soziale Innovation (ROSI)
Organisationsentwicklung leicht gemacht: Das CC-Lab präsentiert Do ´s und Dont ´s für die Hamburger Engagementlandschaft
18. April 2024

Foto: ROSI
Wie sollten Engagementfördereinrichtungen migrantische Selbstorganisationen (MSO) ansprechen und einbinden? Wie können Kooperationen mit Genossenschaften gut angebahnt werden? Wie sollte die Idee einer digitalen Geschäftsstelle für Hamburg (nicht) umgesetzt werden und welche Community-Guidelines müssen im digitalen Raum gelten?!
Auf all diese Fragen haben Studierende beim Abschluss-Event der Season 2 des Campus meets Community-Labs (CC-Lab) nicht nur Antworten geliefert, sondern gemeinsam mit ihren Community-Forschenden bedarfsorientierte Forschungsprodukte für die Hamburger Engagement(-Förder)-Landschaft geliefert. Darunter Community-Guidelines für den digitalen Raum, und Handlungsempfehlungen zum Aufbau einer digitalen Geschäftsstelle im Sinne der Hamburger Engagementstrategie.
Am 02. April kamen Studierende, Community-Forschende sowie das Lehr- und Koordinationsteam des Campus meets Community-Lab (CC-Lab) im Haus des Engagements zusammen, um die im Wintersemester 23/24 entstandenen Forschungsprodukte vorzustellen und gemeinsam zu diskutieren.
Nicht über sondern mit MSO sprechen, handeln, planen
Zum Thema „Migrantische Selbstorganisationen in Hamburg“ (MSO) hatten Studierende und Community-Forschende (HdE; DeZim) nach einer qualitativen Vorarbeit im vergangenen Semester dieses Mal eine quantitative Online-Befragung unter insgesamt 60 Hamburger MSO durchgeführt und planen, ihre Ergebnisse zu veröffentlichen. Ziel der Forschung war es, die Hamburger MSO-Landschaft konkreter bzgl. Finanzierung und Vernetzung abzubilden und einen Überblick über die Positionen zum kontrovers diskutierten MSO-Begriff zu erhalten. Zentral, so die Forschungsgruppe, sei es, die Akeur:innen selbst sprechen zu lassen, anstatt über sie zu sprechen oder Angebote „über ihre Köpfe hinweg“ zu planen. Die Schwierigkeit liege hier jedoch auch in der Vielfältigkeit der Selbstwahrnehmungen und Identifikationsfolien innerhalb MSO. Denn auch wenn weisse Migrant:innen bspw. aus Finnland oder Frankreich sich häufig nicht als „migrantisch“ wahrnehmen und im gesellschaftlichen Diskurs auch nicht gemeint sind – „migrantisch“ könnte hier eher durch „von Rassismus betroffen“ ersetzt werden – gibt es von Religion über Sprache, Herkunftsland oder -kontinent aber auch Kultur sehr unterschiedliche Rahmen, die die Befragten als Identifikationsfolien angeben. Hier also ein Angebot für MSO zu schaffen verfehle die Vielseitigkeit der MSO-Landschaft. In der Erhebung angegebene Alternativen zum MSO-Begriff waren z. B. „Neue Deutsche Organisationen“ oder auch „Diaspora-Organisationen“. Der MSO-Begriff werde teils auch eher strategisch verwendet, um Fördergelder zu akquirieren. Die Etablierung neuer Begriffe setzte aber ebenso voraus, dass MSO selbst dabei gehört und einbezogen werden, so die Forschungsgruppe. Im kommenden Semester beschäftigt sich die Gruppe auf Basis der bisherigen Forschungsergebnisse tiefergehend mit dem MSO-Begriff, um die Arbeit des HdE zu unterstützen. Die Frage entwickelte sich ursprünglich aus dem Anliegen, unterrepräsentierte Gruppen im Engagement bedarfsgerechter einzubeziehen und hierfür wissenschaftsbasierte Strategien zu entwickeln. Im vergangenen Semester wurde in diesem Rahmen innerhalb des CC-Lab ein Vernetzungs-Event für MSO durchgeführt und eine Kontaktliste erstellt.
Die Community moderiert sich nicht von allein – oder doch?
Mit dem Thema Digitalisierung beschäftigten sich zwei transdisziplinäre Gruppen. Innerhalb des Wintersemesters entstanden so erstens Community-Guidelines für die HdE-interne Plattform auf Basis der open source Software „HumHub“. Die Guidelines entstanden einerseits auf Basis der Bedarfe der HdE-Community (Leitfaden-Interviews) und andererseits auf Basis von Recherchen zu bereits etablierten Community-Guidelines aus sozialen Netzwerken. Einen Fokus setzte die Forschungsgruppe in der Entwicklung der Guidelines auf den Zweck der Community, der u. a. Zusammenarbeit und Netzwerkerweiterung, gemeinsames Lösen von Problemen oder auch Zugang zu Expert:innen und die Bündelung gemeinsamer Interessen darstellt. Ausgehend davon wurden die Community-Guidelines an Zwecken wie Sicherheit & Respekt oder auch Förderung von Qualität und Produktivität orientiert. Die Gruppe produzierte darüber hinaus ein Video, um die Entstehung und die Grundlagen der Guidelines transparent zu machen. Die Forschenden hoben hervor, dass es für die Durchsetzung der Guidelines notwendig ist, dass für die Durchsetzung der Guidelines Rollen wie Content- oder Community-Moderation und Level-Support besetz werden müssen. Diese Aufgaben könnten durch die Community selbst übernomnen und dabei z.B. auch rotiert werden. Für die Durchsetzung der Guidelines könne es sogar hilfreich sein, wenn die Ansprechpersonen selbst Teil der Community sind. In der nächsten Zeit werden die Guidelines und Empfehlungen durch das HdE in Rücksprache mit den beteiligten Studierenden umgesetzt und erprobt. Die Studierenden haben sich bereit erklärt, auch nach Beendigung des Seminars für Nachfragen und Beratung zur Verfügung zu stehen. Im nächsten Schritt sollen Guidelines sowie Video der HdE-Community über HumHub möglichst barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.
