Forschung
Zentraler Gegenstand der Forschung an der Professur ist die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit ökologischen Problemen – insbesondere dem Klimawandel. Dabei interessiert mich einerseits, wie ökologische Krisen wissenschaftlich gedeutet, politisch bearbeitet und ggf. in Prozesse gesellschaftlichen Wandels kanalisiert werden; und andererseits, wie dabei neue soziale Konflikte, aber auch neue Formen sozialer Koordination entstehen, die verschiedene Akteure (staatlich, zivilgesellschaftlich), Governanceebenen (global, national, lokal) und Dimensionen von Autorität (politisch, privat, epistemisch) miteinander verknüpfen. Diese übergeordneten Fragen werden in drei Themenkomplexen bearbeitet:
Globale Klimagovernance: Erstens untersuche ich, wie im Zuge globaler Klimakonferenzen und -verhandlungen neue politische Steuerungsformen, aber auch neue gesellschaftliche Bruchlinien und Konflikte sichtbar werden. In diesem Rahmen war ich als Beobachter bei den internationalen Verhandlungen in Poznan (2008), Kopenhagen (2009), Rio de Janeiro (2012), Bonn (2015), Paris (2015), und Katowice (2018). Anlässlich der COP21 in Paris habe ich eine ethnographische Beobachtung der Klimakonferenz durch 15 Forscher*innen geleitet. Dabei konnten wir zeigen, dass solche Konferenzen auch jenseits rechtlich verbindlicher Abkommen eine soziale Koordinationsfunktion ausüben, indem sie zur Klimatisierung globaler Diskurse und sozialer Praktiken beitragen (Vgl. Aykut et al. 2017: Globalising the Climate…, Routledge). Diese Forschung wird aktuell u.a. im Rahmen des Exzellenzclusters CliCCS weitergeführt.
Energiewenden im Vergleich: Zweitens interessiere ich mich für die Dynamiken von Transformationsprozessen im Energiesektor in Europa, insb. in Deutschland und Frankreich. Hier interessiert mich einerseits, wie die je unterschiedlichen historischen Ausgangspunkte die gegenwärtige Form und Dynamik der Transformationsprozesse in beiden Ländern bedingen. Andererseits untersuche ich die Rolle, die modellbasiertes ‚Zukunftswissen‘ (Prognosen, Simulationen, Szenarien) in Debatten um den Umbau von Energiesystemen spielt.
Soziologie der Begrenzung: Drittens analysiere ich Versuche überwiegend zivilgesellschaftlicher Akteure, globale ökologische Grenzen wie das 2°C Ziel in verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen zu verankern. Der Fokus liegt dabei einerseits auf „nachhaltigen“ Investmentpraktiken (sustainable finance), z.B. durch die Bestimmung neuer, klimabezogener Risikoindikatoren und Rechenschaftspflichten für Finanzmarktakteure; und andererseits auf der aktuellen Welle von „Klimaklagen“ vor nationalen Gerichten (climate litigation), in denen Staaten und Unternehmen zur Einhaltung von Klimazielen oder zur Zahlung von Entschädigungen für Klimaschäden gezwungen werden sollen.
Konzeptuell und methodisch zeichnet sich meine Forschung durch eine Verknüpfung von Ansätzen aus politischer Soziologie und Umweltsoziologie, Science and Technologie Studies und Ethnographie aus.