Aktuelle Dynamiken politischer Intervention ‚von Rechts‘
Die Pilotstudie "Aktuelle Dynamiken politischer Intervention ‚von Rechts‘. Eine multi-lokale Untersuchung zur Jugendarbeit als Akteurin der Demokratiebildung“ untersucht in qualitativer Anlage exemplarisch in acht bundesdeutschen Lokalräumen aktuelle politische Interventionen, Konflikte und Aushandlungsprozesse rund um die Praxis der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, unter Berücksichtigung ihrer Angebote der Kultur- und Bildungsarbeit. Es generiert neuere Befunde zu lokalspezifischen Konstellationen und Dynamiken und fokussiert die Frage, wie in solchen Prozessen ‚Skripte des Normalen‘ in Bezug auf Demokratiebildung, Jugendarbeit und Jugendpolitik (um)geschrieben werden.
Das Vorhaben wird gefördert durch die Deutsche Stiftung Friedensforschung.
Projektbeschreibung
Die Studie untersucht aktuelle politische Interventionen, Konflikte und Aushandlungsprozesse rund um die Ausrichtung, die Durchführung, die Zielgruppen und Inhalte von Angeboten der Jugend-, Kultur- und Bildungsarbeit (§11 SGB VIII). Ausgangspunkt sind Infragestellungen und Kontroversen, die derzeit vielerorts in zunehmender Brisanz beobachtet werden können. Diese stehen im engen Zusammenhang mit dem wachsenden Einfluss und Agieren eines autoritären bis extrem rechten politischen Lagers. Die alleinige Konzentration auf Interventionen von ‚rechts‘ greift allerdings deutlich zu kurz, denn Erfolge und Misserfolge der hier entwickelten Strategien ergeben sich aus dem Zusammenspiel mit anderen politischen und administrativen Akteur:innen. Dabei kommt lokalen Handlungsräumen und ihren jeweiligen Akteurskonstellationen zentrale Bedeutung zu.
Ausgehend von dieser Annahme wird exemplarisch am Arbeitsfeld der Jugendarbeit als einem zentralen Bereich politischer und demokratischer Bildung die Interaktion zwischen politischen Akteuren, Behörden, Verwaltungen und Fachpraxis untersucht, um genauere Kenntnisse über Bedingungen, Verläufe, Dynamiken und Folgen der Konflikte sowie über die Verteidigung demokratischer Räume und Kultur zu erlangen.
Im Zentrum stehen dabei folgende Fragen: 1) Welche Konstellationen und Dynamiken von politischer Intervention und Steuerung lassen sich in den untersuchten Lokalräumen erkennen? 2) Welche ‚Skripte des Normalen‘, d.h. welche politischen, diskursiven und förderungspraktischen Veränderungen und Beharrungen zeichnen sich in den Lokalräumen ab? 3) Welche Erklärungsansätze finden sich für lokale Unterschiede in den Positionierungen und Vorgehensweisen der Beteiligten aus Politik und Verwaltung?
Die Studie wird in acht bundesdeutschen Lokalräumen umgesetzt. Dabei handelt es sich um Mittel- und Kleinstädte, Bezirke von Großstädten sowie Landkreise in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Untersuchungen basieren jeweils auf einem qualitativen Methodenmix aus Dokumentenanalyse, teilnehmender Beobachtung (etwa in Lokalparlamenten, Jugendhilfeausschüssen und anderen Gremien), Interviews sowie Hintergrundgesprächen (v.a. mit Lokalpolitiker:innen und Akteur:innen von Behörden und Verwaltung).
Das Projekt zielt darauf ab, in einem Zeitraum von sieben Monaten erste Befunde zu den o.g. Fragestellungen zusammenzutragen, erste Bedarfe abzuleiten und diese in geeigneter Form den interessierten (Fach-)Öffentlichkeiten zugänglich zu machen. Dabei geht es grundsätzlich nicht nur darum, Veränderungen jugendpolitischer Strategien und Realitäten im Kontext autoritaristischer gesellschaftlicher Entwicklungen zu identifizieren und Bedarfe nach veränderten/neuen Konzeptionen demokratischer Jugendarbeitspolitik erstmalig zu skizzieren, sondern darüber hinaus einen Beitrag für die Anforderungen einer (Neu)Gestaltung von gesellschaftspolitischen Realitäten in lokalen Kontexten zu leisten.
Im Sinne von Wissenschafts-Praxis-Transformation ist das Projekt kooperativ verbunden mit den Fachorganisationen ‚Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit‘, ‚Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen‘, ‚Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg‘.
Team
Projektleiter:
Beteiligte externe Wissenschaftler:innen
- Christoph Bochentin (Frankfurt University of Applied Sciences)
- Prof. Dr. Jennifer Hübner (Katholische Hochschule NRW)
- Hannah Jestädt (Uni Siegen)
- Tina Leber (Hochschule Niederrhein)
- Kai Nolde (freier Sozialwissenschaftler Hamburg)
- Jana Sämann (Uni Siegen)
- Erik Theuerkauf (Hochschule Merseburg)
Wissenschaftliche Hilfskräfte:
- Paula Beecken
- Carolin Ruddigkeit
Projektzeitraum
Laufzeit: 1.4.-30.10.2025
Vorträge und Workshops
- 19.3.25 Rechte Interventionen erforschen. Ethische Reflexionen im Kontext eines Forschungsprojekts zur Kinder- und Jugendarbeit, DGfE-Kommissionstagung Sozialpädagogik, Augsburg (Christoph Bochentin, Jennifer Hübner, Hannah Jestädt und Jana Sämann)
- 20.3.25 Jugendarbeit im „democracy gap“ zwischen Demokratiebildung und Interventionen von rechts. Fachtag: Mitmachen. Mitreden. Mitgestalten. Demokratie im Fokus, Landesjugendring Schleswig-Holstein, Bad Segeberg (Nils Schuhmacher mit Wibke Riekmann)
- 2.4.25 Politischen Interventionen von 'Rechts' begegnen, Fachtag "Wi(e)dersprechen -Demokratie jung gestalten", Siegen (Hannah Jestädt mit Julia Manß)
- 8.5.25 Straßensozialarbeit unter blauer Flagge, Vortrag, Offenes Bundesweites Streetworktreffen (OBST), Jugendbildungsstätte Hirschluh (Jennifer Hübner mit Malte Henning)
- 12.5.25 Umkämpfte Räume – Kinder- und Jugendarbeit als Akteurin der Demokratiebildung in Zeiten politischer Interventionen von rechts, Vortrag, Jahresempfang der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Köln (Jennifer Hübner)
- 15.5.25 Zwischen autoritären Verdichtungen und Neutralitätsanrufung. Jugendarbeit als demokratisch ambitioniertes Arbeitsfeld. Panel der BAG OKJA auf dem 18. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag in Leipzig (Jana Sämann mit Kai Dietrich und Moritz Schwerthelm)
- 6.6.25 Aktuelle Dynamiken politischer Intervention 'von Rechts'. Eine multi-lokale Untersuchung zur Jugendarbeit als Akteurin der Demokratiebildung“, Vortrag im Kooperationsverbund Offene Kinder- und Jugendarbeit, online (Christoph Bochentin, Hannah Jestädt, Jana Sämann)
- 26.6.25 Angriffe, Bedrohungen, Infragestellungen. Politische Interventionen im Feld der Kinder- und Jugendarbeit, Vortrag im Rahmen der digitalen Ringvorlesung des Netzwerks EN:DIRA – Erziehungswissenschaftliches Netzwerk:DiskursIntervention Rechtsaußen (Tina Leber)