Wohnungsnot als größtes Problem der Hansestadt
Die 5. Welle des Hamburg-BUS eröffnete wieder mit der Frage nach den wichtigsten Problemen in der Stadt. Diese Einschätzung hat sich seit der letzten Befragung durch das WiSo-Forschungslabor deutlich verändert. Wurden 2016 vor allem Themen wie Migration und Flucht als hochgradig problematisch wahrgenommen (s. Hamburg-BUS 2016), so beschäftigen die Hamburgerinnen und Hamburger heute vielmehr Fragen der Wohnungsknappheit (36 %) und Probleme in Verkehr und Infrastruktur (18 % und 7 %).
Großteil der Hamburgerinnen und Hamburger sieht keine Partei als kompetent in der Problemlösung
Auffällig ist, dass mit 45 % knapp die Hälfte der Befragten der Meinung ist, dass keine der Parteien in der Freien und Hansestadt das von ihnen jeweils genannte Problem gut lösen kann. Ein knappes Viertel der Befragten (22 %) nannten die SPD als beste Problemlöserin, 16 % entschieden sich für Bündnis 90/Die Grünen, 7 % für die CDU und jeweils weniger als 5 % für die Linke, die FDP und die AfD.
SPD Favorit der Wählerschaft, GRÜNE holen auf
Die Ergebnisse des Hamburg-BUS zu Beginn des Jahres 2019 deuten auf einen entstehenden Zweikampf zwischen SPD und GRÜNEN um die Position als stärkste politische Kraft in der Freien und Hansestadt hin. GRÜNE und SPD trennen in unserem Umfrageergebnis nur noch 6 Prozentpunkt, während die CDU mit einer Zustimmung von 15 % weiterhin auf sehr niedrigem Niveau liegt, gefolgt von der LINKEN mit 9 % und der FDP mit 6 %. Die AfD würde nach der vorliegenden Umfrage an der 5 %-Hürde scheitern. Allerdings ist diese Zahl mit besonderer Vorsicht zu interpretieren, da Wahlergebnisse der AfD in Umfragen nach aller Erfahrung unterschätzt werden. Deutlich wird aber, dass die AfD ihren Zuspruch in Hamburg nicht ausbauen konnte.
GRÜNE ziehen in Bundestagswahl an SPD vorbei
Auch nach ihrer potenziellen Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl haben wir die Hamburgerinnen und Hamburger gefragt. Hier zeigen sich die Grünen mit 32 % der Stimmen als noch stärker, die SPD folgt dem Bundestrend. Sie schneidet zwar mit 24 % der erwarteten Stimmen besser ab als im Bundesdurchschnitt, bliebe aber deutlich hinter ihrem Landesergebnis zurück. Die CDU kann dagegen im Vergleich zum Landesergebnis um 5 Prozentpunkte auf 20 % zulegen. Stärker werden auch die Liberalen, die in Hamburg bei einer Bundestagswahl 4 Prozentpunkte mehr holen würden als bei der Bürgerschaftswahl, und kommen damit auf 10 %. Das Ergebnis der LINKEN bleibt weitgehend konstant, das Gleiche gilt für die AfD.
Großteil der Hamburger Bevölkerung ohne feste Parteineigung
Der Großteil der Befragten (29 %) gibt an, keine langfristige Parteineigung zu besitzen. Dem folgen mit 27 % der Befragten die Anhänger der SPD, die damit in Bezug auf langfristige Parteineigungen in der Freien und Hansestadt die Spitzenposition hält. Gerade im Vergleich zum potenziellen Bundeswahlergebnis wird sehr deutlich, dass die SPD im Moment nicht einmal ihr Basispotenzial an Wählerinnen und Wählern heben kann, denn langfristig bekennen sich in der Hansestadt 3 Prozentpunkte mehr Befragte zur Sozialdemokratie als in der aktuellen Wahlentscheidung. Das langfristige Potenzial der Grünen liegt in Hamburg bei 20 %, das der CDU bei 14 %. Im Fall unserer potenziellen Bundestagswahl könnten beide Parteien mehr Wählerinnen und Wähler mobilisieren, als ihnen langfristig zugeneigt sind. Bei den Grünen beträgt die Differenz aktuell 12 Prozentpunkte, bei der CDU 6 Prozentpunkte. Auch LINKE und FDP können offenbar gegenwärtig mehr Wählerinnen und Wähler begeistern, als eine langfristige Bindung an die beiden Parteien vermelden. Bei der Linken beträgt die Differenz 3 Prozentpunkt, bei der FDP 6 Prozentpunkte. Die AfD verfügt an der Elbe nach unseren Ergebnissen über eine langfristige Anhängerschaft von rund 2 % der Befragten. Damit schneidet auch sie in der Wählergunst etwas besser ab als in der langfristigen Neigung.
