Society Research
Welchen Einfluss haben Wohlfahrtsstaaten auf die prekäre Form der Schwarzarbeit?
12 August 2016, by CGG

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Birgit Pfau-Effinger
Birgit Pfau-Effinger
Welchen Einfluss haben Wohlfahrtsstaaten auf die prekäre Form der Schwarzarbeit?
Birgit Pfau-Effinger geht in ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel in dem kanadischen Journal Lien Social et Politique Sociale der Frage nach, welchen Einfluss der Typ des Wohlfahrtsstaates auf die Verbreitung der prekären Form der Schwarzarbeit in europäischen Gesellschaften hat. Die Aufnahme einer Tätigkeit in Schwarzarbeit ist für die Beschäftigten mit besonderen sozialen Risiken verbunden, da die Arbeitnehmerrechte und die Ansprüche an Sozialleistungen nicht gelten, die an die formelle Beschäftigung geknüpft sind. Wenn die Schwarzarbeit das einzige Beschäftigungsverhältnis der Beschäftigten und ihre wesentliche Einnahmequelle darstellt, sind diese Risiken besonders hoch, weshalb sie in dem Artikel als „prekäre“ Schwarzarbeit bezeichnet wird. Das Motiv der Beschäftigten, ein solches Beschäftigungsverhältnis einzugehen, liegt meist darin, dass sie auf dem Arbeitsmarkt keine anderen Beschäftigungschancen haben.
Die Untersuchung beruht auf einem europäischen Vergleich auf der Basis von Daten des Special Eurobarometer 2014 und vergleichende Länderfallstudien. Die Ergebnisse zeigen, dass zu den wesentlichen Faktoren, die die Verbreitung von prekärer Schwarzarbeit in Betrieben fördern, ein relativ niedriges Niveau der sozialen Leistungen, hohe gesetzliche Barrieren für den Zugang von Migrantinnen/Migranten zur formellen Beschäftigung und ein niedriger Grad der staatlichen Kontrolle und Sanktionen gegenüber der Schwarzarbeit zählen. Auf dieser Grundlage kommt die prekäre Schwarzarbeit in Betrieben besonders häufig in den Wohlfahrtsstaaten des „post-sozialistischen“ Typs in den osteuropäischen Ländern und im „mediterranen“ Typ des Wohlfahrtsstaates in den westeuropäischen Mittelmeerländern vor.
Die genannten Bedingungsfaktoren beeinflussen auch die Verbreitung der prekären Schwarzarbeit in privaten Haushalten, in denen vor allem Frauen tätig sind. Einen weiteren Einflussfaktor stellt der Anteil der wohlhabenden Mittelschicht-Haushalte dar, die sich bezahltes Personal leisten können. Auf der Grundlage ist die prekäre Schwarzarbeit in privaten Haushalten vor allem in den „mediterranen“ und in den „konservativen“ Wohlfahrtsstaaten verbreitet, denen oftmals auch der deutsche Wohlfahrtsstaat zugerechnet wird. Demgegenüber spielt die prekäre Schwarzarbeit im „sozialdemokratischen“ Typ des Wohlfahrtsstaates in den skandinavischen Ländern kaum eine Rolle.
Pfau-Effinger, Birgit (2016): Informalisation du travail rémunéré et risques sociaux pour les travailleurs: le rôle des États-providence, Lien Social et Politique, 76, 156–177.