Friedensidee, Verfassung und europäische Föderation
Forschungsprojekt im Rahmen des deutsch-französischen Kooperationsprojekts
Les représentations françaises de l’Allemagne en Europe, 17e - 18e siècles /
Das französische Deutschlandbild im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts
- Im Zentrum des Projekts steht die Rezeption der Reichsverfassung, ihrer Genese, Geschichte und Funktion innerhalb der französischen politischen Philosophie des 18. Jahrhunderts, wobei der Schwerpunkt auf den politischen Philosophien des Abbé de Saint-Pierre und Jean-Jacques Rousseaus liegt. Beide haben in der Verfassungsstruktur des sogenannten Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, wie es seit dem Westfälischen Frieden 1648 bestand und von Pufendorf mit dem wenig schmeichelhaften Titel eines monstrum simile belegt wurde, ein mögliches Vorbild für eine mögliche föderative Ordnung der europäischen Staatenwelt gesehen, durch die das labile Gleichgewicht zwischen den Staaten gesichert und eine dauerhafte Rechts- und Friedensordnung hergestellt werden könnte. Das Forschungsprojekt, das historische und philosophische Untersuchungen mit der Auswertung der Nachlässe des Abbé de Saint-Pierre und Rousseaus in Frankreich (Caen, Rouen, Paris) und der Schweiz (Neuchâtel, Genf) verbindet, geht u.a. den folgenden Fragen nach:
- Welchen Stellenwert hat die Beschäftigung mit Fragen der Ordnung Europas, des Gleichgewichts der Mächte und einer Föderation souveräner Staaten innerhalb der französischen politischen Philosophie im 18. Jahrhundert?
- Welche Rolle spielt die Berufung auf die Verfassungsstruktur des Alten Reichs und die entsprechende Konzeptualisierung innerhalb der Verfassungstheorie und der Reichspublizistik in diesen Diskussionen, und warum wird der Reichsverfassung und damit der in ihr zum Ausdruck kommenden Tendenz zur Verrechtlichung des Politischen in der politischen Philosophie Frankreichs eine Vorbildfunktion zugesprochen?
- Es wird der besonderen Funktion nachgegangen, die hierbei den Schriften des Abbé de Saint-Pierre zukommt, insofern die zahlreichen Diskurse mehr oder weniger explizit an seine Friedensprojekte anknüpfen, in denen bereits die Idee einer föderativen gesamteuropäischen Republik am Vorbild der Verfassungsstruktur des Deutschen Reiches ausgerichtet wird.
- Untersucht wird schließlich, wie die verschiedenen Diskussionsstränge in Rousseaus Rechts- und Staatstheorie zusammenlaufen, in der die Theorie internationaler Beziehungen bisher nur wenig Beachtung gefunden hat. Zu fragen ist, inwiefern sich in seiner politischen Theorie die verschiedenen – rechts- und staatsphilosophischen, historischen und verfassungsrechtlichen – Motive und Perspektiven zu einer Konzeption des Völkerrechts, der internationalen Beziehungen bzw. einer europäischen Konföderation verbinden.
- Dauer: 1996 bis 1999
- Projektleitung: Prof. Dr. Olaf Asbach
- Drittmittelgeber: Volkswagen Stiftung