Forschung
Die Juniorprofessur für Soziologie, insbesondere Gewalt- und Sicherheitsforschung beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen von Gewalt und Sicherheit in verschiedenen Kontexten. Während das Selbstverständnis moderner Gesellschaften als gewaltarm und gewaltablehnend in der soziologischen Forschung lange unhinterfragt blieb, untersucht die neuere Gewaltsoziologie Gewalt als Teil gesellschaftlicher Deutungsprozesse: erst die Bewertungen von Beobachter*innen schreiben bestimmten Praktiken Gewalttätigkeit zu. Welche Praktiken in modernen Gesellschaften als gewaltvoll gelten ist eng verbunden mit Fragen nach deren Legitimität. So ist eine wichtige Frage der Gewaltsoziologie, unter welchen Bedingungen Gewalt als legitim wahrgenommen wird. Meine Forschung untersucht Zuschreibungen und Kämpfe um die Legitimität von Gewalt im Bereich der EU-Grenzsicherheitspolitik und leistet damit einen zentralen Beitrag zu diesen Debatten. Ein zweiter Fokus meiner Forschung ist die kritische Sicherheitsforschung, insbesondere unter Einbeziehung organisationssoziologischer Perspektiven. So beschäftige ich mich mit den institutionellen Dynamiken, welche Aushandlungsprozesse bezüglich existierender Sicherheitspraktiken maßgeblich mit beeinflussen.
Ein besonderer Fokus der Juniorprofessur liegt somit auf dem Zusammenspiel von Grenzsicherheit und Grenzgewalt auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene, auf Kämpfen und Aushandlungen bezüglich der Legitimierung von Grenzgewalt in europäischen Gesellschaften sowie auf dem individuellen Handeln und den Wahrnehmungen von (Grenz-)Polizist*innen und Institutionen einerseits und der von Grenzgewalt und Ausgrenzung Betroffenen andererseits. Wie wird das Selbstverständnis von modernen Gesellschaften als Gewalt ablehnend mit der Kontinuität von Gewalt in Folge von Grenzsicherheitspolitik in Einklang gebracht? Und wie werden die daraus resultierenden Spannungen von verschiedenen Institutionen, Grenzbeamt*innen und Migrant*innen verhandelt? Die Kategorisierungen Race und Gender sind zentral in diesem Themenfeld und spielen neben postkolonialen Theoretisierungen und postmigrantischen Ansätzen daher eine wichtige Rolle in meiner Forschung, die durch Perspektiven aus der Grenzsoziologie, Internationalen Politischen Soziologie, kritischen Sicherheitsforschung, Gewaltsoziologie, Migrationssoziologie und Organisationssoziologie geprägt wird.
Auf Grundlage dieser Forschung versteht sich die Juniorprofessur als eine Schnittstelle zwischen der Soziologie und der Kriminologie an der Universität Hamburg und verfolgt eine enge fachliche Anbindung an beide Fachbereiche.