Wir trauern um Prof. Dr. Fritz Sack, Begründer der Kritischen Kriminologie
15 October 2025

Photo: Gudrun Drews-Dahl
Wir trauern um Fritz Sack, unseren langjährigen wissenschaftlichen Wegbegleiter, Kollegen und Freund. Fritz Sack war der Begründer einer sozialwissenschaftlichen Kriminologie, der sogenannten Kritischen Kriminologie in Deutschland. Als Professor der Kriminologie leitete er das Aufbau- und Kontaktstudium, das spätere Institut für Kriminologische Sozialforschung an der Universität Hamburg, von 1984 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1996.
Fritz Sack war inspiriert von der amerikanischen Soziologie, insbesondere der Chicagoer Schule, deren Einsichten er für die hiesige Kriminologie fruchtbar machte: Menschen sind nicht von sich aus kriminell, sie werden gesellschaftlich dazu gemacht. Die Frage, auf der Fritz Sack daher insistierte, lautete: Unter welchen Bedingungen kommen Gesellschaften dazu, ihre Probleme ausgerechnet dem Strafrecht zuzuführen und sie damit zwangsläufig zu individualisieren? Für ihn gehörte die Kriminologie immer in die Soziologie, nicht in die Rechtswissenschaft, der sie traditionell als eine Art administrativer Arm galt.
Fritz Sack war einer der Gründer der Gesellschaft für interdisziplinäre wissenschaftliche Kriminologie (GiwK), die dem Fach die Möglichkeit der Forschungsförderung eröffnete, und er baute das Institut für Präventions- und Sicherheitsforschung (ISIP e.V.) in Hamburg auf, das als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und institutioneller Praxis fungierte.
Mit den beiden Studiengängen (einer davon ein berufsbegleitendes Weiterbildungsprogramm) hat Fritz Sack Generationen von Studierenden geprägt – und begeistert. Wir haben ihn als jemanden kennen- und schätzen gelernt, der stets die Diskussion suchte, stets herausforderte – wer morgens um acht Uhr noch nicht über die aktuelle Nachrichtenlage informiert war, hatte da schlechte Karten. Fritz Sack hat sich unermüdlich für das Fach eingesetzt – und für die Studierenden: Er war ein feinsinniger Mensch, der leicht erkannte, welche Fragen die Studierenden umtrieben, und sie darin stets unterstützte. Großzügig machte er von seiner Fähigkeit Gebrauch, die Menschen um sich herum zu ihren Projekten zu ermuntern und sie zu fördern.
Im allerbesten Sinne war Fritz Sack auch frankophil, angesichts der intellektuellen Tradition des Landes, seiner bezaubernden Städte und Landschaften – und seines sehr guten Rotweins. Die Themen, mit denen er sich beschäftigte, reichen von der Terrorismusforschung, mit der er sich in den 1980er Jahren einen Namen machte, bis hin zur „Punitivität“, der steigenden Strafbereitschaft in neoliberalen Gesellschaften, die ihm Sorge bereitete. Heute stehen andere Themen im Vordergrund, aber das Erbe: sein kritischer Geist in der Wissenschaft wird fortleben. Fritz Sack ist am 18. August 2025 im Alter von 94 Jahren gestorben. Wir behalten ihn herzlich in Erinnerung.
Susanne Krasmann, Christine Hentschel, Nils Schuhmacher und Bettina Paul im Namen des Fachbereichs Sozialwissenschaften