Forschungsprojekt: Predictive Policing
Kurzbeschreibung
Predictive Policing. Eine ethnographische Studie neuer Technologien zur Vorhersage von Straftaten und ihrer Folgen für die polizeiliche Praxis
In zahlreichen Polizeibehörden in Deutschland erfolgt derzeit die Erprobung und Einführung softwaregestützter Prognosetechnologien, die eine vorhersageorientierte Polizeiarbeit (»Predictive Policing«) initiieren sollen. Die automatisierte Verwertung großer polizeilicher Datenbestände verspricht, so die von politischer und polizeilicher Seite oft geäußerte Erwartung, potenziellen Gefahren und Risiken vorbeugend begegnen zu können. Die Folgen von »Predictive Policing« für die polizeilich-organisationale Praxis sowie deren gesellschaftlichen Auswirkungen wurden in Deutschland bisher noch nicht systematisch erforscht: Sie sind Gegenstand dieses Projekts.
Gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung
Weitere Informationen finden Sie im Abschlussbericht (PDF).
Kontakt
Projektbeschreibung
Predictive Policing
In zahlreichen Polizeibehörden in Deutschland erfolgt derzeit die Erprobung und Einführung softwaregestützter Prognosetechnologien. Die Grundlage dieser Systeme bilden Datensätze zu polizeilich registrierter Kriminalität, die zum Teil mit sozialräumlichen, kalendarischen und meteorologischen Daten ergänzt werden. Mit dem polizeilichen Einsatz solcher Prognosetechnologien geht die Verbreitung einer in der Polizeiforschung als »Pre-Crime« oder auch »Predictive Policing« bezeichneten vorhersageorientierten Polizeiarbeit einher. Die automatisierte Verwertung großer polizeilicher Datenbestände verspricht, so die von politischer und polizeilicher Seite oft geäußerte Erwartung, potenziellen Gefahren und Risiken vorbeugend begegnen zu können.
Versuche, die erwarteten präventiven und effizienzsteigernden Effekte des »Predictive Policing« empirisch zu untermauern, haben bisher jedoch noch keine eindeutigen Befunde erbracht. Auch die Folgen für die polizeiliche Praxis sowie mögliche gesellschaftliche Auswirkungen wurden in Deutschland bisher noch nicht systematisch erforscht.
Ziel des Projektes ist es zu eruieren, wie sich die Einführung von Technologien zur Vorhersage von Straftaten auf die polizeiliche Praxis und die institutionelle Organisation von Polizeiarbeit auswirkt und inwiefern sich mit diesen Technologien nicht nur das polizeiliche, sondern auch das gesellschaftliche Verständnis von Kriminalität und Gefahren verändert. Die konkrete Forschungsfrage des Projekts lautet demnach: Wie verändern die technisch produzierten Lagebilder die polizeiliche Wahrnehmung von Kriminalität sowie die Struktur polizeilicher Einsätze?
In einem ersten Schritt werden konkrete situations- und organisationsbezogene Auswirkungen der Prognosetechnologien auf die polizeiliche Praxis untersucht (wie sie sich typischerweise in Phasen der Erprobung und Einführung neuer Methoden zeigen). Zweitens werden die Anpassungen und Veränderungen der Prognosetechnologien im Rahmen ihrer Einführung (Konfigurationsanalyse) sowie die alltägliche Anwendung der Technologien in der polizeilichen Praxis (Anwendungsanalyse) rekonstruiert. In einem dritten Schritt werden dann die breiteren gesellschaftlichen und rechtlichen Implikationen von Prognosetechnologien rekonstruiert.
Methodisch orientiert sich das Projekt u.a. an der »Technografie«, die sich auf das praktische Zusammenspiel von Mensch und Technologie konzentriert. Das Projekt knüpft dementsprechend dezidiert an die Techniksoziologie an, bezieht seine theoretischen Impulse aber auch aus der Rechtssoziologie sowie den Algorithm bzw. Data Studies.
Details
Laufzeit:
- 01.01.2017-31.12.2018
Team:
- Prof. Dr. Susanne Krasmann (Projektleitung)
- Dr. Simon Egbert (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)
Publikationen
Egbert, Simon; Krasmann, Susanne (2019) “Predictive Policing: not yet, but soon preemptive?” Policing & Society (OnlineFirst), DOI: 10.1080/10439463.2019.1611821
Egbert, Simon; Krasmann, Susanne (2019) „Die Pre-Cops: Wie Algorithmen die Polizeiarbeit verändern“, Geschichte der Gegenwart (Blogeintrag),
Kaufmann, Mareile; Egbert, Simon; Leese, Matthias (2018): Predictive Policing and the Politics of Patterns. In: The British Journal of Criminology.
Egbert, Simon (2018): Predictive Policing in Deutschland. Grundlagen, Risiken, (mögliche) Zukunft. In: Strafverteidigervereinigungen (Hrsg.).: Räume der Unfreiheit. Texte und Ergebnisse des 42. Strafverteidigertages Münster, 2. - 4.3.2018. Berlin: Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen, S. 241-265, Link zum Volltext.
