Ägypten
Kriege in Ägypten seit 1945
Arabisch-Israelischer Krieg I (1948 - 1949)
AKUF-Datenbanknr.: |
18 |
Kriegsdauer: |
15.05.1948 - 07.01.1949 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten/Syrien/Libanon/Jordanien/Irak/Saudi-Arabien |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Nach dem am 29. November 1947 mit einer Zweidrittelmehrheit gefällten UN-Teilungsbeschluß, der die Aufteilung des ehemaligen britischen Mandatsgebietes Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Teil vorsah, proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Daraufhin griffen am 15. Mai Truppen Ägyptens, Transjordaniens, Syriens und kleinere Kontingente des Irak, Saudi Arabiens und des Libanon den Staat Israel an. Ziel der durch die Arabische Liga unterstützten Angreifer war die Beseitigung des Staates Israel und des zuvor schon politisch abgelehnten UN-Teilungsbeschlusses.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Durch den Sieg der israelischen Streitkräfte kam es zu einer Erweiterung des israelischen Territoriums um Galiläa, West-Jerusalem, weitere Teile des Westjordanlandes und der Mittelmeerküste. Nur Gaza fiel unter ägyptische Verwaltung. Der Grenzstreifen zu Syrien wurde entmilitarisiert, und ca. 700.000 arabisch-palästinensische Flüchtlinge mußten das Land verlassen. Das Restgebiet des Westjordanlandes fiel 1950 an Jordanien.
Dietrich Jung
Arabisch-Israelischer Krieg II (1956)
AKUF-Datenbanknr.: |
42 |
Kriegsdauer: |
29.10.1956 - 06.11.1956 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Großbritannien (31.10.1956 - 06.11.1956) / Frankreich (31.10.1956 - 06.11.1956) / Israel |
Seite B |
Ägypten |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der Suezkrieg fand vor dem Hintergrund der herrschenden panarabischen Euphorie und der damit verbundenen Entkolonialisierung des Nahen Ostens statt. Bereits 1951 war es in Ägypten zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Briten gekommen, in deren Folge der von den Briten favorisierte König Farouk abgesetzt wurde. Nachdem sich der ägyptische Präsident Nasser auf der Konferenz von Bandung 1955 einer Politik der Blockfreiheit verschrieben und die Briten am 19. Juni 1956 ihre letzten Truppen aus der Kanalzone abgezogen hatten, verkündete Nasser am 26. Juli die Verstaatlichung des Suezkanals. Dies nahmen Israel, Großbritannien und Frankreich zum Anlaß, am 29. bzw. 31. Oktober Ägypten anzugreifen. Während für Israel Gebietsansprüche auf dem Sinai, die Schließung des Golf von Aqaba sowie des Suezkanals für israelische Schiffe eine Rolle spielten, waren es für Großbritannien und Frankreich eine Art letztes koloniales Rückzugsgefecht sowie der Versuch, Kapitalbeteiligungen an der Kanalgesellschaft zu schützen.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Beendigung des Krieges, auf Druck der USA und der UdSSR, schlug ein neues Kapitel nahöstlicher Politik auf: Die imperiale Macht Großbritanniens und Frankreichs war endgültig beendet und die Region wurde nun von den beiden Supermächten USA und UdSSR beherrscht. Nasser wurde zum Helden stilisiert und war zur charismatischen Führungsfigur der panarabischen Bewegung geworden.
Der Suezkanal blieb verstaatlicht; fünf Prozent der Einnahmen gehen als Entschädigung an die enteigneten Aktionäre und die Kanalbenutzung durch Schiffe aller Nationen wurde garantiert. Der Abzug britischer und französischer Truppen sowie der israelischen Truppen auf die Waffenstillstandslinie von 1949 zog sich bis 1957 hin. UN-Friedenstruppen wurden auf dem Sinai, in Gaza und am Golf von Aqaba stationiert.
Der Krieg forderte mehr als 2.000 Todesopfer (Ägypten ca. 2.000, Israel 181).
