Hauptaussagen
Zentrale Ergebnisse des Klimawende Ausblicks 2024 sind:
- Es ist nicht davon auszugehen, dass der klimaneutrale Umbau Deutschlands durch eine Dekarbonisierung der Wirtschaft ohne gesellschaftlichen Wandel erreicht werden kann. Die Transformation zur Klimaneutralität erfordert neben neuen Technologien und Märkten auch eine Gesellschaft der Klimawende, die sich durch neue Wirtschafts- und Konsumpraktiken, eine veränderte Rolle des Staates und eine starke Zivilgesellschaft kennzeichnet.
- Trotz beträchtlicher klimapolitischer Fortschritte und einer positiven Emissionsentwicklung für 2023 erscheint ein Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 angesichts existierender und geplanter politischer Maßnahmen und unter Betrachtung aktueller politischer Dynamiken gegenwärtig nicht plausibel. Existierende Projektionen zur Emissionsentwicklung schreiben aktuelle Tendenzen fort und setzen einen stabilen politischen Kontext voraus, der so nicht erwartbar ist. Vielmehr muss von erheblichen gesellschaftspolitischen Risiken für Klimapolitik ausgegangen werden. Zudem erscheinen bisher erreichte Reduktionen vielfach nicht abgesichert und politische Handlungsspielräume für Investitionen in Deutschland und Europa eng begrenzt durch strikte Fiskal- und Schuldenregeln.
- Die Klimawende tritt nach der Verabschiedung der übergeordneten Ziele und wesentlicher politischer und rechtlicher Instrumente in eine neue Phase ein. Es ist eine Zunahme von Umsetzungskonflikten in einer wachsenden Anzahl gesellschaftlicher Felder zu erwarten. Die in Umfragen abgebildete passive Unterstützung für die Klimawende reicht in solchen Konflikten oft nicht, um politische Entscheidungen zugunsten von Klimaschutz zu erwirken.
- Die Vorabanalyse von vier sozialen Treibern in dieser Studie zeigt nach wie vor breite aktive Unterstützung der Klimawende in Form von Protesten und Aktivismus, zivilgesellschaftlichem Engagement und Solidaritätsnetzwerken, und Klagen zum Vollzug von Klimarecht, zur Herstellung von Klimagerechtigkeit und zur Durchsetzung von ambitionierterem Klimaschutz. Diese breite Resonanzfähigkeit von Klimapolitik besteht trotz einer beobachtbaren gesellschaftlichen Polarisierung auch in Umweltfragen. Sie ist zentral für das Gelingen der Klimawende.
- Unsere Teilanalyse zeigt allerdings auch eine Verringerung von Handlungsspielräumen für zivilgesellschaftliche Aktivitäten. Die Klimabewegung und andere Akteur*innen sind zunehmend mit rechtlichen, polizeilichen und finanziellen Beschränkungen ihrer Handlungsspielräume konfrontiert. Politik sollte aber eine breite gesellschaftliche Trägerschaft der Klimawende ermöglichen, anstatt diese zu verhindern.
- Wir stellen zudem treiberübergreifende Wechselwirkungen fest, durch die existierende Dynamiken verstärkt werden können. Diese bestehen etwa zwischen Klimaklagen, Klimaprotesten und Klimapolitik, lassen sich aber auch für andere Konstellationen aus sozialen Treibern vermuten. Solche positiven Wechselwirkungen könnten zukünftig noch stärker für die Transformation nutzbar gemacht werden.