Forschungsschwerpunkte
Schwerpunkt I: Die Entstehung des modernen Europa und Europagedankens
Die Entstehung des modernen Europa und Europadenkens
Dieser Forschungsschwerpunkt widmet sich der Erforschung der Herausbildung des modernen Europa sowohl als ‚Gegenstand’ wie als ‚Vorstellung’ und fragt insbesondere nach den Zusammenhängen, die zwischen diesen Konstitutions- und Konstruktionsprozessen von „gedachtem“ und „gelebtem Europa“ bestehen. Dabei liegt der Fokus auf der systematischen und vergleichenden Erforschung
a) der ideen-, begriffs- und diskursgeschichtlichen Voraussetzungen und Zusammenhänge, die zur Ausbildung des modernen Europabegriffs bzw. der modernen Europabegriffe führten, und
b) der politischen, sozialen und kulturellen Umbrüche, die diesen Wandel angestoßen, begleitet und befördert sowie zu jener Pluralität von Formen geführt haben, in denen „Europa“ gedacht, wahrgenommen und beurteilt wurde.
Auf diesem Wege sollen die bestehenden Formen, Funktionen und Differenzen in den historisch und gegenwärtig existierenden Wahrnehmungs- und Konstruktionsweisen Europas untersucht und in ihren Ursachen, Mechanismen, Wechselwirkungen und Konsequenzen analysiert und deutlich gemacht werden.
Bisherige und geplante Aktivitäten in diesem Schwerpunkt (Auswahl)
- Europa und die islamische Welt in der Frühaufklärung. Die Konstruktion der europäischen Ordnung im Friedensprojekt des Abbé de Saint-Pierre, in: Heinz Duchhardt u.a. (Hrsg.): Utrecht - Rastatt - Baden 1712 - 1714. Ein europäisches Friedenswerk am Ende des Zeitalters Ludwigs XIV., Göttingen u.a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, S. 335–355
- Olaf Asbach: Europa – Vom Mythos zur Imagined Community? Zur historischen Semantik „Europas“ von der Antike bis ins 17. Jahrhundert, Hannover: Wehrhahn Verlag 2011. (Ansicht).
- Ordnungen des Friedens - Ordnungen des Konflikts. Ambivalenzen der Diskurse zur internationalen Ordnungsstiftung im 18. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte 13 (2012), S. 55-85.
- Olaf Asbach: Konstruktionen einer politischen Identität Europas. Dimensionen und Fallstricke eines Diskurses zwischen Wissenschaft und Politik, in: Nation – Europa – Welt. Identitätsentwürfe vom Mittelalter bis 1800, hrsg von Ingrid Baumgartner u.a., Frankfurt/M. 2007, S. 281-295.
- Olaf Asbach: Der Wert ‚Europa’ – seine Bestandteile, Definitionen und Funktionen (aus politikwissenschaftlicher Sicht), in: Kerstin Armborst/Wolf-Friedrich Schäufele (Hrsg.) : Der Wert ‚Europa’ und die Geschichte. Auf dem Weg zu einem europäischen Geschichtsbewußtsein (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft online 2), Mainz 2007, S. 7-31.
- Olaf Asbach: Die Erfindung des modernen Europa in der französischen Aufklärung, in: Francia. Jahrbuch für westeuropäische Geschichte, Bd. 31/2, Ostfildern 2004, S. 55-94.
- Vorträge auf Tagungen zu Europa und europäischen Ideen in Neuzeit und Gegenwart u.a. in Potsdam (2005), Kassel (2005), Mainz (2007), Madrid (2005, 2008), Marburg (2011).
- Eine international besetzte und interdisziplinär ausgerichtete Konferenz zum Denken über "Europa und die Moderne im langen 18. Jahrhundert" fand vom 24. bis 26. März 2011 in Hamburg statt. Informationen finden Sie hier.