Dietrich Jung / Peter Tautkus
Arabisch-Israelischer Krieg III ("Sechs-Tage-Krieg") (1967)
AKUF-Datenbanknr.: |
95 |
Kriegsdauer: |
05.06.1967 - 10.06.1967 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
Kriegführende |
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Seite A |
Israel |
Seite B |
Ägypten/Syrien/Jordanien |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Der am 5. Juni 1967 von Israel begonnene Krieg bildete den Kulminationspunkt eines seit Mitte der 60er Jahre andauernden Eskalationsprozesses, dessen Ursachen im wesentlichen auf der Ebene des seit der israelischen Staatsgründung andauernden israelisch-arabischen Gegensatzes zu suchen sind. Nachdem der Zenit der panarabischen Euphorie überschritten war, versuchte Nasser seinen Führungsanspruch durch eine radikalere Haltung gegenüber Israel zu legitimieren. Über die tatsächlichen Absichten Nassers wurde viel spekuliert; sicher ist, daß er durch radikale Reden, die erneute Sperrung des Golfes von Aqaba sowie Truppenkonzentrationen an den israelischen Grenzen einen wesentlichen Teil zur Zuspitzung der Lage beitrug. Aber auch die 1966 durch einen Putsch an die Macht gekommene syrische Regierung verschärfte die Situation durch ihre Unterstützung palästinensischer Kommandoaktionen, die allerdings von jordanischem Gebiet aus vorgetragen wurden. Ob der israelische Präventivschlag einem arabischen Angriff zuvorkommen sollte, oder ob Israel, unter dem Primat seiner Politik der sicheren Grenzen die Chance zur Eroberung weiterer Gebiete sah, bleibt Spekulation.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg endete mit einem Sieg Israels; es hielt das Westjordanland, den Gazastreifen, den Sinai (vgl. Krieg Nr. 103), Teile der syrischen Golanhöhen sowie Ostjerusalem besetzt.
Auf israelischer Seite gab es 766 Tote. Ägypten verlor 10.000 Soldaten, die entweder getötet wurden oder aufgrund von Wassermangel auf der Sinai-Halbinsel verdursteten. Jordanien verlor 6.000 Soldaten (Arnold 1991a:299). Von der israelischen Besetzung "Restpalästinas" waren ca. 1,3 Millionen Palästinenser betroffen; ca. 300.000 flohen nach Ostjordanien, ca. eine Million lebte von nun an unter israelischer Besatzung (Flores 1989a:17).
Dietrich Jung
Ägypten / Israel (1969 - 1970)
AKUF-Datenbanknr.: |
103 |
Kriegsdauer: |
06.03.1969 - 07.08.1970 |
Kriegstyp: |
C-1 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten |
Seite B |
Israel |
Intervention zugunsten A: |
UdSSR (3/1970 - 8/1970) |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Ägypten ging es um die Revision der Ergebnisse des dritten israelisch-arabischen Krieges (vgl. Krieg Nr. 95), insbesondere angesichts der innenpolitischen Unruhe nach der Niederlage. Es versuchte zu verhindern, daß die Ergebnisse des Juni-Krieges international als Status quo anerkannt werden.
Als Waffenlieferant und "Verbündeter" Ägyptens war die UdSSR bemüht, ihren Prestigeverlust nach der Niederlage im Juni-Krieg auszugleichen. Eine weitere Niederlage Ägyptens hätte auch den sowjetischen Einfluß im Nahen Osten gefährdet.
Israel ging es um die Sicherung seiner Territorialgewinne aus dem Sechs-Tage-Krieg. Es wehrte zunächst die ägyptischen Angriffe ab, später versuchte es, durch Luftangriffe auf das Landesinnere von Ägypten den Krieg für sich zu entscheiden.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Der Krieg brachte hinsichtlich der territorialen Situation keine Veränderungen. Allerdings relativierte die Auseinandersetzung das Kräfteverhältnis, da Israel die Stärke des Gegners anerkennen mußte, hatte es doch weit höhere Verluste als im Juni-Krieg.
