Society Research
CSS Member Dr. Florian Hertel coauthors article in the American Sociological Review on the relation between inequality and intergenerational class mobility
10 January 2020, by CSS
Photo: rawpixel
*** English version below ***
Größere Ungleichheit – geringere Mobilität!
Forscher aus Hamburg und Bremen, darunter CSS Mitglied Dr. Florian Hertel, untersuchen den Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und sozialer Mobilität in 39 Ländern und publizieren Ihre Ergebnisse im American Sociological Review (Vol. 84, Issue 6, 2019).
Größere Ungleichheiten gelten vielen als akzeptabel, wenn sie auch mit größerer Mobilität einhergehen. Wenn auch Tellerwäscher*innen zu Millionär*innen werden können, dann erscheint die Ungleichheit zwischen ihnen weniger bedenklich. Die Distanz zwischen sozialen Gruppen wird eben nicht nur durch die Einkommensabstände zwischen ihnen bestimmt, sondern auch durch die Mobilitätschancen.
Diese doppelte Bedeutung von Distanz haben Dr. Florian Hertel und Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg nun auf einen empirischen Prüfstein gestellt. Auf Basis von Daten aus 39 Ländern untersuchen sie, wie die Mobilitätschancen zwischen Berufsgruppen mit den Distanzen zusammen hängen, die diese Berufsgruppen im Hinblick auf Einkommen und Bildung voneinander trennen. Die Befunde der beiden Soziologen widersprechen dem landläufigen Klischee vom amerikanischen Traum: Je größer der Einkommens- und Bildungsunterschied zwischen zwei Berufsgruppen bzw. sozialen Klassen – beispielsweise zwischen leitenden Angestellten und Facharbeitern – umso geringer sind im Durchschnitt aller Ländern die Chancen, dass die Kinder der einen Klasse in die andere Klasse auf- oder absteigen. Je weiter sich in einem Land Berufsklassen also im Hinblick auf Einkommen und Bildung voneinander entfernen, umso seltener wird diese Distanz auch in den Mobilitätsprozessen nachkommender Generationen überwunden.
Diese Befunde sind nicht zuletzt deshalb so alarmierend, weil sich die Einkommensunterschiede innerhalb von Ländern in den letzten Jahrzehnten fast überall auf der Welt erhöht haben. Die größeren Distanzen, die damit entstehen, wirken nicht nur für die Generation der jeweils Erwachsenen. Sie setzt sich auch für die nachfolgenden Generationen fort, weil sie die Chancen verringert, sozial mobil zu sein. Die beiden Forscher, die über viele Jahre gemeinsam an der Universität Bremen arbeiteten, vermuten, dass Eltern mit größeren ökonomischen und kulturellen Ressourcen diese effektvoll dafür einsetzen können, um für ihre Kinder einen Statuserhalt zu sichern – was Kindern aus weniger bemittelten Elternhäusern einen entsprechenden Aufstieg erschwert.
Nun haben Ökonomen den Mythos von großer Ungleichheit und großer Mobilität schon vor einigen Jahren zerstört. Auf Basis von Einkommensdaten für eine Reihe von Ländern konnten sie zeigen, dass in Ländern mit größerer Einkommensungleichheit die Einkommensmobilität zwischen Vätern und Söhnen nicht größer, sondern eher geringer sind. In der soziologischen Forschung, die Mobilität nicht über Einkommenskorrelationen misst sondern anhand von beruflichen Mobilitätschancen, galt dieser Zusammenhang bis zuletzt als umstritten. Ländervergleichende Studien konnten zeigen, dass sich für die Generationen, die von geringeren Ungleichheiten und der Expansion des Wohlfahrtsstaates profitierten, auch die Mobilitätschancen leicht erhöhten. Ländervergleichende Studien zum Einfluss von Einkommensungleichheit und sozialer Mobilität kamen jedoch bislang zu keinen eindeutigen Ergebnissen, weil sie die Ungleichheit zwischen Berufsgruppen nicht von der Ungleichheit innerhalb der Berufsgruppen unterschieden. Erst diese Unterscheidung macht jedoch sichtbar, dass es die Ungleichheit zwischen Berufsgruppen ist, die eindeutig mit den Mobilitätschancen zwischen diesen Berufsgruppen zusammen hängt.
Ob sich die Befunde auch für die Mobilitätschancen der jüngeren Generationen bewahrheiten, die unter Bedingungen größerer Ungleichheit aufwachsen, wird sich erst in Zukunft zeigen können, wenn die Daten für die Mobilitätsprozesse dieser Generationen im Rückblick vorliegen. Einstweilen verheißt die Studie jedoch nichts Gutes, belegt sie doch auf einer eindrucksvollen Datenbasis die Macht sozialer Distanzen.
Doi: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0003122419885094
*** English version ***
Greater inequality - less mobility!
Researchers from Hamburg and Bremen, including CSS member Dr. Florian Hertel, are investigating the connection between social inequality and social mobility in 39 countries and published their findings in the American Sociological Review (Vol. 84, Issue 6, 2019).
Greater inequalities generally are considered acceptable, if they are accompanied by greater mobility. If dishwashers can become millionaires, inequality between them seems less worrying. However, the distance between social positions is determined not only by the income gap between them, but also by their mobility opportunities.
Dr. Florian Hertel and Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg have now put this double meaning of distance to an empirical test. Based on data from 39 countries, they examine how mobility opportunities between occupational groups are related to the distances that separate these occupational groups in terms of income and education. The findings of the two sociologists contradict the common cliché of the American dream: the greater the difference in income and education between two social classes - for example, between managers and skilled workers - the lower the average chances of children to end up in the other class across all countries. Thus, the further occupational classes in a country move away from each other in terms of income and education, the less likely it is that this distance will be overcome in future generations’ mobility processes.
These findings are alarming not least because income differentials within countries have increased almost everywhere in the world over recent decades. Such greater distances are not only of concern to the adult generation. They also continue to affect future generations because they reduce the chances of their social mobility. The two researchers, who worked together at the University of Bremen for many years, suspect that parents with greater economic and cultural resources can use these resources effectively to ensure that their children's status is maintained - which makes it more difficult for children from less well-off families to climb the social ladder.
Economists have already destroyed the myth of great inequality and great mobility several years ago. Studying income data for a number of countries, they were able to show that in countries with greater income inequality, income mobility between fathers and sons tends to be lower. In sociological research, which does not measure mobility by income correlations but rather by occupational mobility opportunities, this correlation was considered controversial. Cross-country comparative studies have shown that for those generations that benefited from lower inequalities and the expansion of the welfare state, mobility opportunities also increased slightly. However, cross-country comparative studies on the influence of income inequality and social mobility have so far failed to produce unambiguous results because they did not distinguish inequality between occupational groups from inequality within occupational groups. However, it is this distinction that shows that it is inequality between occupational groups that is clearly related to mobility opportunities between these occupational groups.
Whether these findings are also true for the mobility opportunities of current youth, who grow up under conditions of greater inequality, will only become clear in the future when the data for the mobility processes of these generations are available in retrospect. For the time being, however, the study does not bode well, as it provides impressive data on the power of social distances.