Costa Rica
Kriege in Costa Rica seit 1945
Costa Rica (Legion del Caribe, 1948)
AKUF-Datenbanknr.: |
14 |
Kriegsdauer: |
12.03.1948 - 24.12.1948 |
Kriegstyp: |
A-2¹ |
Kriegsbeendigung |
durch Vermittlung Dritter (Diplomatischer Korps) |
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Kriegführende |
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Seite A |
Legión del Caribe² |
Seite B |
Costa Rica |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Anlaß des Krieges war die vom Kongreß beschlossene Annullierung der Präsidentschaftswahlen vom Februar 1948, die die Opposition (Bündnis von Konservativen und Sozialdemokraten) zwar gewonnen hatte, aber offensichtlich nur aufgrund von Wahlmanipulationen. Den Konflikthintergrund bildete die seit 1942 von der regierenden Republikanischen Partei eingeschlagene Allianzpolitik, mit der sie versuchte, die sozioökonomische Krise des liberalen Agrarexportmodells in den Griff zu bekommen. Einerseits wollte sie mit klassischen wirtschaftspolitischen Maßnahmen die traditionellen Akkumulationsstrukturen stützen, andererseits versuchte sie, ihre politische Legitimation und soziale Basis durch Sozialreformen im Bündnis mit der politisch starken, reformorientierten Kommunistischen Partei und bis 1945/46 auch mit der reformorientierten katholischen Kirche zu sichern. Damit brachte sie sowohl die sie ursprünglich stützenden Kapitalfraktionen (Agrar-, Handels- und Bankkapital) gegen sich auf als auch die in den 40er Jahren entstehende sozialdemokratische Bewegung. Trotz der konfligierenden hegemonialen Interessen zwischen den traditionellen Kapitalfraktionen und der von intellektuellen und unternehmerischen Mittelschichten getragenen sozialdemokratischen Bewegung fanden sich beide in der Opposition gegen die Regierungsallianz auf der gemeinsamen Basis des Antikommunismus zusammen. Die ideologische Zuspitzung der Auseinandersetzungen wurde durch die Veränderung der internationalen Rahmenbedingungen von der antifaschistischen Allianz des Zweiten Weltkrieges hin zum Kalten Krieg seit 1946 begünstigt. Kriegsziel der von José Figueres geführten sozialdemokratischen Truppen war der Sturz der Picado-Regierung und die Ausschaltung des kommunistischen Einflusses, um das sozialdemokratische Entwicklungskonzept durchsetzen zu können. Die militärische Organisierung der sozial noch breit verankerten Sozialdemokraten sollte anschließend ihre Position in den hegemonialen Auseinandersetzungen mit dem konservativen Opposi-tionspartner stärken.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach dem Sturz der Regierung Picado wurde eine auf 18 Monate projektierte Regierungsjunta unter Führung von Figueres eingesetzt. Das kleine Regierungsheer hatte sich während des gesamten Krieges als mehr oder weniger kampfunfähig erwiesen, die die Regierung unterstützenden Milizen gaben auf.³ Am 19. April 1948 wurde ein durch Vermittlung des diplomatischen Korps ausgehandelter Friedensvertrag in der mexikanischen Botschaft unterzeichnet.
In der Folge wurden Kommunisten und Anhänger der gestürzten Regierung massiv verfolgt, die Republikanische und die Kommunistische Partei verboten, die unabhängige Gewerkschaftsbewegung zerschlagen. Dies hatte zur Folge, daß die sozialdemokratische Junta trotz der Weiterführung der Sozialreformpolitik ihre schwache soziale Basis nicht ausbauen konnte, vielmehr angesichts der Repressionspolitik und des damit verbundenen raschen Legitimitätsverfalls die politische Macht frühzeitig an ein konservativ-liberales Parteienbündnis abtreten mußte. Es folgten Maßnahmen zur produktivitätssteigernden wirtschaftlichen Umstrukturierung sowie die Verstaatlichung von Schlüsselbereichen (Banken, Elektrizitätswerke). Weiterhin wurde die reguläre Armee abgeschafft und eine Nationalgarde mit innenpolitischen Sicherheitsfunktionen aufgebaut.
ANMERKUNGEN
[1] Am 17. April 1948 besetzten Truppen Nicaraguas die Stadt Villa Quesadas im Norden Costa Ricas. Die nicaraguanische Regierung rechtfertigte die Besetzung mit ihrem Sicherheitsinteresse, ihre Grenzen vor einer Invasion durch die auf der Seite der Regierung Costa Ricas kämpfenden Exilnicaraguaner zu schützen.
[2] Bürgerlich-sozialdemokratische Truppen der Aufständischen mit Beteiligung internationaler Brigadisten, vor allem Emigranten aus anderen mittelamerikanischen und karibischen Ländern, deren Teilnahme zur Namensgebung führte.
