Digitale Kommunikation
und Nachhaltigkeit
Foto: UHH/Denstorf
9. Juli 2020
Der Artikel "Im Zerrspiegel des Populismus. Eine computergestützte Analyse der Verlinkungspraxis von Bundestagsabgeordneten auf Twitter" untersucht, wie PolitikerInnen Twitter nutzen, genauer: wie vielfältig die Themen sind, zu denen sie Texte teilen.
Zur Analyse des „Agenda Settings“ deutscher ParlamentarierInnnen wurden 846.744 Tweets und 56.107 darin verlinkte Texte analysiert. Hierzu wurde auf Basis des Topic-Modeling Verfahrens LDA eine Maßzahl entwickelt, die es erlaubt, die inhaltliche Vielfalt verschiedener Textkorpora zu vergleichen.
Es zeigte sich in der komparativen Analyse, dass sich insbesondere die Themensetzung der AfD-PolitikerInnen von der Agenda anderer Parteien unterscheidet. Sie weist eine andere Struktur auf – wenige Themen werden intensiv adressiert – und umfasst andere inhaltliche Schwerpunkte. Das Mittel des Teilens journalistischer Inhalte ist offenbar zentral für die populistische Kommunikationsstrategie: Während die AfD-PoltikerInnen auf Twitter ansonsten nicht aktiver sind als andere ParlamentarierInnen, stechen sie beim Sharing deutlich hervor.
Die Themenselektion der populistischen Akteure korreliert außerdem stärker mit dem metrischen Erfolg einzelner Themen, als dies bei anderen Parteien der Fall ist: Themen, die von der AfD besetzt werden, sind – gemessen an Engagement-Metriken (Likes, Shares) – erfolgreicher als die Themen anderer Parteien auf Twitter. Die Themen, die in der Literatur als charakteristisch für Populisten beschrieben werden, spiegeln sich in den Themen, mit denen AfD-PolitikerInnen am meisten Engagement auslösen: Migration, die Verhandlung von Identität in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Minderheiten (also outgroups), Kriminalität, also Korruption und Verbrechen, sowie die Thematisierung wirtschaftlicher Not, insbesondere über Chancen- und Verteilungsfragen.
Das Paper ist in der Publizistik erschienen (Open Access, Online First).