Hamburgs Bevölkerung tendenziell linksliberal
Abschließend baten wir Hamburgerinnen und Hamburger, sich selbst auf einer Recht-Links-Skala zu verorten. Auf dieser Skala steht 1 für „ganz links“ und 11 für „ganz rechts“. Im Durchschnitt ordnen sich die Befragten mit einem Skalenwert von 4,5 deutlich links der Mitte ein.
Während sich ein Fünftel der Befragten (20 %) genau der politischen Mitte zuordnete (Skalenwert 6), zeigt sich ein deutlicher Überhang linker Selbsteinschätzungen von 1 bis 5. Mehr als zwei Drittel aller Befragten (69 %) ordnen sich in diesem Spektrum ein, Werte zwischen 7 und 11 wurden nur von 11 % der Befragten genannt. Insgesamt 77 % der Befragten befinden sich in der Mitte des politischen Spektrums und im moderaten linken Bereich zwischen den Skalenpunkte 6 und 3. Extreme linke Werte werden von 11 % der Befragten genannt, extreme rechte Werte von 1 % der Stichprobe. Die oben berichteten Werte zu geplanten Wahlverhalten erscheinen vor dem Hintergrund dieses Einstellungsprofils gut erklärt zu sein.
Tschentscher und Fegebank beliebteste Parteispitzen
Der deutlich populärste Politiker in Hamburg bleibt SPD-Bürgermeister Tschentscher, der die Unterstützung von etwa zwei Dritteln der Hamburgerinnen und Hamburger genießt und dessen Name 85% aller Befragten ein Begriff ist. Ähnlich positiv wird die Arbeit der zweiten Bürgermeisterin, Katharina Fegebank (GRÜNE), aufgenommen, 51% der Befragten sind mit ihrer Leistung zufrieden oder sehr zufrieden. Die Beurteilung der Oppositionsführer André Trepoll (CDU) und Dr. Alexander Wolf (AfD) fällt im Vergleich dazu deutlich ab: 40% der befragten Hamburgerinnen und Hamburger, denen die Politiker bekannt waren, sind mit ihrer Arbeit nicht zufrieden, etwa 20% bewerten sie positiv. Ein eher durchwachsenes Ergebnis erhielt auch Sabine Boeddinghaus, die Co-Fraktionsvorsitzende der Linken, die nur knapp einem Viertel der Hamburger bekannt ist. Sie wird von ca. einem Viertel der Befragten unterstützt, eine ebenso große Zahl der Befragten gibt sich kritisch. Deutlich unzufrieden äußerten sich die Hamburgerinnen und Hamburger in Bezug auf Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP. 47% gaben an, mit ihrer Arbeit weniger oder gar nicht zufrieden sein.
Großteil der Wählerinnen und Wähler zufrieden mit Tschentschers Leistungen
Betrachtet man die Zufriedenheit mit dem Ersten Bürgermeister differenziert nach Wahlneigungen, so stellt man fest, dass die Mehrheit der Anhänger von SPD (72 %), FDP (64 %), CDU (55 %) und Grünen (54 %) zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit seiner Arbeit sind. Nur bei den Linken (46 %) und der AfD (25 %) ist weniger als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler zufrieden oder sehr zufrieden.