[3] Entscheidend für die Aufgabe der Milizen der Kommunistischen Partei war deren Wahrneh-mung, daß neben der nicaraguanischen Intervention auch eine US-Invasion geplant sei. Dies hätte der KP die Möglichkeit genommen, den Krieg auf der Basis des aus ihrer Sicht günstigen internen Kräfteverhältnisses zu entscheiden. Daher willigte sie in das für sie ungünstige Verhandlungsergebnis ein. Ob es tatsächlich Interventionsabsichten der USA gab, ist nicht belegt.
Ursula Niebling
Costa Rica (Exilcostaricaner, 1955)
AKUF-Datenbanknr.: |
37 |
Kriegsdauer: |
11.01.1955 - 21.01.1955 |
Kriegstyp: |
A-1 |
Kriegsbeendigung |
durch militärischen Sieg Seite B |
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Kriegführende |
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Seite A |
Exilcostaricaner¹ |
Seite B |
Costa Rica² |
Intervention zugunsten A: |
Nicaragua |
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
1955 unternahm die im nicaraguanischen Exil befindliche republikanische Opposition, mit vor allem materieller und logistischer Unterstützung der somozistischen Militärdiktatur, einen ersten Versuch, die sozialdemokratische Regierung José Figueres (1953 zum Präsidenten gewählt) zu stürzen.³ Die Somoza-Diktatur - ohne Legitimationsbasis im eigenen Land - sah sich sowohl durch den Ausstrahlungseffekt, den das bürgerlich-demokratische System in Costa Rica auf die eigene Oppositionsbewegung hatte, als auch durch die aktive Unterstützung derselben durch die Figueres-Regierung bedroht. Für die sozialdemokratische Regierung in Costa Rica dagegen ergaben sich aus der Pflege des Feindbildes "somozistische Militärdiktatur" innenpolitisch Integrationsmöglichkeiten, da auch ihre Politik durchaus umstritten war: Die Arbeiterbewegung lehnte die sozialdemokratische Regierung aufgrund der vorangegangenen sozialdemokratischen Repressionspolitik gegen die kommunistisch geführte Gewerkschaftsbewegung ab, die konservative Opposition bekämpfte sie wegen ihrer Reformpolitik.
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Die Invasion wurde niedergeschlagen, nachdem die USA kurzfristig Jagdflugzeuge an Costa Rica geliefert hatten. Gemäß TIAR-Einrichtung (interamerikanischer Verteidigungspakt) vermittelte die OAS eine demilitarisierte Pufferzone zwischen beiden Staaten; außerdem setzte die von den USA dominierte OAS einen "Friedensplan" durch, mit dem der Freundschaftsvertrag durchgesetzt werden sollte, der im Februar 1949 nach dem Krieg vom Dezember 1948 (vgl. Krieg Nr. 16) geschlossen worden war, und in dem sich beide Regierungen zur Verhinderung "terroristischer Aktivitäten" gegen das Nachbarland und zur Kontrolle von Waffentransfers verpflichtet hatten. Das Hauptinteresse der US-Regierung galt einer raschen Stabilisierung des Status quo in Zentralamerika, die mit der von der OAS vermittelten Friedensregelung hergestellt wurde. Die wechselseitigen Destabilisierungsversuche wurden in der Folge zwar nicht gänzlich eingestellt, bewegten sich jedoch auf einem niedrigeren Niveau. Erst mit der Entfaltung des Volksaufstandes in Nicaragua 1978/79 verschärften sich auch die Auseinandersetzungen zwischen Costa Rica und Nicaragua wieder, nachdem es in den 60er und der ersten Hälfte der 70er Jahre auf der Ebene der Polizei zu einer partiellen Kooperation gekommen war, beispielsweise mit der Verhaftung von FSLN-Guerilleros durch die costaricanische Polizei und ihre Abschiebung nach Nicaragua.
ANMERKUNGEN
[1] Vom nicaraguanischen Somoza-Regime unterstützte Truppe von Exilcostaricanern; Anhänger der vormaligen republikanischen Präsidenten Costa Ricas Calderón und Picado flogen von nicaraguanischem Territorium aus Luftangriffe auf die Hauptstadt Costa Ricas.
[2] Freiwilligenverbände der costaricanischen Regierung, die auf der Grundlage der Bestimmungen des TIAR von den USA Jagdflugzeuge erhielten. 1948 war die reguläre Armee in Costa Rica abgeschafft und stattdessen eine Nationalgarde mit nur innenpolitischen Sicherheitsfunktionen aufgebaut worden. Die außenpolitische Verteidigung des Landes wurde mit der Unterzeichnung des TIAR am 3. Dezember 1948 sozusagen an das Interamerikanische Sicherheitssystem delegiert.
[3] Nach dem Bürgerkrieg von 1948 (vgl. Krieg Nr. 14) hatte die sozialdemokratische Regierungsjunta die politische Macht nicht lange halten können; erst 1953 gelang der demokratische Weg zur Macht.
Ursula Niebling