Arbeitsrechte in prekären Lebenslagen
Projektbeschreibung
Von (multipler) Prekarität gekennzeichnete Lebenslagen können es erschweren, formal geltende Arbeitsrechte einzufordern. Armut und unzureichende soziale Sicherung, überlastende Fürsorgeverpflichtungen, Exklusion (z.B. aufgrund von Rassismus) oder ein unsicherer Aufenthaltsstatus führen potenziell dazu, dass Beschäftigte Rechtsverletzungen bei der Arbeit (z.B. unbezahlte Überstunden, nicht gewährte Urlaubsansprüche) nicht oder nur begrenzt problematisieren (können). Individuelle rechtliche Strategien im Betrieb geraten bei lebensweltlicher Prekarität ebenso an ihre Grenzen wie kollektive gewerkschaftliche Organisierung.
Im Mittelpunkt des durch die Hans-Böckler-Stiftung geförderten Forschungsprojekts Arbeitsrechte in prekären Lebenslagen steht vor diesem Hintergrund die Frage wie, warum und unter welchen Umständen prekäre Lebenslagen praktisch die Möglichkeit einer Inanspruchnahme von formal geltenden Arbeitsrechten einschränken. Das Projekt untersucht, wie prekäre Lebenslagen sich auf Strategien der Betroffenen auswirken (z.B. Erdulden, Exit / Kündigung, situativer Ungehorsam, Rechtsstreit, kollektive Organisierung, öffentliche Kritik) und welche Konsequenzen für Arbeitsbeziehungen damit verbunden sind (z.B. Normalisierung von Arbeitsrechtsverletzungen, Erosion arbeitsrechtlicher Standards).
Empirischer Schwerpunkt der Forschung sind qualitative Interviews mit Menschen in prekären Lebenslagen, die eine arbeitsrechtliche Beratung in Anspruch nehmen, über Alltagserfahrungen und Strategien im Umgang mit Arbeitsrechtsverletzungen. Ziel der Forschung ist es, Ansatzpunkte sowohl für eine ermächtigende Beratungspraxis als auch für eine erfolgreiche gewerkschaftliche Organisierung von Beschäftigten in prekären Lebenslagen zu identifizieren. Darüber hinaus sollen politische Entscheidungsträger*innen für spezifische Schutzbedarfe von Beschäftigten in prekären Lebenslagen sensibilisiert werden.
Laufzeit: 01.04.2024 - 31.03.2026
Drittmittelgeberin: Hans-Böckler-Stiftung
Newsletter
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Publikationen
- Huke, Nikolai (2025): Der Rechtsstaat als unabgeschlossenes Projekt In: PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft 55(219): 403-418.
- Huke, Nikolai (2025): Die Nichtinanspruchnahme von Beschäftigtenrechten In: Arbeits- und Industriesoziologische Studien 18(1): 27-42.
- Huke, Nikolai (2025): Psychische Belastung durch Rassismus in der Arbeitswelt, ZÖSS-Discussion Paper #118
- Huke, Nikolai (2025): Arbeitsrechtsverletzungen in Deutschland als Folge unzureichend begrenzter Arbeitgebermacht, ZÖSS-Discussion Paper #117
- Huke, Nikolai (2024): Rechtsmobilisierung in prekären Lebenslagen. (Rechts-)Beratungsstellen als Voraussetzung rechtsstaatlicher Verhältnisse In: Kritische Justiz 57(3): 406-420.
Interviewreihe
Das Projekt veröffentlicht eine Interviewreihe mit Arbeitsrechtsberatungsstellen in der Zeitschrift express.
- Justyna Oblacewicz (Faire Mobilität): Verführung zum Rechtsbruch
- Christoph Cramer (cuba Münster): „Tu schön artig das, was ich von dir verlange – oder du musst zurück in dein Herkunftsland“
- Šejla Vojić (Faire Mobilität Stuttgart): „Die Beschäftigten gehen bei Konflikten häufig leer aus“
- Katarzyna Laszuk (Faire Mobilität Erfurt): „Die Leute werden im Stich gelassen“
- Margarete Brugger (mira – Mit Recht bei der Arbeit!, Standort Karlsruhe): „Solange keine Arbeitsbescheinigung vorliegt, wird kein Arbeitslosengeld berechnet“
- Magdalena Morgenroth, Aldona Kucharczuk und Viktoria Brandt (Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit – Arbeit und Leben DGB/VHS e.V. ): „Man darf nicht krank werden, Schwangerschaft ist auch nicht gut“
- Monika Górka (ver.di-Gewerkschaftssekretärin im Fachbereich Handel in Sachsen-Anhalt): „Die Arbeitgeber schikanieren Streikende mit allen Mitteln“
Veranstaltungen
- 22.11.2024: Fachtag „Rassismus in der Arbeitswelt“ (Videoaufzeichnungen)
- 04.04.2025: Fachtag „Arbeitsrechtsverletzungen in Deutschland" (Videoaufzeichnungen)
- 11.09.2025: Fachtag „Ungleicher Zugang zum Recht“
Kontakt
Dr. Nikolai Huke (Projektleitung)
Universität Hamburg
Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Sozialökonomie
Soziologie
Welckerstraße 8
20354 Hamburg
Raum: 5.18
Tel.: +49 0 1578-7414416
E-Mail: nikolai.huke"AT"uni-hamburg.de
Sarah Tews (Wissenschaftliche Hilfskraft)
E-Mail: sarah.tews"AT"uni-hamburg.de