Laufendes Semester
Wintersemester 2023/2024
Im Wintersemester 2023/24 werden folgende Kurse angeboten:
- Sozialtheorie im Anthropozän (MA):
Das Seminar greift aktuelle Debatten um das ‚Anthropozän‘ auf. Ursprünglich in den Naturwissenschaften geprägt, ist der Begriff zu einem sozialwissenschaftlichen Paradigma geworden, das über disziplinäre Grenzen hinweg neue Forschungsfragen aufwirft. Ausgehend von der These, dass menschliche Aktivitäten inzwischen zum wichtigsten Treiber für Veränderungen in den grundlegenden geophysischen und biochemischen Erdprozessen geworden sind, werden dabei neue Formen staatlichen Handelns und globaler Kooperation gefordert, Regime individueller und kollektiver Verantwortlichkeit entworfen, und Imperative gesellschaftlicher Transformation abgeleitet. Im Laufe des Semesters gehen wir auch auf Kritik am Begriff des Anthropozäns ein, die etwa unter dem Begriff des Kapitalozäns oder aus postkolonialer Perspektive die Annahme eines einheiltlichen Anthropos infragestellt und demgegenüber globale Ausbeutungsverhältnisse thematisiert.
Das Seminar führt in aktuelle Debatten und Forschung an der Schnittstelle von Umweltsoziologie, politischer Soziologie und Wirtschaftssoziologie ein. Durch das Erarbeiten von neuen Forschungsergebnissen und eigenständige empirische Arbeiten sollen Studierende befähigt werden, Verbindungen zwischen ökologischen und sozialen Problemen herzustellen, und die kollektiven Verhältnisse zur natürlichen Umwelt als ein zentrales Erklärungsprinzip für soziale Konflikte und gesellschaftlichen Wandel zu verstehen. Darüber hinaus wird wissenschaftliches Arbeiten und wissensbasiertes Argumentieren, sowie das Präsentieren von Ergebnissen (in Wort und Schrift) eingeübt.
Der Kurs behandelt zentrale Themen der Debatte um das Anthropozän anhand von aktuellen Texten und empirischen Fallbeispielen. Als roter Faden dient die Frage, wie die gegenwärtig global beobachtbare krisenhafte Zuspitzung ökologischer Konflikte sozialwissenschaftlich gefasst werden kann. Handelt es sich um eine Nebenfolge bestimmter soziotechnischer Regime (fossile Energieerzeugung, Automobilität)? Liegt die Ursache primär in der globalen Dynamik ungleicher kapitalistischer Wirtschaftsverhältnisse? Oder müssen sozialökologische Konflikte noch breiter als Begleiterscheinung der industriellen Moderne verstanden werden? Aus verschiedenen Zeitdiagnosen leiten sich wiederum unterschiedliche gesellschaftspolitische Projekte ab, von der ‚ökologischen Modernisierung‘ spezifischer Wirtschaftsprozesse, über die Schaffung oder Reform internationaler Institutionen, bis hin zu grundlegenden gesellschaftlichen Transformationen.
- Polycrisis and Deep Contestation of International Orders: Societal and Conceptual Responses (graduate seminar, together with Prof. Dr. Antje Wiener, Prof. Dr. Stefan Aykut)
This seminar is designed for PhD students with an interest in undertaking empirical research in the fields of Sociology, Political Science, International Relations (IR) and Global Governance, broadly conceived. This seminar addresses topical societal and political phenomena and discusses them with reference to concepts, approaches, and methods for the study of societal agency in global contexts, of forms of polycentric and multi-actor coordination, and interactions between bottom-up initiatives and top-down steering through states.
This semester’s focus is on the phenomenon of polycrisis i.e. the occurrence of multiple crises at the same time which implies a structural presence of crisis that requires societal transformation and political change.
Research on Global Governance is currently characterized by a series of conceptual and methodological challenges. Environmental and other global problems do not stop at borders. They often point to fundamental social science questions, while also bearing deeply normative tensions. Furthermore, they are shaped by a variety of actors and a blurring of governance levels, visible for instance in the tendency towards transnational networks, informal governance arrangements and polycentric governance architectures. All the more, research designs need to engage thoroughly with adequate methodologies and conceptual framings that reflect such complexities.
The seminar addresses concepts, methods, and approaches based on selected core readings and invites participants to engage with these readings with a view to select and develop their own research designs and discuss them with specific regard to methodology and conceptual framing.