75 Jahre Sozialökonomie in Hamburg: Zurück in die Zukunft
7. Februar 2024

Foto: UHH, RRZ/MMC, Mentz
„Aufgabe der Wissenschaft kann und darf niemals die Rechtfertigung des Überlieferten und des Bestehenden sein. Sie hat vielmehr das Bestehende kritisch zu durchleuchten, Fehler und Bruchstellen aufzuzeigen, absterbende Zweige und neue Entwicklungskeime rechtzeitig zu erkennen. Das gilt auch auf dem Gebiete, das uns heute beschäftigt, von der heutigen Gesellschafts- und Weltordnung und der von morgen.“
Heinrich Landahl (Schulsenator), im Rahmen der Debatte des Gesetzes zur Gründung der Akademie für Gemeinwirtschaft in der Hamburgischen Bürgerschaft am 9. Juni 1948
Die Geschichte des Fachbereichs Sozialökonomie beginnt mit dem ersten Tag des Unterrichts an der Akademie für Gemeinwirtschaft am 15. November 1948. Initiiert von Gewerkschaften, Genossenschaften und SPD ist sie Teil des (kurzen) antifaschistischen Aufbruchs für Sozialisierung und Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges. Ziel der Akademie für Gemeinwirtschaft war die interdisziplinäre Bildung von Arbeiter:innen für die Tätigkeit in einem auszuweitenden gemeinwirtschaftlichen Sektor, in dem zentrale Bedarfe des öffentlichen Lebens dem Markt entzogen und entsprechend nach dem Prinzip der Bedarfsdeckung organisiert werden sollten. An dieser Akademie (später: Hochschule für Wirtschaft und Politik) wurden so über Jahrzehnte hinweg die Grundlagen für eine gemeinwohlorientierte Ökonomie gelegt und Gewerkschaftler:innen und kritische Persönlichkeiten gebildet. Damit war die Akademie – bei allen Schwierigkeiten personeller faschistischer Kontinuitäten in der Nachkriegs-BRD des Kalten Krieges – ein wichtiger Teil einer sozialen Bewegung für soziale Gleichheit, wirtschaftliche Demokratie und Arbeiter:innenbildung.
Anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der Akademie für Gemeinwirtschaft möchten wir aus der Vergangenheit für die Zukunft der Sozialökonomie lernen, um gemeinsam für eine positive und sinnvolle Lehre und Forschung für alle zu wirken. Wie gestalten wir ein gesellschaftlich eingreifendes, interdisziplinäres und forschendes Lernen heute?
„Wir glauben, daß hier ein weiterer Schritt zu einer wirklichen und echten wirtschaftlichen Demokratie getan ist, einer wirtschaftlichen Demokratie, die für uns den wahren Inhalt jeder formalen und juristischen Demokratie bilden muß, einer wirtschaftlichen Demokratie, die zugleich die Gefahr abwendet, daß sie einmal zu einer neuen Form der Bürokratie werden könnte, gerade weil hier Menschen aus den weitesten Kreisen selbständig Anteil nehmen können an den Fragen der demokratischen Wirtschaft.“
Heinz-Joachim Heydorn (SPD), im Rahmen der Debatte des Gesetzes zur Gründung der Akademie für Gemeinwirtschaft in der Hamburgischen Bürgerschaft am 9. Juni 1948
Beitrag von studentischen Vertreter:innen im FB-Rat und Studierenden als Hinweis auf das 75-jährige Jubiläum.