Trepoll kann je ein Drittel der CDU- und FDP-Wähler begeistern
Trepoll hingegen kann selbst das eigene Lager kaum überzeugen. Nur 34 % der CDU-Wählerinnen und Wähler sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden, gefolgt von 29 % bei den Wählerinnen und Wählern der FDP. Das Spektrum der weiteren Parteien bewegt sich von 17 % Zufriedenheit bei den Wählerinnen und Wählern der Grünen auf 0 % bei den Wählerinnen und Wählern der AfD.
Tschentscher (SPD) im direkten Vergleich deutlich vor Trepoll (CDU)
Von allen Befragten halten 62 % Tschentscher für führungsstärker, 64 % schreiben ihm mehr wirtschaftlichen Sachverstand zu. Zwei Drittel der Befragten (67 %) nehmen den ersten Bürgermeister als bürgernäher wahr als den Fraktionsführer der Union. Tschentschers Glaubwürdigkeit wird von 72 % der Befragten als höher eingeschätzt, sein Sinn für soziale Gerechtigkeit von 73 %. Schließlich finden mehr als drei Viertel der Befragten (77 %), dass Peter Tschentscher besser zu Hamburg passt als André Trepoll.
In Deutschland lässt es sich gut leben, finden vor allem FDP- und CDU-Wähler
Anschließend befragten wir Hamburgerinnen und Hamburger zu ihren Meinungen zur Lebensqualität in Deutschland, Polititk und eigenen politischen Handlungspotentialen. Wählerinnen und Wähler von CDU, SPD, Grünen und FDP stimmen der Aussage, in Deutschland könne man sehr gut leben, zu über 90 % voll und ganz oder eher zu. Am meisten Zustimmung gibt es davon bei den Wählerinnen und Wählern der CDU, die zu 79 % voll und ganz und zu 15 % eher zustimmen. Kritischer sind die Wählerinnen und Wähler der Linken. Sie stimmen zu 78 % der Aussage voll und ganz oder eher zu, vor allem die Gruppe der voll und ganz Zustimmenden ist aber bei den Linkswählerinnen und -wählern deutlich kleiner als bei den vorgenannten Parteien. Am wenigsten zufrieden sind die Wählerinnen und Wähler der AfD mit dem Leben in Deutschland. Von ihnen stimmen knapp mehr als zwei Drittel (68 %) der Befragten der Aussage zu.
Insbesondere AfD und LINKE fühlen sich von Politikerinnen und Politikern vernachlässigt
Der Aussage „Die Politiker kümmern sich nicht viel darum, was Leute wie ich denken“ stimmt etwa ein Drittel der Befragten (34 %) voll oder eher zu. Diese Personen haben also eine negative Meinung über die Bürgerbezogenheit von Politikerinnen und Politikern. Ein knappes Viertel der Befragten (23 %) lehnt diese Aussage ganz oder eher ab, etwas weniger als die Hälfte der Befragten (43 %) findet, dass die Aussage zumindest teilweise richtig ist. Insgesamt haben also mehr als drei Viertel aller Befragten zumindest einige Zweifel oder sogar starke Zweifel daran, dass Politikerinnen und Politiker sich um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger kümmern.
Bemühungen von Politikern, Bevölkerungsinteressen zu vertreten, eher ambivalent bewertet
Knapp zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler von CDU (33 %) und SPD (30 %) haben den Eindruck, dass die Politik sich darum bemüht, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Bei Grünen und FDP sind es noch 25 % und 23 %. In der Wählerschaft von Linkspartei und AfD finden sich mit jeweils 8 % kaum Personen, die diesen Eindruck teilen. Die Hälfte der Wählerschaften von CDU, SPD und Grünen (jeweils 50 %) haben zumindest teilweise den Eindruck, dass die Aussage angemessen ist, zwischen 17 % (CDU) und 26 % (Grüne) lehnen die Aussage ab. Die Wählerinnen und Wähler der FDP sind der Politik gegenüber kritischer. Nur 41 % der FDP-Wählenden stimmen der Aussage teilweise zu, dementsprechend größer ist der Anteil, die die Aussage ablehnt (33 %). Noch kritischer sind die Wählerinnen und Wähler der Linkspartei, die der Aussage zu 37 % teilweise und zu 55 % nicht zustimmen, sowie die Wählerinnen und Wähler der AfD, die der Aussage fast vollständig, zu 40 % teilweise und zu 52 % gar nicht zustimmen.
