu in Nordangola nahe der zairischen Grenze.
Peter Körner / Klaus Schlichte
Angola (Cabinda, 1991 - 1994)
AKUF-Datenbanknr.: |
214 |
Kriegsdauer: |
2/1991 - 20.11.1994 |
Kriegstyp: |
B-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Kämpfe unterhalb der Ebene Krieg |
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Kriegführende |
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Seite A |
Frente de Libertação do Enclave de Cabinda (FLEC) |
Seite B |
Angola |
KRIEGSGEGENSTAND UND -ZIELE
Die zum angolanischen Staatsgebiet gehörende und von rund 300.000 Menschen bewohnte Exklave Cabinda liegt zwischen dem ehemaligen Zaire und dem Kongo nordwestlich vom angolanischen Kernland. 1963 vereinigten sich hier mehrere kleinere politische Gruppen zur "Frente de Libertação do Enclave de Cabinda" (FLEC), die neben nationalen Befreiungsbewegungen wie der "Movimento Popular de Libertação de Angola" (MPLA) und der "União Nacional pela Independência Total de Angola" (UNITA) gegen die portugiesische Kolonialherrschaft und darüber hinaus für die Eigenstaatlichkeit Cabindas kämpfte. Die Organisation blieb jedoch sowohl politisch als auch militärisch unbedeutend und wurde an den Verhandlungen über die Beendigung der portugiesischen Kolonialherrschaft nicht beteiligt.
Nach der Unabhängigkeit Angolas im Jahre 1975 änderte sich an der Zugehörigkeit Cabindas zum angolanischen Staatsgebiet nichts, da die Regierung in Luanda nicht bereit war, auf die großen wirtschaftlichen Ressourcen der erdölreichen Exklave zu verzichten, und so Cabinda die Eigenstaatlichkeit versagte. Daraufhin versuchte die FLEC, ihren Unabhängigkeitsbestrebungen mit vereinzelten Angriffen gegen die in Cabinda stationierten angolanischen Armee-Einheiten und gegen ausländische Erdölfirmen Nachdruck zu verleihen.
Historisch stützt die FLEC ihren Anspruch auf die ehemalige portugiesische Kolonialverfassung, in der Cabinda neben Angola und Mosambik als eigenständiges Territorium behandelt wurde. Bereits 1956, als die Kolonialmacht sich schließlich dazu entschloß, Cabinda unter angolanische Verwaltung zu stellen, formierte sich in der Region als Vorläuferin der FLEC eine erste nationale Befreiungsbewegung. Gegenwärtig dürfte das Hauptmotiv der Separatisten aber eher darin bestehen, alleinigen Zugriff auf den Ressourcenreichtum der wichtigsten Ölprovinz Angolas zu gewinnen. Mit einer Durchschnittsproduktion von 760.000 Barrel Öl pro Tag wurden in Cabinda 1997 knapp 90 Prozent der angolanischen Deviseneinnahmen erwirtschaftet. Die Abhängigkeit der angolanischen Zentralregierung von den Ölrevenuen aus Cabinda dokumentierte sich schon während der 1980er Jahre in einem der großen Widersprüche des Kalten Krieges: Im Verlauf des angolanischen Bürgerkrieges verteidigten die sozialistische MPLA und kubanische Truppen wiederholt die vom US-Ölgiganten Chevron betriebenen Anlagen der Cabinda Gulf Oil Company gegen Angriffe der von den USA unterstützen UNITA und der FLEC. Insgesamt blieben die Auswirkungen des Krieges im angolanischen Kernland auf Cabinda jedoch verhältnismäßig gering.
Während der 1980er Jahre begann in der FLEC ein innerer Spaltungsprozeß, der die Angriffe zunächst nahezu zum Erliegen brachte und dazu führte, daß die Organisation inzwischen in mindestens sieben rivalisierende Fraktionen zerfallen ist. Einige dieser Gruppierungen treten für politische Verhandlungen ein und fordern lediglich eine begrenzte Autonomie Cabindas. Die drei stärksten Fraktionen, die "Forces Armadas Cabindesas" (FLEC-FAC), die FLEC-Renovada und die "Frente Democrátia de Cabinda" (FDC), lehnen Verhandlungen ab, bestehen auf der Eigenstaatlichkeit Cabindas und versuchen als politisches Ziel, ein Referendum herbeizuführen. Die militärische Stärke der FLEC-FAC wird auf 600 geschätzt, die der FDC auf etwa 80 aktive Kämpfer. Die FLEC-Renovada hat sich 1997 von 15 auf 1.200 Kämpfer vergrößert.
Diese vergleichsweise kleinen Gruppen konnten die angolanische Zentralregierung in der Vergangenheit weder militärisch noch politisch gefährden. 1993 begann die UNITA aus kurzfristigen taktischen Gründen jedoch, die FLEC-FAC in ihren Aktivitäten gegen die MPLA-Regierung zu unterstützen, und ließ damit die Guerillaaktivitäten erstmals die Intensität eines Krieges annehmen. Obwohl die FLEC nicht in den Friedensprozess im angolanischen Kernland einbezogen war, in dem es im November 1994 zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages zwischen MPLA und UNITA kam (siehe Krieg Nr. 281), flauten die Kampfhandlungen daraufhin auch in Cabinda wieder ab.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Für 1995 und Anfang 1996 wurden kaum Kampfhandlungen aus Cabinda berichtet; die FLEC-Renovada und die MPLA unterzeichneten sogar einen Waffenstillstandsvertrag. Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1996 verschärfte sich die Situation jedoch wieder. Die FLEC-Renovada hob den Waffenstillstandsvertrag auf und im Juli 1996 wurden die Gespräche der FLEC-FAC mit der MPLA für gescheitert erklärt. Beide Organisationen bauten seitdem mit Unterstützung des Präsidenten Lissouba ihre Rückzugsbasen auf dem Gebiet der Republik Kongo (Brazzaville) aus und haben nach Führungswechseln Anfang 1997 sowohl ihre militärische Aktivität intensiviert als auch ihren Separationsanspruch erneut bekräftigt.
Im Laufe des Jahres 1997 hat es wiederholt bei größeren Gefechten zwischen FLEC-FAC und der angolanischen Regierungsarmee (FAA), die mittlerweile wieder rd. 20.000 Mann in Cabinda stationiert hat, mehrere hundert Tote auf beiden Seiten gegeben. Auch die FLEC-Renovada und die FDC lieferten sich zahlreiche Kämpfe mit der FAA. Seit April 1997 verfolgte die FAA außerdem wiederholt Guerillagruppen auf das Gebiet des Kongo (Brazzaville). Diese Situation eskalierte in der Beteiligung angolanischer Truppen (ca. 3.000 Soldaten) an dem Bürgerkrieg General Nguessos gegen Präsident Lissouba in Kongo im Oktober 1997, der mit dem Sieg Nguessos endete. Der Verlust ihrer Rückzugsbasen ist als ein Grund dafür anzusehen, dass die Kämpfe in der Folgezeit weiterhin unterhalb der Ebene einer kriegerischen Auseinandersetzung blieben.
Silja Teege
Bewaffnete Konflikte in Angola seit 1993
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Angola (Cabinda, 1995 - 1998)
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Angola (Cabinda, 2002 - 2006)