Iran
Kriege in Iran seit 1945
Iran (Kurden I, Barzanis, "Mahabad", 1947)
AKUF-Datenbanknr.: |
5 |
Kriegsdauer: |
14.03.1947¹ - 13.04.1947² |
Kriegstyp: |
B-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite A |
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Kriegführende |
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Seite A |
Iran |
Seite B |
Barzanis |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
In der neutralen Zone zwischen den iranischen und sowjetischen Truppen (Iran wurde während des Zweiten Weltkrieges von Großbritannien und der UdSSR besetzt und aufgeteilt) riefen die Kurden im Januar 1946 die unabhängige "Republik Mahabad" aus. Etwa 3.000 aus dem Irak herübergekommene Stammeskrieger der Barzanis (vgl. Krieg Nr. 179) bildeten das militärische Rückgrat der Republik. Nachdem im Dezember 1946 iranische Truppen nach Verhandlungen in Mahabad eingerückt waren, versuchten die Barzanis eine Garantie zu erhalten, ohne Verfolgung in den Irak zurückkehren zu können. Als sich die Verhandlungen unter Einschluß Großbritanniens hinzogen, griffen die iranischen Truppen die Stellungen der Barzanis an.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die kurdische Republik wurde zerschlagen, ihre Führungsschicht ausgeschaltet und in der Folgezeit die kurdische Kultur unterdrückt. Die Barzanis flohen in den Irak zurück und von dort in die UdSSR.
ANMERKUNGEN
[1] Im April/Mai 1946 kam es bereits mehrfach zu Gefechten zwischen Kurden und iranischen Truppen, die durch einen Waffenstillstand beendet wurden.
[2] Ende Mai 1947 kehrten ca. 500-800 Barzanis auf der Flucht vor der irakischen Zentralregierung in den Iran zurück. Bei einem Wettlauf zwischen den Barzanis und iranischen Truppen zur Grenze der UdSSR, die die Kurden bis zum 18. Juni 1947 überschritten, scheint es nicht zu Kampfhandlungen gekommen zu sein.
Torsten Schwinghammer
Iran (Kurden II, KDP, 1979 - 1988)
AKUF-Datenbanknr.: |
144 |
Kriegsdauer: |
7/1979 - 1988 |
Kriegstyp: |
B-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite A |
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Kriegführende |
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Seite A |
Iran |
Seite B |
Kurdische Demokratische Partei-Iran (KDP-Iran) / Komalah¹ (7/1979 - ?) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Die nationalen Minderheiten, die zusammen mehr als 50% der Gesamtbevölkerung des Iran ausmachen, hatten sich an den Kämpfen gegen das Schah-Regime beteiligt und hofften, nach dessen Sturz größere nationale und kulturelle Freiheiten zu erhalten. Nach dem Sieg der Islamischen Revolution begannen die Kurden die ihnen versprochene innere Selbstverwaltung auszubauen. Obwohl dies der Konzeption der klerikalen Führung von einem islamischen Zentralstaat widersprach, musste sie die Entwicklung solange zulassen bis sie ihre Macht konsolidiert hatte. Danach ging sie dazu über mit militärischen Mitteln die kurdischen Autonomiebestrebungen zu zerschlagen und die Gebiete, die ihrer Kontrolle entglitten waren, zurückzuerobern. Auf kurdischer Seite standen ihr hauptsächlich zwei Organisationen gegenüber: die KDP-Iran, die in einem breiten klassenübergreifenden Bündnis für Demokratie im Iran und für die Autonomie Kurdistans kämpfte, und die Komalah, die kurdische Autonomie nur durch eine marxistische Revolution im Iran für erreichbar hielt.²
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nachdem die Pasdaran und die iranischen Truppen die befreiten Gebiete zurückerobert hatten verdrängten sie die kurdischen Organisationen in die unwegsameren Gebirgsregionen, so dass diesen in der Folgezeit nur noch Operationen in kleineren Einheiten möglich waren. Als die iranische Regierung während des Ersten Golfkrieges (vgl. Krieg Nr. 148) ihre Großoffensiven in den Norden verlagerte, schränkte dies die Operationsmöglichkeiten der kurdischen Parteien noch weiter ein. Zusätzlich wurden sie 1986 durch bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der KDP-Iran und der Komalah geschwächt. Nachdem sich die Kampfhandlungen bis zum Ende des Ersten Golfkrieges immer weiter reduzierten gab es danach kaum noch Berichte über militärische Zusammenstöße. Verhandlungen zwischen der KDP-Iran und der iranischen Regierung scheiterten; 1989 wurde der Generalsekretär der KDP-Iran, Ghassemlou, bei Geheimverhandlungen in Wien ermordet. Aufgrund der anhaltenden Repression durch die Pasdaran und die ökonomische Krise des Iran kam es im Juni/Juli 1992 zu Aufständen in kurdischen Ortschaften. Seitdem hat die kurdische Guerilla ihre Angriffe wieder verstärkt; deren Intensität hat die Kriegsschwelle bisher aber noch nicht überschritten.
ANMERKUNGEN
[1] ab 1983: KP des Iran in Kurdistan.