Großteil der Hamburgerinnen und Hamburger vertraut auf eigene Politikkenntnisse
90 % aller Befragten vertrauen zumindest teilweise in das eigene politische Wissen, gute zwei Drittel (69 %) finden, dass sie gut über politische Geschehnisse informiert sind. Am überzeugtesten von den eigenen Politikkenntnissen sind die Wählerinnen und Wähler der Linken und FDP. Hier stimmen 82 % und 77 % der Aussage „ich weiß eher wenig über Politik“ nicht oder überhaupt nicht zu. Nimmt man die teilweise Ablehnung hinzu, dann haben 96 % der Linkswählerinnen und -wähler und 94 % der Wählerschaft der FDP grundlegendes Vertrauen in das eigene Politikverständnis. Grüne und AfD folgen mit 88 % ihrer Wählerinnen und Wähler, die die Aussage, wenig von Politik zu verstehen, mindestens teilweise ablehnen, bei CDU und SPD sind das jeweils 83 %.
Politik zu kompliziert für Bürgerschaft? Nein, sagt Hamburg.
63 % der Befragten lehnen die Aussage, dass Politik so kompliziert sei, dass man sie selbst kaum verstehen könne, voll oder eher ab. Nimmt man die teilweise Ablehnung hinzu, dann sind 88 % der Befragten mindestens der Meinung, zumindest teilweise zu verstehen, was in der Politik passiert. Das meiste Vertrauen in das eigene Politikverständnis haben die Wählerinnen und Wähler von FDP und Linkspartei. Hier lehnen 93 % (FDP) und 92 % (Linkspartei) die Aussage zumindest teilweise ab, dass Politik zu kompliziert sei. Dem folgen die Wählerschaften von SPD (91 % Ablehnung) und Grünen (90 % Ablehnung), sowie der CDU und der AfD (jeweils 80 % und 78 % Ablehnung der Aussage).
Starke Mehrheit empfindet Wählen als Bürgerpflicht
Insgesamt stimmen 93 % aller Befragten der Aussage, die Beteiligung an Wahlen sei in einer Demokratie die Pflicht aller Bürgerinnen und Bürger, voll oder eher zu. Die Unterschiede bei den Wählerschaften der Parteien sind eher gering. Die Wahlnorm am meisten verinnerlicht haben die Wählerinnen und Wähler von FDP und SPD, unter denen 97 % der Aussage zustimmen. CDU (95 % Zustimmung) und Grüne (92 %) folgen dichtauf. Bei den Wählerschaften von Linkspartei und AfD ist die Zustimmung zur Aussage etwas geringer. 87 % der Wählerinnen und Wähler der Linken stimmen der Aussage voll oder eher zu, bei der AfD 84 %. Bei der Linkspartei stimmt 1 % der Aussage teilweise zu, 11 % stimmen ihr eher oder gar nicht zu. Bei der AfD sind es entsprechend 12 % und 4 %.
Ehe aus diesen Antworten geschlossen wird, dass in Hamburg die Wahlnorm sehr stark ausgeprägt ist, muss beachtet werden, dass Personen, die regelmäßig nicht zur Wahl gehen auch deutlich seltener als andere an Umfragen teilnehmen. Diese Werte sind also aufgrund eines in Umfragen nicht zu behebenden Problems in Richtung einer Zustimmung zur Wahlnorm verfälscht.
Wählerschaft von AfD, CDU, SPD und FDP zeigen ausgeprägten Nationalstolz
Die größte Zustimmung erreichte die Aussage, dass die Leistungen anderer Völker nicht an die Leistungen des deutschen Volkes heranreichen. Dieser stimmen 34 % der Befragten ganz oder teilweise zu. Die stärkste Zustimmung finden wir hier bei den Wählerinnen und Wählern der AfD (68 %), gefolgt von der CDU (48 %), der SPD (42 %) und der FDP (40 %). Grüne (21 %) und Linke Wählerinnen und Wähler (10 %) haben zu dieser Aussage den größten Abstand.