Egbert, Simon (2018): Predictive Policing und die
Egbert, Simon (2018): Digitalisierte und datenbasierte Polizeiarbeit – was ist Predictive Policing?, in: Baden-Württemberg Stiftung: BesserDatenSchützen, 27.06.2018, Link.
Egbert, Simon (2018): On Security Discourses and Techno-Fixes – The Political Framing and Implementation of Predictive Policing in Germany. In: European Journal for Security Research 3 (2), 95-114, Link.
Egbert, Simon (2017): Siegeszug der Algorithmen? Predictive Policing im deutschsprachigen Raum. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 67 (32-33), 17-23, Link.
Vorträge
Susanne Krasmann – The Secret of Algorithms: On Transparency, Truth and the Political.
International Conference on DATA, SECURITY, VALUES: Vocations and Visions of Data Analysis, Peace Research Institute Oslo, 11 December 2018.
Simon Egbert: Predictive Policing und das Polizieren der Zukunft
Vortragsreihe ‚Polizei - Wissenschaftliche Perspektiven auf eine Institution‘, Dr. habil. Nils Zurawski, Universität Hamburg, 10.12.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing and the Sociotechnical Production of Crime Predictions
Risk Management and Computational Knowledge Production in Legal System, Workshop an der TU München, 29.11.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing in Deutschland und die soziotechnische Herstellung von Kriminalitätsprognosen
GWTF-Jahrestagung 2018: Verhalten und Vorhersage. Die techno-sozialen Zukünfte algorithmischer Bewertungssysteme, TU Berlin, 17.11.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing: Von datafizierter zu datalogischer Polizeiarbeit?
Eigenlogiken der Datafizierung, Tagung am Institut für Soziologie der RWTH Aachen, 08.11.2018.
Simon Egbert: Algorithmic Anonymity: Predictive Policing and Blackboxing
A = ANOYNM, Reconfiguring Anonymity, Hamburg, 25.10.2018
Simon Egbert: Predictive Policing: Grundlagen, Risiken, Zukunft
Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger, Hamburg, 24.10.2018
Simon Egbert: Predictive Policing und das Polizieren per Quantifizierung
DGS-Kongress 2018: Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen, Universität Göttingen, 28.09.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing und die Antizipation krimineller Zukünfte
DGS-Kongress 2018: Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen, Universität Göttingen, 26.09.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing und ‚kognitive Gefahrengebiete‘?
Abschaffung des Rechts? Vierter Kongress der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen Universität Basel 2018, 14.09.2018.
Simon Egbert:
EASST2018: Meetings – Making Science, Technology
Simon Egbert: Cyberpolicing als (sicherheits-)politisches Phänomen
Vortragsreihe Sicherheit und Freiheit im Cyberaum, Magdeburger Hochschulgruppe für kritische Außen- und Sicherheitspolitik, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, 05.07.2018.
Simon Egbert: Predictive Profiling: Personenbezogene Prognosen in den USA und Deutschland
Automatismen des Verdachts: Polizeikultur und Prognose in der Migrationsgesellschaft, Trimberg Research Academy, Universität Bamberg, 15.06.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing and the Datafication of Police Work
8th Biennal Conference Surveillance Studies Network, Universität Aarhus, 08.06.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing as Preemption?
Data Justice 2018, Universität Cardiff, Data Justice Lab, 22.05.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing – Gegenwart, mögliche Zukunft und Implementierungsdynamiken
Predictive Policing in der Schweiz – State of the Art in Technik und Anwendung. ETH Zürich, Center for Security Research, 04.05.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing – Algorithmisches Polizieren in Deutschland
AI & Cybersecurity: Facing the Challenges of Digitalization. Karlsruher Institut für Technologie (KIT), talKIT – das Technologieforum e. V., 03.05.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing in Deutschland – Gegenwart und (mögliche) Zukunft
Räume der Unfreiheit, 42. Strafverteidigertag 2018, Organisationsbüro Strafverteidigervereinigungen, Münster, 03.03.2018.
Simon Egbert: Predictive Policing und das Polizieren der Zukunft(?)
Vortragsreihe ‚Daten, Algorithmen, Kontrolle der Zukunft‘, Dr. habil Nils Zurawski, Universität Hamburg, Hamburg, 08.01.2018.
Simon Egbert: Praktiken des Predictive Policing und die soziotechnische Konstruktion von Risikoräumen
Wissensrelationen. Kongress der DGS-Sektion Wissenssoziologie, Universität Dortmund, Dortmund, 22.09.2017.
Simon Egbert: Predictive Policing aus kriminologischer Perspektive.
Gastvortrag in der Vorlesung Kriminologie II von Prof. Dr. Tobias Singelnstein, Ruhr-Universität Bochum, 13.06.2017.
Simon Egbert: Predictive Policing im deutschsprachigen Raum – das Beispiel PRECOBS
Workshop: Der Einsatz von Prognosetechnologien durch die Polizei, Gerichte und im Strafvollzug, Jens Hälterlein & Lars Ostermeier, Universität Freiburg, 16.3.2017.