Cluster IV: Ab-/Aufwertungen
In dem Cluster „Ab-/Aufwertungen“ steht die Frage nach Umbrüchen in der gesellschaftlichen Bewertung und Anerkennung von Sorgearbeit und deren Bedeutung für individuelles und kollektives Handeln im Zentrum. Gegenwärtig sind zwei widersprüchliche Tendenzen zu beobachten: Einerseits weist die Carearbeitsforschung immer wieder auf die gesellschaftliche Unterbewertung von Sorgearbeit hin, nicht zuletzt in Zusammenhang mit ihrer Konnotation als „weiblich“ und „Liebesdienst“. Dies gilt insbesondere für die wenig sichtbare, im privaten Raum erbrachte Sorgearbeit, der nicht nur die monetäre Anerkennung fehlt, sondern die häufig unter schwierigen räumlichen Arbeitsbedingungen erbracht wird, etwa bei beengten Wohnverhältnissen, und in der Regel ohne Kolleg*innen. Die allgemeine Prekarisierung von Lohnarbeit konkretisiert sich im Status von Carearbeit als „Feminisierung der Arbeit“. Andererseits finden sich gleichzeitig Tendenzen einer Aufwertung und wachsenden gesellschaftlichen Anerkennung zumindest bestimmter Sorgeberufe. So wird etwa professioneller Kindererziehung im Zuge der wachsenden Erwerbsbeteiligung von Frauen und steigender Betreuungsnotwendigkeiten sowie einer Verschiebung von Betreuungs- zu Bildungsaufgaben mehr gesellschaftliche Beachtung geschenkt; der Erzieher*innenberuf wurde in den letzten Jahren – nicht zuletzt infolge von Arbeitskämpfen – in gewissem Ausmaß auch monetär aufgewertet. Diese Tendenz zu einer steigenden Konfliktorientierung der Beschäftigten und einer erhöhten gesellschaftlichen Aufmerksamkeit betrifft allerdings den Carebereich keineswegs in Gänze.
Der Cluster „Ab-/Aufwertungen“ analysiert zunächst, entlang welcher Kriterien und auf welche Weise Sorgetätigkeiten gegenwärtig überhaupt bewertet werden und stellt dabei zum Trage kommende Ungleichheiten in ihrer Ab- und Aufwertung heraus. Vertieft wird dann untersucht, welche neuen Konflikt- und Handlungspotenziale in diesem Kontext entstehen (IV-a). Letztere drücken sich nicht allein in breiteren interessenpolitischen und gewerkschaftlichen Mobilisierungspotenzialen aus (IV-b), sondern auch in dezentralen Handlungspraxen und neuen Formen lokaler Kollektivitäten im Kontext prekärer Arbeits- und Lebenssituationen (IV-c). Dabei werden soziologische, ökonomische und geographische Perspektiven miteinander verbunden.
Clustersprecherin: Prof. Dr. Anne Vogelpohl
Doktorandin: Sandra Antelmann
Teilprojektleitungen:
IV-a Tätigkeitsbasierte (Unter-)Bewertung von Sorgeberufen? (Prof. Dr. Miriam Beblo, PD Dr. Elisabeth Bublitz)
IV-b Carearbeit, Anspruchsverletzungen und Mobilisierung (Dr. Stefan Kerber-Clasen, Prof. Dr. Wolfgang Menz)
IV-c Prekärer Alltag: Carearbeitende im Spannungsfeld von Sorge, Arbeit und Wohnen (Prof. Dr. Anne Vogelpohl)