KonnektivitätDigitale Gegenwarten des Urbanen
4. Februar 2016
Ablauf:
09:30-10:00 Uhr Einstieg, Collaboratorium mit Konnektivitäts-Artefakt*
10:00-10:45 Uhr Friedrich Krotz (Bremen): Mediatisierung als Metaprozess: Wandel von Vergemeinschaftung
10:45-11:00 Uhr Pause
11:00-11:45 Uhr Asta Vonderau (Stockholm): Infrastructuring Connectivity
11:45-12:30 Uhr Response und Diskussion, Gertraud Koch (Hamburg)
* Wir möchten die Materialitäten und Praktiken von Konnektivität diskursiv aber auch leiblich, sinnlich und affektiv erkunden. Zu diesem Zweck haben wir als Einstieg in den Workshop eine „Collaboratorium“ Sitzung/Slot eingeplant. Für diese Sitzung möchten wir euch bitten, ein oder zwei Objekte mitzubringen. Diese Objekte sollten einen Bezug zu Konnektivität, digitalem und urbanem Raum beinhalten. Ihr könnte Objekte von zu Hause oder von der Arbeit mitbringen, etwas das ihr unterwegs gefunden oder gekauft habt (bspw. Adapter Stecker). Sollte das Objekt zu groß sein, kannst du ein Foto oder einen Ausdruck mitbringen. Im Workshop werden wir diskutieren, in welchem Zusammenhang diese Objekte mit Konnektivität stehen und versuchen unsere Theorien mit ihnen empirisch zu begründen. Solltet Ihr Fragen haben, wendet euch gerne an Michael.Liegl[at]wiso.uni-hamburg[dot]de.
Abstract
Das Graduiertenkolleg Lose Verbindungen. Kollektivität im digitalen und urbanen Raum hat es sich zur Aufgabe gemacht, spezifische Qualitäten des Sich-Verbindens und ihre zeitgenössischen Kollektivierungsformen zu untersuchen. Dem Forschungsinteresse liegt die Annahme zugrunde, dass die zu beobachtenden Modi der Losigkeit von Verbindungen mit einer Raumproduktion einhergehen, in der Digitalität und Urbanität in besonderer Weise aufeinander bezogen sind. Im zweiten Workshop des Kollegs wird nun mit dem Begriff Konnektivität die Aufmerksamkeit auf die sozio-technischen Bedingungen für jene losen Verbindungen und die Frage nach den Konstellationen von digital-urbanen Räumen gelenkt.
Ausgangspunkte bieten die disziplinär unterschiedlich verankerten Ansätze von Konnektivität als analytischem Konzept. So geht kommunikative Konnektivität aus kommunikations- und medientheoretischer Sicht auf die zirkuläre Nutzung von Medien bzw. auf die figurative Annahme einer Netzwerkgesellschaft zurück, infolgedessen „traditionelle gegebene Bindungskräfte“ geschwächt werden (vgl. Winter 2006, Krotz 2006). Eine an den Cultural Studies orientierte Medienforschung interessiert mit Hinblick auf den Netzwerkcharakter von Konnektivität deren strukturierende Wirkung oder aber ihre prozessorientierten, mobilisierenden Aspekte (vgl. Hepp et. al. 2006). Eine an die Akteur-Netzwerk-Theorie angelehnte Forschung fragt danach, wie Bedingungen für Übersetzungsprozesse geschaffen werden, wenn die Praxis des Verbindens als Transfermöglichkeit zwischen unterschiedlichen Maßstabsebenen gelten kann. Und schließlich eröffnet der Begriff Konnektivität ein Forschungsfeld, das es ermöglicht konkreten Infrastrukturen als Bedingungen für Verbindungen nachzugehen (bspw. als Drehscheibe von Mobilität, die auf Aushandlungen von Interessenvertretung zurückgeht, vgl. Potthast 2007).
Dieses multidisziplinäre Forschungsinteresse an Konnektivität ist keineswegs ausschließlich auf digitale oder urbane Phänomene gerichtet. Doch kann argumentiert werden, dass die Untersuchungen von digitalen Techniken und Medien die Begriffsarbeit vorangetrieben haben (vgl. Castells 1996, Tomlinson 1999) und dass der gelebte urbane Raum als Verdichtungs- und Möglichkeitsraum passförmig für die Schaffung von Verbindungen zu sein scheint: So steht die digital unterstützte Vernetzung von Städten als Finanzzentren bspw. für eine zeitgenössische Form von intensivierter Globalisierung, deren gelebte urbane Form vielfach als global city (u. v. a. Sassen 1991) oder world city (u. v. a. Hannerz 1993) beschrieben wurde. Anders gelagert sind die Anstrengungen vieler Großstädte, die sich in digital cities zu verwandeln versuchen und im Zuge dessen bestimmte Vorstellungen von Urbanität mit digitaler Governance und Unternehmensinteressen in Verbindung bringen. Aus der Perspektive digitaler Alltagspraktiken artikuliert sich urbane Raumproduktion schließlich im Zusammenspiel mit anderen Praktiken und mediale Konnektivität steht in Konkurrenz zu anderen Bedingungen von Verbindungen. Ferner lässt sich Konnektivität auch als Ergebnis von multiplen Praktiken der Übersetzung der hier angedeuteten Maßstabsebenen deuten, die zur Verdichtung, Vervielfältigung und Mobilisierung von Stadt als reflexivem Gegenstand erst beitragen (vgl. Caglar/Glick-Schiller 2011). Der Beitrag digitaler Technik dafür könnte die Spezifik dieser urbanisierenden Praxis als zeitgenössische zu klären helfen.
Literatur
- Caglar, A. und Glick Schiller, N. (eds.) (2011): Locating Migration: Rescaling Cities and Migrants. Ithaca and London: Cornell University Press.
- Castells, M. (1996): The Information Age. Economy, Society, and Culture, Volume 1: The Rise of the Network Society. Oxford/Malden MA: Blackwell Publishers.
- Hannerz, U. (1993): The Cultural Role of World Cities, in: Cohen, A. P.; Fukui, K. (Hg.): Humanising the City? Social Contexts of Urban Life at the Turn of the Millennium, 67-84. Edinburg: Edinburgh University Press.
- Hepp, A. et al. (Hg): Konnektivität, Netzwerke und Fluss. Schlüsselkonzepte der Medien- und Kulturwissenschaften, Wiesbaden: VS Verlag.
- Krotz, F. (2006): Konnektivität der Medien. Konzepte, Bedingungen und Konsequenzen, in: Hepp, A. et. al. (Hg): Konnektivität, Netzwerke und Fluss. Schlüsselkonzepte der Medien- und Kulturwissenschaften, 21-43. Wiesbaden: VS Verlag.
- Potthast, J.(2007): Die Bodenhaftung der Netzwerkgesellschaft. Eine Ethnografie von Pannen an Großflughäfen. Bielefeld: transcript Verlag.
- Sassen, S. (1991): The Global City: New York, London, Tokyo. Princeton: Princeton University Press.
- Tomlinson, J. (1999): Globalization and Culture. Chicago: The University of Chicago Press.
- Winter, C. (2006): Die TIMES-Konvergenz medialer Kommunikation, in: Hepp, A. et al. (Hg): Konnektivität, Netzwerke und Fluss. Schlüsselkonzepte der Medien- und Kulturwissenschaften, 79-100. Wiesbaden: VS Verlag.