Herzlichen Glückwunsch!"Soziale Klima-Nischen – Eine historische Soziologie naturwissenschaftlicher Gesellschaftsbeschreibung”: Youssef Ibrahim hat seine Dissertation erfolgreich verteidigt
23. September 2024

Foto: privat
Wir freuen uns, die erfolgreiche Disputation unseres Teammitglieds Youssef Ibrahim bekannt zu geben.
Seine Dissertation „Soziale Klima-Nischen – Eine historische Soziologie naturwissenschaftlicher Gesellschaftsbeschreibung“ wurde von Prof. Dr. Simone Rödder und Prof. Dr. Tobias Werron (Universität Bielefeld) betreut.
Seitdem im März 1958 mit systematischen Messungen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid auf dem auf Hawaii gelegenen Vulkan Mauna Loa begonnen wurde, steht die Gesellschaft als Kohlendioxidproduzentin unter klimawissenschaftlicher Dauerbeobachtung. Im Anschluss sind naturwissenschaftliche Gesellschaftsbeschreibungen ein wesentliches Element aktueller Klimadebatten in Medien, Politik und Öffentlichkeit. Klimaforschende äußern sich regelmäßig zur Gesellschaft, ihren Charakteristika, ihrer Handlungsfähigkeit und ihrer Zukunft. Youssef Ibrahim legt in seiner Dissertationsschrift eine historische Soziologie der Theoretisierungen von Gesellschaft seitens der naturwissenschaftlichen Klimaforschung (bzw. ihrer Vorläufer) vor, die mit dem im Klimadiskurs als Epochenbruch angenommenen Jahr 1850 beginnt und mit der Gründung des Weltklimarats (IPCC) im Jahr 1988 endet. Für dieses Vorhaben stellt er Bezüge zwischen Gebieten her, die in der Literatur üblicherweise noch nicht verbunden werden, namentlich Wissenschaftsforschung aus historischer und soziologischer Perspektive, naturwissenschaftliche Klimaforschung, Wissenssoziologie und Gesellschaftstheorie.

Im Ergebnis argumentiert die Arbeit, dass sich im naturwissenschaftlichen Klimadiskurs zwischen 1850 und 1988 verschiedene spezifische Ausprägungen eines Modells der klimatisch begrenzten Gesellschaft finden, d.h. die Gesellschaft ist durch soziale Klima-Nischen – so auch der Titel der Arbeit – begrenzt. Konkret werden anhand mehrerer Vergleichsdimensionen (Akteurseinheiten, Zeit, Raum, Abstraktionsniveau, Holismus, Reduktionismus und Variation) eine bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts dominante Theorie räumlicher Begrenzung von einer seitdem sich ausbreitenden und in der aktuellen Klimadebatte nun selbstverständlichen Theorie zeitlicher Begrenzung unterschieden.
Youssef Ibrahim war als wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-geförderten Exzellenzcluster „Klima, Klimawandel, und Gesellschaft“ (CLICCS) während seiner Promotionszeit Mitglied in einem äußerst interdisziplinären Umfeld. Seine Arbeit widmet sich mit soziologischer Neugierde, Passion für den Gegenstand, aus umfangreichsten Lektüren (das Literaturverzeichnis hat 58 Seiten) gewonnener Urteilsfähigkeit und intellektueller Schärfe einem äußerst relevanten soziologischen Thema, das sich selbst als Debattenbeitrag positioniert, der auf soziologisch weiterführende, zukünftige interdisziplinäre Klimadiskurse vorbereitende Art und Weise vorführt, dass die Gegenwart nur hinreichend zu begreifen ist, wenn ihrer historischen Gewordenheit Rechnung getragen wird.
Very well done, Youssef, herzlichen Glückwunsch!