[2] Die Volksfedayin und Mujahedin kämpften ebenfalls in Südostkurdistan gegen die Zentralregierung. Da beide ihren Schwerpunkt auf den Sturz des Regimes und die Umgestaltung des Iran legten - ihr Kampf somit in den Zusammenhang des nachrevolutionären Machtkampfes einzuordnen ist - und die Autonomie Kurdistans für sie nur sekundäres Ziel war, werden sie hier nicht als kriegführende Parteien berücksichtigt.
Torsten Schwinghammer
Irak / Iran ("Erster Golfkrieg, 1980 - 1988)
AKUF-Datenbanknr.: |
148 |
Kriegsdauer: |
22.09.1980¹ - 20.08.1988 |
Kriegstyp: |
C-2² |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Irak |
Seite B |
Iran |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Mit dem Angriff auf den Iran wollte der Irak einen seit Jahren schwelenden Grenzkonflikt zwischen beiden Staaten zu seinen Gunsten entscheiden. Der Grenzverlauf, der traditionell am iranischen Ufer des Schatt-el-Arab verlief, war 1975 in dem Vertrag von Algier auf Druck des seinerzeit militärisch übermächtigen Schah-Regimes in die Flussmitte verlegt worden. Weitere Kriegsziele des Irak waren die Durchsetzung der 1975 vertraglich vereinbarten, aber nicht erfolgten Rückgabe irakischer Gebiete, die Eingliederung der iranischen Ölprovinz Khusistan (Arabistan) in den Irak sowie die Rückgabe der vom Iran 1971 annektierten drei Inseln in der Straße von Hormuz an die arabischen Staaten. In den Wirren nach der Islamischen Revolution sah Saddam Hussein die Chance, den scheinbar geschwächten Iran in kurzer Zeit zu besiegen. Gleichzeitig sollte mit dem Krieg gegen den Iran verhindert werden, daß die schiitische Islamische Revolution in den Irak exportiert wurde.³ Ein schneller Sieg sollte Saddam Hussein den angestrebten Ausbau seiner Machtposition in der arabischen Welt sichern. Der Iran verfolgte im Verlauf des Krieges neben dem Sturz der irakischen Regierung und der Agitation der schiitischen Bevölkerungsmehrheit im Irak das Ziel von innenpolitischen Konflikten abzulenken (Autonomiebestrebungen der iranischen Minderheiten, irakische Unterstützung der arabischen Minderheiten in der Ölprovinz Khusistan, interne Machtkämpfe).
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach der Rückeroberung der Provinz Khusistan durch den Iran (Mai/Juni 1982) und anhaltendem Abnutzungskrieg machte der Irak mehrere Waffenstillstandsangebote. Der Irak reduzierte sein Kriegsziel auf die Anerkennung des Abkommens von Algier. Der Iran weitete seine Forderungen aus: bedingungslose Kapitulation des Irak, Reparationszahlungen, Sturz der irakischen Regierung, Rückführung ausgewiesener Schiiten und internationale Verurteilung des Irak als Aggressor. Im Mai 1984 verstärkten der Irak und der Iran ihre Angriffe auf Handelsschiffe unterschiedlicher Nationen. Daraufhin kam es (formal auf Bitten Kuwaits hin) zur Bildung einer internationalen Kriegsflotte unter US-amerikanischer Leitung im Golf, deren Aufgabe der Schutz der dortigen Schiffahrt (insbesondere der Öltransporte) war; zugleich unterstrich dieses Engagement die Interessen der USA an und in dieser Region. 1988 wurde ein Waffenstillstandsvertrag von beiden Seiten unterzeichnet, dessen Bedingungen zum größten Teil erst ab Ende 1990, nachdem der Irak Kuwait besetzt hatte und sich in der Folgezeit von US-amerikanischer Seite bedroht sah (vgl. Krieg Nr. 194), umgesetzt wurde. Die Angaben zu den Opfern des Krieges schwanken zwischen 300.000 und 1.500.000. Beide Parteien hatten während der achtjährigen Kriegsdauer Großwaffen im Wert von 27 Mrd. US $ gekauft.
ANMERKUNGEN
[1] Seit April 1980 kam es ständig zu kleineren Grenzgefechten.
[2] Im Dezember 1981 fielen 29 syrische Soldaten (darunter 17 Offiziere) an der iranischen Front; unklar ist, ob es sich um in Kämpfe verwickelte Militärberater oder reguläre Kampftruppen handelte. Begrenzte militärische Operationen Dritter oder gegen Dritte:
- Juni 1981: israelischer Bombenangriff auf irakische Atomanlagen;
- November 1981: iranische Bombenangriffe auf Kuwait;
- Mai und August 1983, Oktober 1984: türkische Truppen greifen kurdische Guerillas auf irakischem Gebiet an, um den Irak zu entlasten;
- Februar/März 1984: türkische Bombenangriffe gegen kurdische Stellungen im Iran;
- Februar 1984: Beschuss eines iranischen Kampfflugzeuges und eines Kriegschiffes durch US-Kriegsschiffe;
- Juni 1984: Abschuss eines iranischen Kampfflugzeuges durch saudi-arabische Kampfflugzeuge;
- seit Mai 1984 verstärkt irakische und iranische Angriffe auf Handelsschiffe unterschiedlicher Nationen. Daraufhin Bildung einer internationalen Kriegsflotte unter US-amerikanischer Leitung im Golf zum Schutz der dortigen Schiffahrt und zur Unterstreichung der US-Interessen in der Region.