Schwerpunkt II: Grundlegung von Staat und Politik in der Moderne
Grundlegung von Staat und Politik in der Moderne
Ein zentraler Gegenstand der Forschung und Lehre an der Heisenberg-Professur "Europa und Moderne" ist die Problematik der Begründung von Recht und Staat dar, wie sie in der frühen Neuzeit entwickelt und in den politischen und diskursiven Kämpfen der Zeit vertreten und in unterschiedlichen Varianten verwirklicht worden sind.
Der Fokus der Arbeiten liegt auf der Frage, wie unter den sich herausbildenden Bedingungen von auf der Pluralität freier und gleicher Akteure basierender Vergesellschaftungs- und Legitimationsstrukturen Formen legitimer Herrschaft, objektiven Rechts und institutionell gesicherten Friedens innerhalb und zwischen Staaten geschaffen, gerechtfertigt und garantiert werden.
Schwerpunkte von Forschung und Lehre in diesem Bereich sind die Analyse der bis heute fundamentalen Konzepte von Staat, Souveränität, (positivem und Völker-)Recht, bürgerlicher und individueller Freiheit, Republik, Demokratie und Verfassung usw. in den unterschiedlichen politischen Theorien und Traditionen. Dies impliziert die Auseinandersetzung mit dem internationalen System, wie es sich mit der Herausbildung der modernen Staaten zunächst auf europäischer und zunehmend auch auf globaler Ebene entwickelt hat. Themen sind hier internationale Politik, Völkerrecht und internationale Institutionen im Spannungsfeld zwischen Machtpolitik und Interessenverfolgung einerseits, Ansätzen und Formen transnationaler Kooperation, Verrechtlichung und Friedenssicherung andererseits.
Bisherige und geplante Aktivitäten in diesem Schwerpunkt (Auswahl)
- Im April 2014 erscheint bei Ashgate: "The Ashgate Research Companion to the Thirty Years' War", hrsg. von Olaf Asbach und Peter Schröder. (Infohier).
- Politische Herrschaft und Autonomie: Souveränität bei Bodin, Hobbes und Rousseau, in: Oliver Hidalgo (Hrsg.): Der lange Schatten des Contrat social: Demokratie und Volksherrschaft bei Jean-Jacques Rousseau, Wiesbaden 2013, S. 67-97.
- Olaf Asbach: Die Globalisierung Europas und die Konflikte der Moderne. Dynamiken und Widersprüche in der Theorie und Praxis der internationalen Beziehungen in der frühen Neuzeit, in: Sven Externbrink (Hrsg.), Der Siebenjährige Krieg. Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin: Akademie-Verlag 2011, S. 27-64.
- Olaf Asbach (Hrsg.): War, the State and International Law in Seventeenth Century Europe (hrsg. mit P. Schröder), Aldershot: Ashgate 2010).
- L'idée de l'équilibre des puissances - Raisons et apories d'un concept fondamental de la politique moderne, in: Guido Braun (Hrsg.): Assecuratio Pacis. Les conceptions françaises de la sûreté et de la garantie de la paix de 1648 à 1815, Paris 2010.
- Olaf Asbach (Hrsg.): Vom Nutzen des Staates. Staatsverständnisse des klassischen Utilitarismus: David Hume – Jeremy Bentham – John Stuart Mill, (Staatsverständnisse. Hrsg. von Rüdiger Voigt), Baden-Baden: Nomos 2009.
- Internationale Konferenz am Deutschen Historischen Institut London vom 12.-14. Juni 2008 zum Thema War, the State and International Law in Seventeenth Century Europe (gefördert durch die DFG).
- Olaf Asbach: Sovereignty between Effectiveness and Legitimacy. Dimensions and Actual Relevance of Sovereignty in Bodin, Hobbes and Rousseau, in: Eurostudia. Revue transatlantique de recherche sur l’Europe, Vol. 2, Nr. 2, Décembre 2006.
- Olaf Asbach: Friedensutopien, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Teilband: Staat, politische Herrschaft und internationales Staatensystem, hrsg. v. Horst Carl u. Christoph Kampmann, Bd. 4, Stuttgart/Weimar: Metzler 2006, Sp. 27-34.