Dietrich Jung
Arabisch-Israelischer Krieg IV (1973)
AKUF-Datenbanknr.: |
115 |
Kriegsdauer: |
06.10.1973 - 26.10.1973 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (UNO) |
Kriegführende |
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Seite A |
Ägypten/Syrien/Irak/Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) |
Seite B |
Israel |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Ägypten und Syrien verfolgten das Ziel, die 1967 an Israel verlorenen Territorien zurückzuerobern (vgl. Kriege Nr. 95 und 103), zumindest aber die politische Situation dahingehend zu verändern, daß eine Rückgewinnung der Gebiete auf dem Verhandlungswege erreicht werden könnte. Israel versuchte, die besetzten Gebiete zu verteidigen, falls möglich auch weitere zu erobern. Die PLO führte den Krieg mit dem Ziel der Eroberung gesamt Palästinas.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Israel mußte sich bis an die Sinai-Pässe zurückziehen, die Gebiete östlich der Golan-Höhen an Syrien zurückgeben, ebenso die Gebiete von Kuneitra und Rafid; später, nach Verhandlungen mit den USA und Ägypten, zog sich Israel vom Sinai und dem Ostufer des Suez-Kanals zurück. Das Sinai-Abkommen, die Genfer Verhandlungen sowie der Camp-David-Prozeß mit dem "Separatfriedensschluß" zwischen Israel und Ägypten sind Ergebnisse des Oktoberkrieges.
Dietrich Jung
Irak /Anti-Irak-Koalition ("Zweiter Golfkrieg, 1991)
AKUF-Datenbanknr.: |
194 |
Kriegsdauer: |
17.01.1991 - 27.02.1991 |
Kriegstyp: |
C-2 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg A |
Kriegführende |
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Seite A |
Vereinigte Staaten von Amerika / Großbritannien / Frankreich / Italien / Ägypten / Syrien / Saudi-Arabien / Kuwait |
Seite B |
Irak |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Konfliktgegenstand war die Befreiung Kuwaits, das der Irak am 2. August 1990 gewaltsam annektiert hatte (vgl. Krieg Nr. 182). Eine friedliche Rückgabe des annektierten Kuwaits knüpfte der Irak an die Rücknahme der UN-Resolution und die Einberufung einer Nahost-Konferenz, die zur Rückgabe der von Israel besetzten Gebiete führen sollte. Auf diese Bedingungen wollten die USA als stärkste militärische Macht nach dem Ende des Kalten Krieges auf keinen Fall eingehen. Die - nicht zuletzt mit westlicher Unterstützung - erreichte nichtkonventionelle (u.a. Chemiewaffen) und konventionelle Hochrüstung des Irak barg die Gefahr einer völligen Veränderung des regionalen Kräfteverhältnisses in sich; nicht nur, daß die USA dadurch ihre Ölinteressen in der Region gefährdet sahen, auch die arabischen Anrainerstaaten und insbesondere Israel empfanden das irakische Regionalmachtstreben als Bedrohung. Es gelang den USA, ihre von vornherein auf eine militärische Lösung des Problems ausgerichtete Strategie auch gegenüber den anderen westlichen und den arabischen Staaten durchzusetzen. Mehrere Vermittlungsversuche im Vorfeld des Krieges sowohl von arabischer Seite als auch seitens der Sowjetunion scheiterten, entweder an der Haltung der USA oder des Irak.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Militärisch war die von den USA angeführte "Anti-Irak-Koalition" aus mehr als 28 Staaten¹ erfolgreich, politisch konnte jedoch bisher keines der Probleme in der Region gelöst werden. Das strategische Potential des Irak wurde weitgehend zerschlagen, aber die politischen Herrschaftsstrukturen des Irak blieben intakt. Kurdische und irakisch-schiitische Aufstände wurden schnell von irakischen Truppen niedergeschlagen (vgl. Kriege Nr. 126 und 196).
ANMERKUNGEN
[1] Streitkräfte der Anti-Irak-Koalition: Afghanistan, Ägypten, Argentinien, Australien, Bahrein, Bangladesch, Belgien, Bulgarien, CSFR, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kanada, Kuwait, Marokko, Neuseeland, Niederlande, Niger, Norwegen, Pakistan, Polen, Rumänien, Saudi-Arabien, Senegal, Spanien, Südkorea, Syrien, Türkei, USA und Vereinigte Arabische Emirate. Nicht alle in die Region entsandten nationalen Truppen haben sich an den Kampfhandlungen beteiligt. Israel war zwar nicht direkt an den Kämpfen beteiligt, dennoch starben 13 Menschen aufgrund irakischer Raketenangriffe.
