Forschung
Die Juniorprofessur für Soziologie, insbesondere Gewalt- und Sicherheitsforschung beschäftigt sich mit der Transformation von Sicherheit in einer Zeit multipler Krisennarrative. Dabei untersucht die Forschung insbesondere, wie Sicherheitspraktiken entstehen und sich wandeln, welche Rolle Diskurse und Imaginationen in diesen Prozessen spielen und wie sich institutionelle und soziale Beziehungen dabei neu formieren. Von besonderem Interesse ist, wie diese Prozesse durch die Verschränkung von race, class, gender und dis/ability geprägt werden und unterschiedliche Formen von (Un)Sicherheit hervorbringen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Grenzen als Orte der Produktion von (Un)Sicherheit. Basierend auf ethnographischer Feldforschung und Experteninterviews wird untersucht, wie Grenzkontrollorganisationen wie Frontex in umstrittenen Umgebungen operieren und wie unterschiedliche Krisennarrative ihre institutionelle Entwicklung prägen. Dabei werden besonders die narrativen Dimensionen der Legitimation und Normalisierung von Gewalt im EU-Grenzkontext in den Blick genommen.
Der zweite Schwerpunkt untersucht die Manifestation von Sicherheitspraktiken im urbanen Raum. Im Rahmen des partizipativen Forschungsprojekts „Sichere Räume in unsicheren Zeiten: Eine sichere Stadt für alle (SiSta)“ (gefördert durch die Landesinnovationsförderung der BWFGB) wurden innovative methodische Zugänge zur Erfassung lokaler Sicherheitsverständnisse entwickelt. Dabei wurden systematisch Perspektiven erschlossen, die in Sicherheitsdebatten oft marginalisiert werden und aufzeigen, wie städtische Sicherheit jenseits dominanter Kontrolllogiken gedacht werden kann.
Zunehmend widmet sich die Juniorprofessur auch der Frage, wie verschiedene Gemeinschaften in Zeiten multipler Krisen alternative Sicherheitskonzepte entwickeln und welche Rolle Imaginationen und Utopien in diesen Entwicklungen spielen. Als Co-Sprecherin der Projektgruppe „Zukünfte, Utopien und Dystopien“ der Akademie der Wissenschaften in Hamburg entwickelt die Juniorprofessur zudem inter- und transdisziplinäre Formate zur Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex.
Methodologisch ist die Forschung durch einen pluralistischen Ansatz geprägt, der qualitative und partizipative Methoden reflexiv verbindet. Die methodische Vielfalt – von ethnographischer Feldforschung und Interviews über Dokumentenanalyse bis hin zu partizipativen Formaten – wird dabei nicht als neutrales Instrumentarium verstanden, sondern als Teil der Wissensproduktion kritisch reflektiert. Dieser Zugang ermöglicht es, (Un)Sicherheit in ihren verschiedenen Dimensionen zu erfassen: als institutionelle Praxis, als gelebte Erfahrung und als Ausgangspunkt gesellschaftlicher Transformation.