Schwerpunkt III: Staat, Demokratie und Recht in der globalisierten Welt
Staat, Demokratie und Recht in der globalisierten Welt
Die Arbeiten zu diesem Schwerpunkt befassen sich in Forschung und Lehre mit den aktuellen Wandlungen in den politischen Systemen und internationalen Beziehungen unter den veränderten ökonomischen, soziokulturellen und politischen Verhältnissen der Gegenwart und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die seit der frühen Neuzeit entwickelten Organisationsformen und Konzepte politischer Institutionen, Prozesse und Normen.
Zu den wesentlichen Fragen zählen hierbei:
a) Inwiefern sind die theoretischen Konzepte, die sich seit der frühen Neuzeit mit moderner (Rechts- und Verfassungs-) Staatlichkeit verbinden, angesichts der gegenwärtigen Globalisierung von politischen und sozialen Strukturen, Akteuren und Problemlagen zur Beschreibung, Erklärung und normativen Bestimmung politischer Institutionen und Prozesse noch angemessen?
b) In diesem Zusammenhang müssen zugleich die in Wissenschaft und Politik zur Bewältigung der aktuellen Probleme neu oder in neuer Weise verwandten theoretischen und praktisch-institutionellen Konzepte und Institutionen auf ihre analytischen und normativen Implikationen hin kritisch reflektiert werden.
Dieser Schwerpunkt befaßt sich demzufolge in Forschung und Lehre mit Themen wie aktuellen Positionen zur Entwicklung von Rechts- und Verfassungsstaatlichkeit, dem Problem von Politik und Demokratie dies- und jenseits des Nationalstaates sowie Konzeptionen zur Begründung und Institutionalisierung internationaler Rechts- und Friedensverhältnisse und ihrer teils ambivalenten Konsequenzen (z.B. Debatten zu ‚demokratischem Frieden’, zum ‚gerechten Krieg’, zu Global Governance, internationaler Gerechtigkeit oder der Begründung und kulturellen Bedingungen der Akzeptanz universeller Menschenrechte).
Bisherige und geplante Aktivitäten in diesem Schwerpunkt (Auswahl)
- Zum Stand der Demokratie in der politischen Gesellschaft. Tagung aus Anlass der Verabschiedung von Prof. Dr. Michael Th. Greven am 6. Juli 2012.
- Olaf Asbach: Jenseits des internationalen Naturzustands? Habermas und die Transformation des neuzeitlichen Völkerrechts, in: Gary S. Schaal (Hrsg.), Das Staatsverständnis von Jürgen Habermas, Baden-Baden: Nomos 2009, S. 213-238.
- Öffentl. Vortrag Prof. Christian Lequesne (Sciences-Po, Paris): La France dans la nouvelle Europe: assumer l’élargissement am 23. Juni 2009 (in Koop. mit dem Institut français und dem französischen Generalkonsul in Hamburg).
- Zwischen ewigem Frieden und dauerhaftem Konflikt. Paradoxien von Politik und Völkerrecht in der Moderne
(Antrittsvorlesung an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg im Rahmen des „dies academicus“ am 27. Mai2009). - Olaf Asbach: Verfassung und Demokratie in der Europäischen Union. Zur Kritik der Debatte um eine Konstitutionalisierung Europas, in: Leviathan, 30. Jg., Heft 2 / 2002, S. 267-297.
- Edition des Ashgate Research Companion to the Thirty Years' War (mit Peter Schröder, UCL); erscheint im April 2014.
Schwerpunkt IV: Das politische Denken der Aufklärung
Das politische Denken der Aufklärung
Einen Schwerpunkt der Arbeiten der Heisenberg-Professur "Europa und Moderne" bildet die Auseinandersetzung mit den Gesellschaftstheorien und den politischen und völkerrechtlichen Theorien der Aufklärung. Aufbauend auf bereits durchgeführte Untersuchungen zu verschiedenen Aspekten und Autoren insbesondere der französischen Aufklärung – beginnend mit dem Abbé de Saint-Pierre am Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert über Theoretiker der Blütezeit der Aufklärung wie Jean-Jacques Rousseau bis hin zu Autoren und Akteuren wie den Abbé Sieyes in der Französischen Revolution – soll hier der Genese und Entwicklung von politischen und sozialen Ideen und Begriffen nachgegangen werden, die das Denken und die Institutionen der modernen Welt seit der „Sattelzeit“ (Koselleck) prägen.