Knüpft an Bestehendem an! Nicht jedes Bundesland muss bei der Digitalisierung bei Null anfangen.
Im Feld Digitalisierung wurden zweitens Handlungsempfehlungen für die digitale Geschäftsstelle, die die Hamburger Sozialbehörde im Rahmen der Hamburger Engagementstrategie als Ziel formuliert hatte, erarbeitet. In ihrer Forschung beschäftigte sich die Gruppe mit möglichen Software-Lösungen für die Umsetzung einer digitalen Geschäftsstelle und waren dabei im engen Austausch mit zuständigen Vertreter:innen der Behörde, um dem bisherigen Entwurf einer Idee der Digitalen Geschäftsstelle eine realistische und bedarfsorientierte Form zu geben. In der Engagement-Strategie, so die Forschungsgruppe, sei bisher zunächst von einer „Unterstützung der Einführung innovativer Formen der Zusammenarbeit“ und einer „Nutzung nach dem Vorbild der Shared Economy“ also der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur und der Entlastung kleinerer und mittlerer Vereine in diesem Zusammenhang die Rede.
Auf dieser Basis leitete die Gruppe die Forschungsfrage nach möglichen Konzepten einer digitalen Geschäftsstelle ab und befragte nach einer ausführlichen Internet-Recherche zunächst Behörden-Mitarbeiter:innen und im nächsten Schritt neun Initiator:innen spannender und für Hamburg in Frage kommender Software-Lösungen bzw. bereits bestehender digitaler Förderprojekte. Dabei achteten die Forschenden auf Projektziel, -struktur, Übertragbarkeit auf Hamburg sowie die bisherige „Performance“, um daraufhin zu Empfehlungen für Hamburg zu kommen.
Der zentrale Tipp der Studierenden lautete, es müsse keine neue Software-Lösung geplant, finanziert oder eingerichtet werden. Digitalisierung laufe auch im Engagement-Bereich sehr föderal, sodass es eine Vielzahl von Projekten gebe, auf denen aufgebaut werden könne. Es könne demnach auf jeden Fall auf bestehenden (geförderten) Projekten aufgebaut werden. Dies könne nebenbei die überregionale Vernetzung fördern, erfordere jedoch, ebenso wie eigene Lösungen, langfristige finanzielle Planung. Nach diesen klaren Rahmenempfehlungen stellte die Gruppe beispielhaft zwei konkrete Projekte sowie deren Vor- und Nachteile vor. In den ausführlichen Handlungsempfehlungen sind zahlreiche Projekte systematisch dargestellt und anhand verschiedener Kriterien bewertet worden. Die Sozialbehörde setzt sich im nächsten Schritt mit den Empfehlungen auseinander. Im kommenden Semester wird das Vorhaben „Digitale Geschäftsstelle“ im CC-Lab weitergeführt, wenn sich genügend Studierende für dieses Thema entscheiden.
Systematisch planen lohnt sich. Fangt mit dem ersten Schritt an, die nächsten werden leichter.
Die letzte Gruppe, die präsentierte, hatte sich mit Kooperationsmöglichkeiten des HdE mit Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften beschäftigt. Die übergeordnete Frage bei dieser Forschung war die nach der möglichen Erweiterung des HdE um dezentrale Räume. Da das HdE im Hamburger Westen.
Hierzu wurden Interviews mit Vertreter:innen von Hamburger Genossenschaften geführt und im nächsten Schritt eine Systematisierung der Möglichkeiten, Rahmenbedingungen und Fallstricke vorgenommen, die die Studierenden in Form konkreter Handlungsempfehlungen für die Anbahnung von Kooperationen präsentierten. Forschungsprodukt für das HdE ist ein allgemeiner Leitfaden mit Checkliste, Erläuterungen und Key-Fragen. Im nächsten Schritt wird nun die Anwendbarkeit getestet. Die Gruppe hatte zudem ein Überblicksdokument erstellt und Empfehlungen zur konkreten Vorgehensweise und Reihenfolge möglicher Gespräche abgegeben. Auf die Nachfrage hin, mit wie vielen Gesprächen/Kooperationen gestartet werden solle, war die klare Handlungsempfehlung: mit einer. Auch wenn sich die Vorgehensweisen von HdE und Genossenschaften sehr unterscheiden und auf den ersten Blick sehr viel zu klären wäre, gaben die Kooperationspartner die Rückmeldung, dass die Systematisierung der Forschungsgruppe als sehr hilfreich wahrgenommen wird.
Wichtigste Empfehlung ist, Schritt für Schritt und systematisch mit der Checkliste vorzugehen, um in Kooperationsvereinbarungen alle wichtigen Fragen regeln zu können.
CC-Lab: Season 3
Zwei Tage nach dem Abschluss-Event startete zudem die neue Season. Das CC-Lab geht damit gemeinsam mit dem HdE in die dritte Runde. Am Vormittag des 04. April trafen sich Studierende, Community-Forschende, ROSI- und Lehrteam im HdE, um erneut Forschungsgruppen zu bilden, die sich mit den akuten Fragen der Hamburger Engagementförderung auseinandersetzen.
Wie es konkret im aktuellen Semester weitergeht und welche Fragen bearbeitet werden, berichten wir wie gewohnt im ROSI-Newsletter sowie hier auf der Homepage.