Dissertations Prof. Lilienthal
Eva Boller
Visual War Frames – Kriegsberichterstattung in TV-Nachrichten: Der Libyen-Konflikt 2011 in Tagesthemen (ARD), Le Journal de 20 Heures (TF1) und den News at Ten (BBC)
Diese Dissertation, angenommen 2019, beschäftigt sich mit der Darstellung von Kriegen in TV-Nachrichten durch Visual Frames. Fernsehnachrichten spielen eine Schlüsselrolle, wenn es um die Legitimation von Kriegen in weit entfernten Ländern geht. Durch das Leitmedium Fernsehen erfahren die meisten Menschen über diese Konflikte. Durch Bilder und Videos erhalten die Zuschauer*innen die Illusion, sich selbst eine objektive Meinung von den Zuständen vor Ort bilden zu können, da man es ja mit den eigenen Augen gesehen hat. Doch die gezeigten Videos und Bilder in Kombination mit Text sind immer nur eine von vielen Möglichkeiten, einen Konflikt darzustellen. Welcher visuelle Frame jedoch ausgewählt wird, ist von entscheidender Bedeutung für die Meinungsbildung der Zuschauer*innen.
In dieser Arbeit wurde daher untersucht, welche Visual Frames in Fernsehnachrichten verwendet werden, um über Kriege zu berichten. Zusätzlich wurde gefragt, mit welchen Visual Frames die Fernsehsendungen den Krieg legitimieren und unter welchen Umständen diese Visual Frames entstanden sind. Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine multidimensionale Untersuchung der drei bedeutendsten TV-Nachrichtensendungen in Deutschland (Tagesthemen), Frankreich (Le Journal de 20 Heures) und Großbritannien (News at Ten) vorgenommen. Weitere Informationen…
Als Online-Ressource verfügbar: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/6234
Daniel Moßbrucker
Unter dem Arbeitstitel „Journalismus in einer Gesellschaft ubiquitärer Überwachung“ arbeitet Daniel Moßbrucker an einer Dissertation zur Frage, wie Journalist:innen mit der (realen) Gefahr umgehen, dass ihre digitale Kommunikation durch Staaten überwacht wird oder Datenspuren sie und ihre Informanten in Bedrängnis bringen könnten. Der kommunikationwissenschaftliche Forschungsdiskurs und auch die Journalistik haben sich diesem Thema bisher allenfalls sporadisch gewidmet, konzeptionell wird dabei dann auf sogenannte „Chilling Effects“ rekurriert. Solche „Abschreckungseffekte“ durch eine mögliche Überwachung sind plausibel, haben aber nicht das Potential, das Verhältnis von Journalist:innen und Überwachung umfassend erklären zu können. Wie etwa wäre mit „Abschreckungseffekten" zu erklären, dass manche Journalist:innen gleichgültig mit dem Thema umgehen, andere sich „motiviert“ fühlen durch staatliche Überwachung? Moßbrucker führt hierzu den Literaturstand mit der systemtheoretisch inspirierten Journalismustheorie und Forschungen zu „ubiquitous surveillance“ aus den Surveillance Studies zusammen. Aus dieser Gesamtschau heraus erarbeitet er ein komplexes Modell, welches das Verhältnis von Journalismus und seinen Überwachern in einer digital vernetzten Welt erklären soll. Das Modell wird am empirischen Material getestet und dadurch weiterentwickelt. Gefördert wird Moßbrucker hierfür durch ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes.
Dennis Reineck
Einen sozialkonstruktivistischen Ansatz wählte Dennis Reineck für seine Promotionsarbeit. Im Zentrum stand die Frage, wie journalistische Qualität sozial ausgehandelt wird. Dieser Frage geht Reineck in drei Schritten nach. Im ersten Schritt wird der innerwissenschaftliche Fachdiskurs unter dem Gesichtspunkt analysiert, welche Normen und Werten den diversen wissenschaftlichen Rekonstruktionen journalistischer Qualität zugrunde liegen. Zweitens entwickelt Reineck eine wissenssoziologische Theorie zur sozialen Konstruktion journalistischer Qualität. Dabei spielen Aspekte wie Erwartungen an verschiedene journalistische Gattungen, Zugehörigkeit zu Anspruchsmilieus und die Vertrautheit mit Qualitätsmarken eine Rolle. Schließlich lieferte eine empirische Studie Hinweise darauf, wie junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren aushandeln, was guter und was schlechter Journalismus ist. Die Promotion schloss Reineck im April 2018 ab. Erschienen ist die Arbeit im Halem-Verlag unter dem Titel „Die soziale Konstruktion journalistischer Qualität. Fachdiskurs, Theorie und Empirie“.
