Klimawende Ausblick
Hintergrund und Ziele der neuen Studienreihe
Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. Die Umsetzung hinkt den Erfordernissen jedoch hinterher, denn der hochkomplexe Transformationsprozess fordert bestehende Interessen, Gewohnheiten und Geschäftsmodelle heraus. Die gesellschaftlichen Umsetzungshürden für ambitionierten Klimaschutz erscheinen hoch. Andererseits wird Klimapolitik auch immer wieder durch gesellschaftliches Engagement angetrieben.
Vor diesem Hintergrund entwickelt die Mercator-Stiftungsprofessur für Soziologie Methoden, um zu bewerten, inwieweit eine umfassende Transformation auch in politischer und sozialer Hinsicht plausibel ist. In einem jährlichen Assessment werden ausgewählte gesellschaftliche Treiber und ihre jeweiligen Dynamiken, Kontextbedingungen und Wirkungslogiken untersucht.
Im Mai 2024 wurde der erste Klimawende Ausblick veröffentlicht. Er legt den Grundstein für die folgende Studienreihe, indem er den Analyserahmen zur Plausibilität von Transformationsprozessen vorstellt und einen methodischen Baukasten für die Analyse der deutschen Klimawende entwickelt. Darüber hinaus werden vier von insgesamt zwölf sozialen Treibern der Klimawende in einer erste Teilanalyse untersucht: deutsche Klimapolitik im europäischen Rahmen, globale Klimagovernance, Klimabewegung und -proteste, und Klimaklagen.
Hauptaussagen in Kürze
- Eine Gesellschaft der Klimawende erfordert nicht nur technologische Innovationen und eine Dekarbonisierung der Wirtschaft, sondern auch veränderte Produktions- und Konsumpraktiken, eine veränderte Rolle des Staates und eine starke Zivilgesellschaft.
- Ein Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 erscheint angesichts existierender politischer und rechtlicher Maßnahmen und unter Berücksichtigung absehbarer politischer Entwicklungen gegenwärtig nicht plausibel. Bisher erreichte Reduktionen sind vielfach nicht abgesichert und politische Handlungsspielräume für Investitionen in Deutschland und Europa eng begrenzt durch strikte Fiskal- und Schuldenregeln.
- Die Klimawende tritt nach der Verabschiedung der übergeordneten Ziele und wesentlicher politischer und rechtlicher Instrumente in eine neue Phase ein, in der eine Zunahme von Umsetzungskonflikten zu erwarten ist.
- Die Vorabanalyse von vier sozialen Treibern in dieser Studie zeigt nach wie vor breite und aktive Unterstützung der Klimawende. Diese breite Resonanzfähigkeit von Klimapolitik besteht trotz einer beobachtbaren gesellschaftlichen Polarisierung auch in Umweltfragen.
- Die Teilanalyse zeigt allerdings auch eine Verringerung von Handlungsspielräumen für zivilgesellschaftliche Aktivitäten aufgrund von rechtlichen, polizeilichen und finanziellen Beschränkungen. Damit wird die gesellschaftliche Trägerschaft der Klimawende geschwächt.
- Die Analyse zeigt auch treiberübergreifende Wechselwirkungen, etwa zwischen Klimaklagen, Klimaprotesten und Klimapolitik, durch die sich positive Dynamiken von einzelnen Treibern gegenseitig verstärken. Solche Wechselwirkungen könnten zukünftig noch stärker für die Transformation nutzbar gemacht werden.