[3] Im Irak leben ca. 50% Schiiten und 50% Sunniten. 20% der Sunniten sind jedoch Kurden, so daß die Schiiten die (relative) Bevölkerungsmehrheit stellen. Ethnisch unterscheiden sich die restlichen Sunniten nicht von den Schiiten; beide sind Araber.
Bernd Musch
Iran (Volksmujahedin, 2000)
Iran (Kurden, PJAK, 2007 - 2011)
AKUF-Datenbankrnr.: | |
Kriegstyp: | B-2 |
Kriegsdauer: | Feb. 2007 - Sept. 2011 |
Kriegsbeendigung: | durch militärischen Sieg A |
Kriegführende Seiten | |
Seite A: | Islamische Republik Iran |
Seite B: | Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan, PJAK) |
Konfliktgegenstand und -ziele:
Konfliktauslöser ist die Forderung der Kurden nach größerer Autonomie der kurdisch geprägten Gebiete im Iran. Gewaltsame Auseinandersetzungen mit dem iranischen Staat flammten dabei bereits Ende der 1940er und 70er auf (vgl. Datenbanknr. 5 und 144). 2004 bekam der Konflikt durch die Gründung der PJAK neue Aktualität. Die regionale Basis der PJAK stellen dabei die kurdisch geprägten Regionen Kordestān, Kermānschāh und West-Aserbaidschan im Nordwesten des Irans dar. Die dortige kurdische Bevölkerung macht mit ihren ca. 7,8 Mio. Menschen gut 10 % der iranischen Gesamtbevölkerung aus. Obwohl ein Großteil der Kurden sunnitisch orientiert ist fußt der Konflikt nicht in erster Linie auf religiösen Ansichten und Ansprüchen. Herausgefordert wird der iranische Staat eher durch die die Anstrengungen der PJAK mit Gewalt eine nationale ‚kurdische‘ Identität zu propagieren. Bisher fordert die PJAK jedoch nicht die vollständige Sezession. Ziel ist die Bildung einer autonomen, föderalen Region innerhalb des Irans.
Ergebnisse des Krieges:
Als offener Krieg kann die Auseinandersetzung ab 2007 geführt werden. Wendepunkt stellt der Verlust eines iranischen Hubschraubers dar, dessen Abschuss die PJAK für sich reklamierte. 2008 war die türkisch-iranische Grenzregion um das Qandil-Gebirge, in dem der Großteil der Infrastruktur der PJAK lag, Ziel mehrerer türkischer Luftangriffe und Artillerieschläge der IRGC. Die Folge waren verhältnismäßig wenig Tote, jedoch wurden dabei Organisationsstruktur und Medienzentren der PJAK in der Region größtenteils zerstört. In den folgenden Jahren konzentrierten sich die Aktivitäten der PJAK auf Ermordungen und Entführungen, wobei es zeitweise auch zu offenen Gefechten mit der IRGC kam. Ab 2010 zog sich die PJAK weiter in den Guerilla-Kampf zurück, dabei setzten sie auch vermehrt Selbstmordattentäter ein.
Die verstärkten Aktivitäten des iranischen Militärs führten 2011 schließlich zur de-facto Kapitulation der PJAK. Der damals geschlossene Waffenstillstand sah vor, dass die PJAK ihre Waffen niederlegt und sich hinter die iranisch-türkische Grenze zurückzieht. Bis 2015 starben in den Gefechten ca. 450 Menschen. Die Mitgliedschaft in der PJAK steht im Iran bis heute unter Strafe und vermeintliche Anhänger werden immer wieder durch den iranischen Geheimdienst interniert und gefoltert.
Roman Brandt
Literatur:
Brandon, James (2008): Iran’s Kurdish Militants Under Pressure from Joint Turkish-Iranian Assaults, in: Terrorism Monitor, Vol. 6:21
Global Security (2017): Kurdistan – Iran, Online unter: http://www.globalsecurity.org/military/world/war/kurdistan-iran.htm Abgerufen am 13.03.2017
Mustafa, Mohammad Salih (2016): Iran’s Role in the Kurdistan Region, Al Jazeera Center for Studies Report, Online unter: http://studies.aljazeera.net/mritems/Documents/2016/4/20/111270e6cbb84b05950cdf51adbe74a9_100.pdf Abgerufen am 10.03.2017
Vatanka, Alex (2011): Probing the Reasons behind Iran’s ‚Pre-emptive‘ Military Offensive against Kurdish Rebels, in: Terrorism Monitor, Vol. 9:36, 4ff
Zambelis, Chris (2008): PJAK Intensifies its Struggle for Iranian Kurdistan, in: Terrorism Focus, Vol. 5:23
Bewaffnete Konflikte im Iran seit 1993
- Iran (Volksmujahedin, 2000 - 2001)