Thomas Schnedler
Thomas Schnedler stellt in seinem Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel „Journalismus in unsicheren Zeiten“ die Beschäftigungsformen und Arbeitsbedingungen von Journalisten in den Mittelpunkt. Er fragt: Welche Formen der atypischen und der prekären Beschäftigung im Journalismus gibt es - und welche Folgen für den Journalismus lassen sich beobachten? Wer ist im Journalismus der „Zone der Verwundbarkeit“ (Robert Castel) zuzurechnen, wie nehmen Redakteure und freie Journalisten das Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Unsicherheit wahr, wie kann in der „schönen neuen Arbeitswelt“ (Ulrich Beck) Qualitätsjournalismus gedeihen?
Die journalistische Arbeit unter den Bedingungen der Unsicherheit steht im Mittelpunkt der Dissertation von Thomas Schnedler. Die Arbeit beschreibt, wie die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die zunehmende Verflüssigung von Strukturen, Institutionen und Traditionen im Sinne Zygmunt Baumans, die Digitalisierung der Arbeitswelt und die Erosion klassischer Geschäftsmodelle im Journalismus zu einem grundlegenden Wandel der Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten geführt haben. Vor diesem Hintergrund analysiert die Dissertation die Prekarisierung der journalistischen Profession.
Dafür wird erstens die Arbeitswirklichkeit der Journalistinnen und Journalisten mit potenziell prekären Erwerbsformen untersucht. Zweitens widmet sich die Studie der subjektiven Wahrnehmung von Sicherheit und Unsicherheit durch die Betroffenen. Drittens wird das berufliche Handeln in den Blick genommen und insbesondere gefragt, ob prekäre Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten förderlich oder hinderlich für engagiertes Arbeitsverhalten sind – und damit letztlich für die Qualität der journalistischen Berichterstattung.
Empirisch basiert die Arbeit auf problemzentrierten Interviews mit hauptberuflichen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland, die als Freiberufler arbeiten oder in atypischer Weise in Redaktionen beschäftigt sind. Die Interviews werden zum einen im Hinblick auf vier Dimensionen der Prekarität ausgewertet. Zum anderen werden fünf Typen unsicherer Arbeit im Journalismus herausgearbeitet. Bei den Befragten ohne prekäre Arbeitsbedingungen werden der Integrationstypus und der Irritationstypus identifiziert. In der Gruppe der Befragten mit prekären Arbeitsbedingungen werden der Kompensationstypus, der Frustrationstypus und der Motivationstypus unterschieden. Diese Typologie zeichnet ein differenziertes Bild des journalistischen Prekariats, das nicht am Rand der Profession beheimatet ist, sondern den Kern des Journalismus mitprägt.
Die Dissertation von Thomas Schnedler wurde mit dem Titel “Prekäre Arbeit im Journalismus” über die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg im Open Access veröffentlicht: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/6133. Weitere Informationen zur Studie finden sich auf der Webseite des Autors: https://www.thomasschnedler.de/.
Malte Werner
Bilder, die uns aus dem Konflikt in Syrien erreichen, stammen meist von Internetplattformen wie YouTube. Aus Mangel an Alternativen greifen Redaktionen auf Videos zurück, deren Urheber anonym bleiben und deren Wahrheitsgehalt nicht immer zweifelsfrei geklärt werden kann. Das Risiko, auf Fälschungen hereinzufallen oder Propaganda zu verbreiten, ist hoch. Anders als in Breaking-News-Situationen (z.B. Anschläge, Katastrophen), in denen Redaktionen auf Tweets und Handyvideos zurückgreifen, solange kein Journalist den Ort des Geschehens erreicht hat, stellen Social-Media-Inhalte aus Syrien nun schon seit mehr als vier Jahren die nahezu einzige Informationsquelle für die tägliche Berichterstattung über den Konflikt dar. Mein Promotionsprojekt untersucht deshalb erstmalig umfassend und systematisch die Syrien-Berichterstattung deutscher Qualitätsmedien (Fernsehen, Online, Print). Ziel ist es herauszufinden, in welchem Umfang Social-Media-Inhalte Eingang in die Berichterstattung finden und wie Redaktionen verschiedener Mediengattungen mit ihnen umgehen. Im Fokus steht dabei die professionelle Transparenz-Norm und die Frage, ob die Herkunft des Materials thematisiert und Zweifel am Wahrheitsgehalt kommuniziert werden.