Ulrike Borchardt
Ägypten (2013-)
AKUF-Datenbanknr | |
Kriegsdauer | 2013 - andauernd |
Kriegstyp | |
Kriegführende | |
Seite A | Wilayat Sinai (ehemals Ansar Bayt al-Maqdis) |
Seite B | Ägypten |
Konfliktgegenstand und -ziele
Der Konflikt auf der Halbinsel Sinai, welche im Nord-Osten Ägyptens im Grenzgebiet zu Israel liegt, hat vor allem historische Hintergründe. Das nach dem Sechstagekrieg von Israel besetzte Gebiet wurde erst 1979 infolge des israelisch-ägyptischen Friedensvertrages wieder an Ägypten abgetreten. Im abgeschlossenen Abkommen wurde die Einrichtung einer dauerhaften entmilitarisierten Zone auf der Halbinsel vereinbart. Obwohl das Gebiet danach wieder ein Teil Ägyptens war, blieb die Region von den sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklungen im Land nahezu unberührt. Das daraus folgende Zusammenkommen von struktureller Vernachlässigung und mangelnder staatlicher sowie militärische Präsenz machte Sinai zu einem sicheren Platz für militante Gruppen.
Seit den 2000ern stieg der Einfluss radikaler Gruppen. Bereits in den Jahren von 2004 bis 2006 kam es wiederholt zu schweren Bombenanschlägen im Süden des Sinai. Die Regierung machte die ägyptisch-palästinensische dischhadistische Gruppe Tawhid wal-Jihad („Monotheismus und Jihad“, TwJ) für die Anschläge verantwortlich und führte in der Folge verschiedene Militäroffensiven in der Region durch. Auf der einen Seite konnte dadurch die TwJ nahezu vollständig zerschlagen werde. Auf der anderen Seite förderten die Verhaftung von mehr als 3.000 mutmaßlichen Terroristen und die willkürlichen Repressalien gegen unbeteiligte Zivilisten Radikalisierungstendenzen innerhalb der Bevölkerung des Sinai.
Durch die Massenproteste im Zuge des Arabischen Frühlings (2011) und der Absetzung von Husni Mubarak entstanden Unruhen, die es neuen militanten Gruppen ermöglichte sich nahezu ungestört auszubreiten. Die aktivste Gruppe im Sinai ist die salafistisch-dschihadistische Ansar Bayt al-Maqdis („Unterstützer Jerusalems“, ABM). In ihrer Entstehungsphase in den Jahren 2011 bis 2013 fokussierten sich die ABM fast ausschließlich auf die Bekämpfung Israels und die Zerstörung der ägyptisch-israelischen Beziehung. Durch den gewaltsamen Sturz von Präsident Mohammed Mursi im Juli 2013 eskalierte der Konflikt. In Folge des Regimewechsels verschärften sowohl das Militär als auch die ABM ihr Vorgehen und beförderten den Sinai in eine anhaltende Gewaltspirale, in der sich militante Gewalt und militärische Operationen wechselseitig erhöhten. Die Anschläge der ABM wurden ab diesem Zeitpunkt vor allem gegen staatliche Sicherheitskräfte in weiten Teilen des Landes durchgeführt. Israel war somit nicht mehr das wichtigste Ziel der Gruppe.
Wichtigste Ereignisse
Durch fortwährende Offensiven des ägyptischen Militärs konnte die Rebellengruppe bis Mitte 2014 wieder auf die Halbinsel Sinai zurückgedrängt werden. Starke Verluste führten dazu, dass die ABM am 10. November 2014 dem Islamischen Staat (IS), im Gegenzug für Geld und Waffen, ihre Loyalität zusicherte. Kurz darauf kündigte der Führer des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, eine neue wilayat (Provinz) des Islamischen Staats im Sinai an und die ABM änderte ihren Namen in Wilayat Sinai („Provinz Sinai“, WS). Neben einem Anstieg der Gewaltintensität, nach dem Anschluss zum IS, war vor allem eine Strategieänderung zu beobachten. Im Fokus der Gruppe stand nun nicht mehr der Kampf gegen die staatlichen Sicherheitskräfte, sondern, wie beim IS im Irak und Syrien, die Übernahme der territorialen Kontrolle in der Region.