Der Fokus in Forschung und Lehre liegt auf der Frage nach der Herausbildung der modernen Staats- und Politikkonzepte in der Aufklärung, der Generierung und Etablierung neuer Praktiken und Diskurse einer ‚aufgeklärten Öffentlichkeit’, der Theorie und Praxis internationaler Friedens- und Rechtsverhältnisse, der Entwicklung des Fortschrittsdenkens und der Geschichtsphilosophie der Aufklärung vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Wandlungen in der Wirtschafts- und Sozialverfassung der europäischen Gesellschaften im Kontext der globalen Expansion europäischer Akteure und Interessen.
Bisherige und geplante Aktivitäten in diesem Schwerpunkt (Auswahl)
- In Vorbereitung ist gemeinsam mit Dirk Jörke (Universität Greifswald) eine Auswahledition von Edmund Burke: "Kleine politische Schriften" (Akademie-Verlag).
- Leitung der Sektion La théorie de la sûreté de la paix: l’influence des philosophes allemands sur les conceptions françaises de l’Assecuratio Pacis auf der Konferenz Assecuratio Pacis, veranstaltet vom Deutschen Historischen Institut Paris am 16. Mai 2008.
- Beitrag über "L’abbé de Saint-Pierre et les transformations de la République des lettres au XVIIIe siècle" auf der Konferenz L’Abbé de Saint-Pierre, perspectives contemporaines (2008 in Caen/Frankreich).
Veröffentlicht in: Carole Dornier, Claudine Poulouin (Hrsg.): Les projets de l’abbé Castel de Saint-Pierre (1658-1743) Pour le plus grand bonheur du plus grand nombre, Caen 2011, S. 51-63. - Beitrag über "Interests, Markets and the Modern Spirit of Institutions" auf der Konferenz 'Éthique et sociabilité chez l'abbé de Saint-Pierre: des Lumières aux questions contemporains', Macerata/Italien, 21.-22- April 2010.
Veröffentlicht in: Simona Gregori/Patrizia Oppici (Hrsg.): Les idées de l'abbé Castel de Saint-Pierre (1658-1743) - "Toutes les parties de la bienfaisance", Macerata: eum, S. 203-220. - Olaf Asbach: Rousseau und das politische Denken der Moderne. Ein Lehrstück der politischen Ideengeschichte und Intellectual History, in: Zeitschrift für Politische Theorie, Jg. 2, Heft 2/2011, S. 129-150.
- Olaf Asbach: Kontraktualismus, Nation und Repräsentation bei Sieyes. Aneignung und Transformation der neuzeitlichen politischen Theorie in der Französischen Revolution, in: Ulrich Thiele (Hrsg.), Das Staatsverständnis des Abbé Sieyes, Baden-Baden: Nomos 2009, S. 111-136.
- Vortrag zum Wandel der Gelehrtenrepublik. Die Krise des europäischen Geistes und die Frühaufklärung auf der Konferenz „Mondo dello spirito, mondo dell politica“ am Deutschen Historischen Institut Rom, 14. Mai 2009.
- Beitrag über "The Political Economy of Peace" zur Konferenz "Commerce and Perpetual Peace in European Enlightenment", King's College, Cambridge, Juli 2009. Org.: Istvan Hont u. Isaac Nakhimovsky.
- Eine international besetzte und interdisziplinär ausgerichtete Konferenz zum Denken über "Europa und die Moderne im langen 18. Jahrhundert" hat im Frühjahr 2011 in Hamburg stattgefunden. Der Berichtsband erscheint Anfang 2014 als Bd. 2 der Reihe "Europa und Moderne" im Wehrhahn-Verlag Hannover.
- Mittelfristig wird die Edition „Ausgewählte Schriften des Abbé de Saint-Pierre zu Philosophie, Gesellschaft und Politik“ vorbereitet.