„Exzellenter Journalismus glänzt nicht durch Gadgets, sondern durch Recherche und Kreativität.“Interview mit Prof. Dr. Michael Brüggemann zum Studiengang Journalistik und Kommunikationswissenschaft
29. Januar 2018

Foto: Phillip Holländer
Prof. Dr. Michael Brüggemann ist Programmdirektor des M.A.-Studiengangs Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg. Das Gespräch mit ihm führte Lina Lindner im Rahmen eines Praxisseminars unter Leitung von Prof. Dr. Horst Pöttker zur Geschichte der Journalistik in Hamburg und dem 100-jährigen Jubiläum der Universität.
Lina Lindner: Die UHH wird 100 Jahre alt. Bezogen auf den Journalistik-Studiengang, was hat sich im Laufe der Zeit getan?
Michael Brüggemann: Den Journalistik-Studiengang gibt es seit bald 30 Jahren, in denen sich die Medienwelt rasant gewandelt hat. Wir erforschen, wie sich dieser Wandel auf den Journalismus auswirkt und wollen unsere Studierenden nicht nur auf den Status Quo vorbereiten, sondern sie in die Lage versetzen, dass sie selbst die Zukunft des Journalismus mitgestalten.
Warum kann man Journalismus an der UHH nicht bereits im Bachelor studieren?
Die Journalistik und Kommunikationswissenschaft ist an der Gestaltung des BA Medien- und Kommunikationswissenschaft beteiligt. Das ist ein gemeinsames Projekt der Medienwissenschaftler und von uns. Die Studierenden sollen im Bachelor noch die ganze Breite der wissenschaftlichen Beschäftigung mit verschiedenen Medien kennenlernen und sich dann im Master spezialisieren.
Würden Sie Berufseinsteigern ein Studium oder ein Volontariat empfehlen?
Ich würde allen Menschen, die Interesse an einem Studium haben, ein Studium empfehlen. Ein Studium ist eben mehr und auch etwas anderes als eine praktische Ausbildung. Bei uns lernen Sie journalistische Recherche und Produktion. Es ist aber auch eine Gelegenheit, sich ganz wichtigen gesellschaftlichen Fragen wie der nach der Rolle des Journalismus und der Medien in unserer Gesellschaft in aller Tiefe zu widmen. Die Möglichkeit Einblicke in international mitspielende Forschung zu bekommen kombiniert mit exzellenter Praxisausbildung bekommen Sie in Hamburg nur bei uns.
Journalist Timo Stoppacher ist der Meinung, dass im Journalismus das absolvierte Fach gar nicht so entscheidend sei. Es genüge, dass überhaupt ein Studium beendet wurde. Warum sollte man ein Journalistik-Studium trotzdem anstreben?
Es führen viele Wege in den Journalismus. Und es ist auch gut, wenn Menschen mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund Journalisten werden. Nur so kann der Journalismus die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln.
In unserer heutigen Zeit bestimmen digitale Medien das journalistische Geschehen. Das dafür benötigte Lern-Equipment können sich staatliche Universitäten kaum leisten. Wären Berufseinsteiger bei privaten Medienhochschulen mit multimedialer Ausstattung besser aufgehoben?
Vor 20 Jahren hätte ich vielleicht bedauert, dass wir kein teures professionelles Fernsehstudio am Institut haben. Heute reicht aber ein gutes Smartphone und ein Laptop, um multimedialen, digitalen Journalismus hervorzubringen. Was gleich geblieben ist: Exzellenter Journalismus glänzt nicht durch Gadgets, sondern durch Recherche und Kreativität.
Wie unterscheidet sich der Master an der Uni Hamburg von anderen Master-Studiengängen in Deutschland?
Bei uns heißt der Master Journalistik und Kommunikationswissenschaft – und das umreißt auch unseren Anspruch: Wir bieten mehr Einblick in Forschung als andere Journalistik-Studiengänge und bemühen uns dabei auch, den Bezug zur Berufspraxis herzustellen.
Die Uni Leipzig hat die Zulassungsvoraussetzungen für ihren Master Journalistik geändert. Dort werden nur noch Bewerber berücksichtigt, die im Bachelor etwas Fachfremdes studiert haben. Wie wichtig ist es also, sich zu spezialisieren, damit man nachher über dieses Gebiet schreiben kann?
Es ist wichtig, sich neben dem Wissen über Journalismus auch eine fachliche Spezialisierung anzueignen. Ich unterrichte dazu erstmals Studierende der Journalistik und der Klimawissenschaften gemeinsam. Zudem bieten wir Lehrveranstaltungen zu Medien-, Wissenschafts-, und Datenjournalismus. Hier sind wir gerade dabei, unser Angebot noch weiter zu entwickeln.
Nach wie vor hat die Journalistenausbildung verglichen mit dem amerikanischen Modell einen eher „passiven“ Stellenwert in Deutschland. Wie würden Sie die aktuelle Ausbildungssituation hier beschreiben?
In Deutschland haben wir ja auch in anderen Berufen eine Tradition der Ausbildung im Betrieb. Das ist erstmal etwas Gutes. Schädlicher, speziell im Journalismus, ist aber die Ideologie des Begabungsberufs. Tatsächlich gibt es aber einerseits ein Handwerk, das zu vermitteln ist, und andererseits bietet speziell die Universität einen Ort, wo man auch erforschen kann, warum Journalismus so und nicht anders betrieben wird und wie wir ihn in Zukunft vielleicht auch anders betreiben können.